Michelsberg - Bücher und Blüten
Auf beherrschender Höhe über der Domstadt Bamberg liegt seit dem Jahr 1015 die Abtei St. Michael. Die Gründung durch Eberhard, den ersten Bischof von Bamberg, wurde von Heinrich II., dem später heiliggesprochenen Kaiser, nachhaltig gefördert. Aus seiner wahrhaft kaiserlichen Grundausstattung sind noch drei Bücher erhalten, zwei davon in der Staatsbibliothek Bamberg. Mit dem Dom und den Kanonikerstiften St. Stephan und St. Gangolf war das Benediktinerkloster Teil eines T-förmigen Kreuzes in der Topografie der ottonischen Residenzstadt , ähnlich der Anlage von Paderborn unter Bischof Meinwerk. Die Mönche für den Michelsberg kamen anfänglich aus Amorbach und wohl auch aus Fulda.
Die erste wirkliche Blüte erlebte das Kloster unter dem Bamberger Bischof Otto in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Das gotische Hochgrab des Heiligen (gest. 1139) bildet bis heute in St. Michael einen Ort frommer Verehrung. Der Konvent befolgte nun die Gewohnheiten der Hirsauer Reform, die auch architektonisch in einem neuem Kirchenbau ihren Ausdruck fand. Bedeutend war die Schreibwerkstatt der Abtei, die mit dem gelehrten Mönch Frutolf (gest. 1103) einen großen Historiker der Salierzeit hervorbrachte. Die Ambrosiushandschrift vom Michelsberg, heute in der Staatsbibliothek Bamberg, dokumentiert auf einem berühmten Blatt jene Arbeitschritte, die damals zur Herstellung eines Buches erforderlich waren.
Mit der Verleihung der Pontifikalien an die Äbte vor 1185, der Heiligsprechung des im Kloster beigesetzten Förderers Bischof Otto im Jahr 1189 und dem päpstlichen Schutz der Abtei ab 1251 erlangte der Michelsberg zunehmende Unabhängigkeit vom Bamberger Bischofsstuhl. Bis in das 18. Jahrhundert führten Abtei und Hochstift immer wieder Prozesse um ihre Vorrechte.
Im Sommer 1435 wurde das adelsstolze Kloster von der Bürgerschaft der Stadt Bamberg verwüstet und geplündert. Erst eine Generation später verlief das monastische Leben wieder in geordneten Bahnen. Erneut in Mitleidenschaft geriet der Michelsberg im Bauernkrieg von 1525, dem fränkischen Markgrafenkrieg und bei der mehrjährigen Besetzung durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg.
Eine neue Blütezeit erlebte die Abtei im frühen 18. Jahrhundert. Die Konvent- und Wirtschaftsgebäude wurden phasenweise errichtet ab 1696 durch Leonhard Dientzenhofer bzw. 1708ff. durch dessen Bruder Johann und ab 1742 durch Balthasar Neumann. Sie verliehen dem Kloster imponierende Größe und festungsartige Wucht der Baumasse.
Die Klosterkirche fiel 1610 teilweise einem Brand zum Opfer. Berühmt bei den Botanikern ist die Bemalung des gotischen Netzwerkes der Seitenschiffe aus der Zeit des Wiederaufbaus um 1614 im Stil der Renaissance. Sie zeigt rund 600 verschiedene Blumen und Heilpflanzen.
Nach 1697 erhielt die im Kern bis heute romanische Basilika ihre barocke Westfassade durch Leonhard Dientzenhofer. Eine weitere Umgestaltung im Stil der Zeit erfolgte ab 1723 durch den bischöflichen Hofbaumeister Johann Dientzenhofer, insbesondere durch die Anlage der Treppenterrasse und des Hochchors. Im Stil des Rokoko schuf eine Generation später Georg Adam Reuß die verspielte Engelskanzel. In den frühen Klassizismus weist hingegen schon das Heilige Grab in einer Seitenkapelle. Die Abfolge von zehn Grabmälern Bamberger Fürstbischöfe wurde erst 1833 im Zuge der Re-Romanisierung des Doms nach St. Michael verbracht.
Bei der Auflösung am 13. April 1803 bestand der Konvent aus 21 Mönchen. Er verfügte über stattlichen Besitz in der Stadt Bamberg und in nicht weniger als 141 Orten des Umlandes. Das Kloster wurde von der Stadtgemeinde erworben. Auf Bitten der Bürgerschaft wurden 1804 die alten Spitäler St. Elisabeth und St. Katharina aus der Innenstadt auf den Michelsberg verlegt. Dies bewahrte die Gebäude vor dem Abbruch. Noch heute beherbergt die ehemalige Abtei das städtische Altersheim "Bürgerspital".
( Christian Lankes )