Bamberg, Kloster vom Heiligen Grab - Die Nonnen am Webstuhl
Das Kloster im "Gärtnerviertel" der Bischofsstadt führt seine Geschichte zurück bis in das 14. Jahrhundert. Es war eine Blütezeit der deutschen Mystik, maßgeblich getragen von den Nonnen des hl. Dominikus. Die Legende berichtet für das Jahr 1314 in Bamberg von einem frevelhaften Raub aus der alten Pfarrkirche St. Martin, bis 1804 an der Stelle des heutigen Max-Joseph-Platzes gelegen. Ein Kelch mit geweihten Hostien war gestohlen und auf einem Feld vergraben worden. Bei der feierlichen Erhebung des Kelchs durch Bischof Wülfing von Stubenberg (reg. 1304-1318) erfuhren mehrere Kranke eine wunderbare Heilung. Zur Sühne des Hostienfrevels wurde über den Ort der Auffindung durch das nahe Stift St. Gangolf eine Kapelle errichtet.
An diese Gnadenkapelle stiftete im Jahr 1356 das Bamberger Patrizierehepaar Franz und Katharina Münzmeister die Ausstattung für ein Kloster zum Heiligen Grab. Es war der Dank für eine glücklich überstandene Pilgerfahrt nach Jerusalem. Eine barocke Grabplatte für den Stifter Franz Münzmeister aus der Zeit um 1705 ist heute im Historischen Museum Bamberg zu finden. Diese Neugründung besiedelten Dominikanerinnen aus Frauenaurach..
Ungewöhnlich langwierig war, trotz ihrer schlichten, einschiffigen Bauform, die Errichtung der heute noch vorhandenen Klosterkirche. Von 1400 bis etwa 1500 wurde an ihr gebaut, nicht zuletzt wegen der Plünderungen und Schäden beim Hussiteneinfall von 1430. Ein lichterfüllter Chor öffnet sich in voller Breite zum saalförmigen Kirchenschiff, eine hölzerne Empore im Westen diente früher als Nonnenchor. Das Netzgewölbe erinnert an St. Lorenz in Nürnberg. Aus der Bauzeit um 1440 stammen zwei Tafelgemälde im Bayerischen Nationalmuseum in München.
Auf einem reich bestickten Wandteppich mit neun Szenen aus der Leidensgeschichte Christi, heute im Diözesanmuseum Bamberg, haben sich die Dominikanerinnen um das Jahr 1500 selbst am Webstuhl verewigt. Mit dem über zwölf Quadratmeter großen so genannte Hunger- oder Fastentuch wurde in der Fastenzeit der Hochalter verhüllt.
Die Nonnen überstanden die Plünderungen des Bauernkriegs von 1525 und des Dreißigjährigen Kriegs 1632/34. Neben seinen verschiedenen Stiftungen besaß der Konvent eine Brauerei in Bamberg und Weinberge in Zeil am Main. Bekannt waren die Web- und Stickarbeiten des Klosters. Als Spezialität galten kostbar gearbeitete Beutelchen mit Erde von der Stelle des Hostienfundes, die an Gläubige verkauft wurden. Die Erinnerung an die Hostienerhebung wurde stets bewahrt. Zwölf Tafelbilder aus dem frühen 17. Jahrhunderts mit der Stiftungslegende befinden sich heute noch in der Klosterkirche. Das Diözesanmuseum Bamberg besitzt das barocke Gemälde des Gnadenaltars.
Aus der Barockzeit (um 1730) stammt auch das 1806 nach St. Gangolf übertragene Kreuz der so genannten Göttlichen Hilfe. Die Darstellungsform des gekrönten und kostbar gewandeten Christus geht zurück auf ein Kruzifix im Dom zu Lucca. Bereits der Stifter von Heiliggrab hatte im 14. Jahrhundert eine erste Nachbildung fertigen lassen, die vermutlich im Bauernkrieg von 1525 verloren ging. In Teilen Süddeutschlands und Böhmens hat der seltene Typus übrigens irrtümlich zur Verehrung einer "Heiligen Kümmernis" oder "Willgefortis" geführt; einer Prinzessin, der zum Schutz vor der Nachstellung eines Heiden der Bart gewachsen sei und die das Martyrium am Kreuz erlitt.
Die südliche Seitenkapelle der Klosterkirche birgt seit 1787 das Grab der Laienschwester Maria Columba Schonath. Sie erhielt zu Lebzeiten die Stigmata. 1999 wurde für sie das Verfahren der Seligsprechung eröffnet.
Im Herbst 1802 wurde das Hochstift Bamberg dem Kurfürstentum Bayern einverleibt. Damit begann auch für die im vormaligen Fürstbistum gelegenen Klöster die Vorbereitung zu ihrer Säkularisation. Das 1803 angefertigte Inventar belegt einen ansehnlichen Besitz des Klosters. Die zunächst geplante Übersiedlung der 27 Nonnen in das Institut der Englischen Fräulein in Bamberg kam nicht zustande. 1806 verließen die letzten dreizehn Schwestern das Kloster.
Noch im Jahr 1806 wurde die Klosteranlage in eine Kavalleriekaserne umgebaut. 1874 wurde der mittelalterliche Konventtrakt von der Bayerischen Armee abgebrochen. An seiner Stelle entstand 1874 ein neues Militärkrankenhaus der Garnison. Das barocke Inventar der Klosterkirche hatte größtenteils die Pfarrei Strullendorf erworben, wo es im Lauf des 19. Jahrhunderts verloren ging. Die Kirche diente von 1806 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs durchgehend als Lagerhalle für Uniformen und militärische Ausrüstung.
1926 erneuerten Augsburger Dominikanerinnen aus dem Konvent St. Ursula die Präsenz ihres Ordens in Bamberg. Sie bezogen das ehemalige Beichtväterhaus bei Heiliggrab und erhielten die alte Klosterkirche. Auch die klösterliche Tradition der Textilarbeiten wurde wieder belebt.
( Christian Lankes / Markus Schütz )