Unsere Liebe Frau zu Feuchtwangen ? ein romanischer Kreuzgang als Theaterkulisse
Der Überlieferung nach soll Kaiser Karl der Große in Feuchtwangen die Benediktinerabtei St. Salvator gegründet haben. Sie ist 817 unter den Königsklöstern verzeichnet, wurde jedoch im 11. Jahrhundert aufgelöst. An ihrer Stelle entstand ein Kollegiatstift mit Marienpatrozinium.
Der Propst wurde aus den Reihen des Augsburger Domkapitels ernannt. Die elf Kanoniker waren anfangs rein adliger Abstammung; später kamen zunehmend bürgerliche Kandidaten zum Zug. Das Stift verfügte von Anfang an über beträchtlichen Besitz: die Pfarrkirchen St. Peter und St. Johann mit dazugehörenden Kapellen in Feuchtwangen sowie vier auswärtigen Pfarreien. Dazu kamen nicht weniger als 28 Gebäude, in denen die Kanoniker, die Vikare und die Bedienstete untergebracht waren.
Die Disziplin ließ im Kollegiatstift stark zu wünschen übrig. Deshalb unterstellte der Bischof von Augsburg 1376 das verschuldete und heruntergekommene Stift dem Burggrafen von Nürnberg. Die Vogtei ging später an die Markgrafen von Ansbach über. Das wenig vorbildhafte Leben einiger Kanoniker begünstigte dann auch das Eindringen des Protestantismus in die Stadt seit dem frühen 16. Jahrhundert. Feuchtwangen trat 1533 offiziell zur neuen Lehre über. Der letzte katholische Propst, der 1540 starb, hatte einen protestantischen Nachfolger. Der Plan des Markgrafen, das evangelisch gewordene Stift in eine Universität zu verwandeln, schlug jedoch fehl. So wurde das Stift 1563 aufgehoben. Seitdem dient sein Gotteshaus als evangelische Pfarrkirche.
Die Umwandlung der Abtei in ein Kollegiatstift gab Ende des 12. Jahrhunderts auch den Anstoß zum Kirchenneubau. Von der damals errichteten Basilika mit Doppeltürmen haben sich nur die Untergeschosse des heutigen Westwerks erhalten. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde der gotische Chor angefügt. Die ursprünglich flach gedeckte Säulenbasilika ist durch die Umbauten im 16., 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in ihrer Struktur zerstört worden.
In der ehemaligen Stiftskirche, die seit nunmehr achthundert Jahren das Wahrzeichen der Stadt Feuchtwangen ist, haben sich sehenswerte Ausstattungsstücke erhalten: Die Gemälde am Marienaltar, einem Flügelaltar, wurden um 1484 in der Werkstatt von Michael Wohlgemut angefertigt. Er war der Lehrer des berühmten Renaissancekünstlers Albrecht Dürer. Das spätgotische Chorgestühl, in dem die Chorherren ihren Verpflichtungen zum täglichen Gebet nachkamen, ist mit hochwertigen fränkisch-schwäbischen Schnitzereien geschmückt. Bemerkenswert ist auch die Fülle von Epitaphien aus der Renaissance bis zum Barock. Zwei Flügel des spätromanischen Kreuzgangs, der sich an der Südseite des Langhauses anschließt, sind vom Marktplatz aus über eine Treppe zu erreichen. Seit 1949 finden hier in den Sommermonaten vor geschichtsträchtiger Kulisse Freilichttheater-Aufführungen statt.
(Christine Riedl-Valder)