Eichstätt, St. Walburg


 

GESCHICHTE
St. Walburg in Eichstätt ? Ein Jahrtausend geistliches Frauenleben

Eine englisch-fränkische Heilige ? Walburga ? ist die Patronin des mehr als tausend Jahre alten Frauenkonvents in der Bischofsstadt Eichstätt. Die hl. Walburga (ca. 710-779) war die Schwester des hl. Willibald (700-787), des ersten Bischofs von Eichstätt. Ein Bruder war auch der hl. Wunibald (701-761), Gründer und erster Abt des Klosters Heidenheim (752) am Hahnenkamm. Die adlige Familie in Wessex, aus der Walburga stammte, war zudem verwandt mit dem hl. Bonifatius. Wohl um 750 folgte Walburga ihren Brüdern nach Franken. Sie lebte zunächst am Main und leitete dann als Nachfolgerin Wunibalds bis zu ihrem Tod das Doppelkloster Heidenheim.

Nach 870 überführte man die Reliquien der mittlerweile als eine Heilige verehrten Walburga von Heidenheim nach Eichstätt. Bischof Otgar (reg. 847-880) errichtete ihr in einer dem Heiligen Kreuz geweihten Kirche ein Grab. Zur Pflege des Kults der hl. Walburga ließen sich in der Folge Kanonissen nieder.

Im 11. Jahrhundert wurde das alte Frauenstift von einer neuen klösterlichen Reformbewegung erfasst. Der Eichstätter Domherr Graf Liutger (Leodegar) errichtete auf Anregung seines Bischofs Heribert (reg. 1022-1042) bei St. Walburga ein Kloster für Benediktinerinnen. Die originale Urkunde ist nicht erhalten; Abschriften nennen den 24. Juli 1035 als Tag der Gründung. Die renovierte Kirche mit einem neu errichteten Hochgrab für die hl. Walburga weihte Bischof Heribert bereits am 14. Oktober 1042. Die erste Äbtissin war Imma, eine Nichte des Stifters Liutger und Benediktinerin vom Kloster Nonnbergin Salzburg.

Die Abtei St. Walburg war dem Bischof von Eichstätt unterstellt, der jedoch an Vorgaben der Stiftung gebunden war. So war ihm etwa untersagt, dem Kloster Güter zu entziehen und sie an Dritte weiterzugeben. Zunächst kam dem Bischof das Recht zu, die Äbtissin einzusetzen, später wurde sie vom Kapitel gewählt, während der Bischof die Wahl nur noch bestätigte. Im Mittelalter lebten die Benediktinerinnen von St. Walburg weniger in einem regulierten Kloster, als vielmehr in einem adligen Damenstift. Die Eltern der Novizinnen übergaben der Abtei eine Art Aussteuer, über die Nonnen dann frei verfügen konnten. Eine Ordenstracht war nicht vorgeschrieben. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts kritisierte ein päpstlicher Visitator, der Kardinal Nikolaus von Kues, massiv die Zustände im Kloster St. Walburg und beauftragte Bischof Johann III. von Eych mit einer umfassenden Reform der Abtei. Gefordert wurden das Ideal strenger Armut und die Einführung des Habits. Die adligen Nonnen protestierten, bis der Bischof im Jahr 1456 die Äbtissin Elisabeth von Rechberg absetzte.

Die neue Äbtissin Sophia, die aus dem Kloster Marienberg bei Boppard am Rhein nach Eichstätt gekommen war, gestaltete das Ordensleben ganz im Geist der Reformkonzilien von Konstanz und Basel. St. Walburg wurde zum Vorzeigekonvent, der auch die Reformation im alten Glauben überdauerte. Die Verwüstung des Klosters im Bauernkrieg (1525) zerstörte nicht die Ordnung hinter den Mauern. Zeugnisse der Glaubenswelt in der Zeit der ausgehenden Gotik sind achtzehn Tafelbilder im Nonnenchor, einem nicht öffentlich zugänglichen Teil der Abtei.

