Die Franziskaner im mittelalterlichen Coburg ? Wettstreit mit den Benediktinern
Unterhalb der Coburg erfolgte im 13. Jahrhundert unter den Grafen von Henneberg die planmäßige Anlage einer Stadt. Für die soziale und seelsorgerische Betreuung der Bewohner wurde neben der schon bestehenden Benediktinerpropstei St. Peter und Paul eine weitere Klostergründung notwendig. Die Herren von Schaumberg und Coburg erwiesen sich als wohltätige Stifter eines Barfüßerklosters. Die Franziskaner als wortgewaltige Mahner ernsthafter christlicher Lebensführung fanden in jener Zeit überall begeisterte Anhänger, um 1300 gab es schon über Häuser ihres Ordens in Deutschland. Bei dem Konvent in Coburg handelte es sich um die erste Niederlassung in der Grafschaft Henneberg. Die ersten Coburger Franziskanerbrüder kamen aus dem thüringischen Raum. Der Konvent gehörte zur sächsischen Ordensprovinz. Am St. Agnestag (21. Januar) 1250 wurde mit dem Bau des Klosters nahe am Markt in der Steingasse begonnen. Kloster und Kirche waren der hl. Jungfrau Maria geweiht. Die Anlage bildete ein Viereck: An der Ecke der Steingasse und heutigen Rückertstraße befand sich der Bibliotheksbau, entlang der Steingasse das Schlafhaus, nach der Rückertstraße zu der Kreuzgang und an diesen anschließend die Kirche mit einem Turm in der Nordostecke.
Die Coburger Brüder waren bei Arm und Reich beliebt; das beweisen die zahlreichen Eintragungen im Totenbuch. Bekannte Coburger Bürgerfamilien und fränkische Adelsgeschlechter stifteten im Kloster eine Jahrfeier zum Seelengedächtnis, so die Familien Heller, Rosenlacher, Happ, von Lichtenstein, von Schaumberg, von Rotenhan sowie Coburgs berühmtester Geistlicher des Mittelalters, Weihbischof Hermann von Accon. Mit dem Kloster war seit der Frühzeit eine Schwesternschaft verbunden, über die es jedoch keine weiteren Nachrichten gibt. Offensichtlich bestanden auch enge Beziehungen zum St. Georgenhospital, wo sich die Brüder in der Krankenpflege betätigten.
Zwischen den Franziskanern und den schon vor ihnen in der Stadt ansässigen Benediktinermönchen von Saalfeld, die in der St. Moritzkirche eine Propstei errichtet hatten, herrschte über die Jahrhunderte hinweg ein gespanntes Verhältnis. Wie in anderen Städten auch betrachtete der ältere Orden die Minderbrüder auf Grund ihrer von den Päpsten verliehenen Privilegien und ihrer Beliebtheit beim Volk als Eindringlinge in ihr Pfarrgebiet. Im Jahr 1327 entschied der damalige Diözesanbischof Wolfram von Würzburg einen Streit mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass sich jeder Christ seine Begräbnisstätte frei wählen dürfe. Am Palmsonntag des Jahres 1474 herrschte wiederum Unruhe in der Stadt, da ein Benediktiner allen Personen, die bei den Minderbrüdern gebeichtet hatten, die Kommunion verweigerte.
Die Coburger Franziskaner traten um das Jahr 1477 der Martinianischen Reformbewegung ihres Ordens bei. Auf Wunsch von Kurfürst Friedrich gehörte der Guardian des Coburger Klosters einer Abordnung an, die 1489 nach Wittenberg gesandt wurde, um das dortige Franziskanerkloster zu reformieren. Wenige Jahre danach kam das Gerücht in Umlauf, Kurfürst Friedrich beabsichtige zusammen mit seinem Bruder Herzog Johann von Sachsen die Aufhebung des Coburger Franziskanerklosters. Der einheimische Adel wandte sich daraufhin 1496 in einer Eingabe an die beiden Fürsten mit dem Verweis, dass viele adlige Familien ihre Begräbnisstätten in der Franziskanerkirche besäßen und dem Kloster beträchtliche Geldzuwendungen gestiftet hätten. Damit war der Fortbestand des Konvents gesichert.
Einige Jahrzehnte später jedoch traten durch die Reformation Ereignisse ein, die nun doch zur Auflösung führten. Die Bestrebungen Luthers setzten sich in seinem Stammland sehr rasch durch. Als die Stürme des Bauernkriegs in der fränkischen und thüringischen Nachbarschaft um die Veste Coburg tobten, entschlossen sich Guardian Johannes Grosch und der Konvent zur Aufgabe ihres Klosters. In einem vom 4. Mai 1525 datierten und von allen Mönchen unterschriebenen Brief an den Bürgermeister und Rat der Stadt Coburg übergaben sie diesen ihr Kloster ?samt allen Einkünften, Briefen, Kleinodien, sowie den beweglichen und unbeweglichen Gütern?. Diejenigen Barfüßerbrüder, die nicht aus dem Orden ausgetreten waren, hatte man in das aufgehobene Benediktinerkloster Mönchröden bei Coburg gebracht, wo sie bis an ihr Lebensende versorgt wurden. Da die Mönche auch ihr Archiv der städtischen Verwaltung übergeben hatten, ging es in den folgenden Jahrhunderten zum größten Teil verloren. Die ehemaligen Klostergebäude wurden bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts als baufällig geschildert. Nachdem Herzog Johann Ernst 1543 beschlossen hatte, die fürstliche Hofhaltung von der Veste in die Stadt zu verlegen, wurde an der Stelle des ehemaligen Barfüßerklosters unter teilweiser Benützung seiner Bauten das neue Stadtschloss der Coburger Fürsten, die Ehrenburg, errichtet. Die Klostergebäude sind zum Teil noch in den Altbauten des vormaligen Residenzschlosses erhalten und werden heute von der Landesbibliothek Coburg genutzt. Als letztes Relikt erinnert ein Weihwasserbecken aus der Zeit um 1250 an das Wirken der Franziskaner in Coburg.
(Christine Riedl-Valder)