Bereits seit dem 11. Jahrhundert ist das Hochgrab der hl. Walburga das Ziel zahlreicher Wallfahrten. Die Pilger erbitten sich das so genannte Walburgisöl. Von 893 bis heute bildet sich jedes Jahr im Grab unterhalb des Reliquienschreins eine kleine Menge Wasser, von dessen wundertätiger Wirkung zahlreiche Votivtafeln künden. Der Andrang der Wallfahrer war im frühen 17. Jahrhundert so groß, dass Bischof Johann Christoph von Westerstetten eine neue und geräumigere Kirche errichten ließ. Der frühbarocke Sakralbau stammt von dem Baumeister Martin Barbieri aus Graubünden und wurde 1631 geweiht.

Während die Konventgebäude 1633 von schwedischen Truppen zerstört wurden, verschonten sie die neu gebaute Kirche. Bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Schäden am Kloster wieder beseitigt. Auch die Innenausstattung der Kirche konnte nun vollendet werden: 1664 war der neue Hochaltar fertig gestellt, 1706 wurde die Kirche mit Stuck versehen, 1716 eine Kanzel errichtet, 1740 die großen Altäre mit Marmor verkleidet und 1746 der Turm vollendet und mit einer vergoldeten Statue der hl. Walburga versehen.

1806 wurde der Konvent aufgehoben. König Max I. Joseph gestattete den Nonnen aber 1809 bis an ihr Lebensende im Kloster wohnen zu bleiben. Die letzte Äbtissin Michaela Morach starb 1826. Auch anschließend blieben die Nonnen zusammen und König Ludwig I. widerrief die formelle Aufhebung des Konvents am 7. Juni 1835. Das Kloster durfte wieder Novizinnen aufnehmen unter der Auflage, dass sich die Nonnen der Mädchenerziehung widmeten. Die letzten Auswirkungen der Säkularisation wurden im Februar 1914 zurückgenommen, als das Kloster wieder eine Äbtissin erhielt. Mit päpstlichen Dekret vom 7. Juli 1986 wurde die Föderation der Abteien der Bayerischen Benediktinerinnen als Konföderation mehrerer selbstständiger Klöster errichtet.

Die Entwicklung des Klosters im 19. Jahrhundert war von der Erziehungs- und Bildungsarbeit sowie vom Aufbau von Niederlassungen in den USA geprägt. 1851 bat der aus dem Kloster Metten stammende Abt Bonifaz Wimmer von St. Vincent in Pennsylvania den Konvent um Schwestern zur Betreuung deutscher Auswanderer in den Vereinigten Staaten. Daraus entwickelten sich bis 1935 in den USA drei selbstständige Kongregationen mit 50 Prioraten.

Während der Zeit des Nationalsozialismus durften die Benediktinerinnen in Eichstätt nicht mehr im Schuldienst arbeiten. Sofort nach Kriegsende nahmen sie die Lehrtätigkeit wieder auf.

Im beginnenden 21. Jahrhundert arbeiten die Frauen von St. Walburg in Grundschule und Kindergarten, sie produzieren einen Kräuterlikör, besticken Paramenten (Textilien für die Liturgie) und betreiben einen Klosterladen sowie ein Gästehaus.

Eine Besonderheit des Klosters ist der Fortbestand von Archiv und Bibliothek auch in der Zeit der Säkularisation. Schon im Mittelalter waren die Nonnen von St. Walburg besonders mit dem Kopieren von Handschriften beschäftigt und versahen sie mit ornamentalem Beiwerk und Miniaturen. Heute verfügt die Klosterbibliothek über einen historischen Buchbestand aus dem 16. bis 19. Jahrhundert von 5238 Bänden. Besonders zahlreich sind Werke der religiösen Erbauungsliteratur neben theologischen Texten in deutscher und lateinischer Sprache. Die Bestände der Klosterbibliothek wurden von der Universitätsbibliothek Eichstätt geordnet und können über den Bayerischen Verbundkatalog im Internet recherchiert werden.

(Stephanie Haberer / Christian Lankes)



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Eichstätt, Benediktinerinnenklk. St. Walburg/Brüstung des westl. Nonnenchors, 1629/31 (Stuck 1706). Architekt: M. Barbieri.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Meister, G.)

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