Aufhausen


 

GESCHICHTE

Aufhausen, Oratorianer – Religiöse Erneuerung durch die Wallfahrt „Maria Schnee“

Die Ortschaft Aufhausen südöstlich von Regensburg gehörte seit dem 9. Jahrhundert zum Besitz der Benediktinerabtei St. Emmeram in Regensburg. 1667 berief Abt Cölestin Vogl den jungen, tatkräftigen Priester Johann Georg Seidenbusch zum Pfarrvikar von Aufhausen. Seidenbusch traf in dem Dorf auf eine baufällige Kirche und verwahrloste Verhältnisse. Dem neuen Pfarrer gelang es innerhalb weniger Jahre, Aufhausen in einen blühenden Wallfahrtsort zu verwandeln. Zuerst errichtete er für sich selbst eine Behelfswohnung und dazu eine kleine Kapelle, in der er seine Marienstatue aufstellte. Diese Statue war im Jahr 1580 von Herzog Wilhelm V. von Bayern dem Münchner Jesuitenkolleg gestiftet worden. Seidenbusch hatte sie in seiner Studienzeit zum Dank für besondere Dienste erhalten. Aus den Andachten, die Pfarrer Seidenbusch in seiner Kapelle hielt, die er unter das Patrozinium „Maria Schnee“ stellte, entwickelte sich nach ersten Gebetserhörungen schnell eine Wallfahrt. Schon 1670 musste mit dem Bau einer eigenen Wallfahrtskirche begonnen werden, da die Klausenkapelle trotz mehrmaliger Erweiterung dem Ansturm der Gläubigen nicht gewachsen war. Einen Großteil der bildlichen Ausstattung fertigte Johann Georg Seidenbusch, der ein sehr talentierter Maler war, selbst an. Die Fertigstellung dieses „Marianischen Hauses“ wurde durch großzügige Unterstützung der Bevölkerung, der hohen Geistlichkeit und des Adels ermöglicht. Sogar die Kurfürsten Ferdinand Maria und Max Emanuel halfen finanziell mit, sodass die Wallfahrtskirche 1573 eingeweiht werden konnte. Mit dem Zustrom der Wallfahrer nahm auch das religiöse Leben in der Pfarrei einen bedeutenden Aufschwung. Neben der Einführung und Betreuung der verschiedenen religiösen Bruderschaften – Corporis Christi, Rosenkranzbruderschaft, Skapulierbruderschaft, Arme-Seelen-Bruderschaft – dichtete und komponierte der vielfach begabte Pfarrer Seidenbusch zahlreiche Kirchenlieder, die großen Anklang fanden und Aufhausen als Wallfahrtsort weithin bekannt machten. Einige der Melodien, wie zum Beispiel das Lied „Gegrüßet seist du Königin“, sind noch heute im „Gotteslob“ zu finden. Auf Anregung und Unterstützung durch Kaiser Leopold und die Kaiserinwitwe Eleonore erschien erstmals 1672 in Wien ein Andachtsbüchlein mit Liedern aus der Maria-Schnee-Wallfahrt von Aufhausen in Druck. Bis 1744 erfolgten zehn, zum Teil erweiterte Neuauflagen. Andere Publikationen berichteten von den wundersamen Ereignissen, die manche Pilger zu berichten hatten. In dem Wallfahrtsbuch „Marianischer Schneeberg“ aus dem Jahr 1817 sind für den Zeitraum zwischen 1670 und 1689 über 130 Gebetserhörungen verzeichnet. Hunderte Votivtafeln kündeten vom Vertrauen der hier Betenden in die himmlische Fürsprache.

Um die Wallfahrer seelsorgerisch besser betreuen zu können, hatte Seidenbusch bereits 1672 einige Hilfspriester um sich geschart. Auf einer Pilgerreise nach Rom im Jahr 1675 trat er in Kontakt mit der Weltpriestervereinigung des Oratoriums. Diese Bruderschaft war 1548 durch den hl. Philipp Neri in der italienischen Hauptstadt gegründet worden und hatte das Ziel, Gottesdienst und Seelsorge besonders volksnah zu gestalten. Die Oratorianer (auch „Nerianer“ genannt) unterstehen dem Bischof. Sie legen keine Gelübde ab. Sie haben keine festgelegte Regel, nur Richtlinien. Ihre Mitglieder sind berechtigt, die Gemeinschaft jederzeit wieder zu verlassen. Ihre Tätigkeit umfasst in erster Linie die Seelsorge. Seidenbusch trat den Oratorianern bei und führte diese Bruderschaft in Bayern ein. 1676 gründete er das Nerianer-Oratorium in Aufhausen, dem er als Propst vorstand. Es war das erste Institut dieser Bruderschaft nördlich der Alpen. Da der Bestand des Instituts von der Sicherstellung des Unterhalts abhing, richtete Seidenbusch ein Bittgesuch an den bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria, das auch Gehör fand. Selbst Kaiser Leopold I. setzte sich für Seidenbusch ein. So konnte die Einrichtung 1692 vom Regensburger Bischof Joseph Clemens und 1695 von Papst Innozenz XII. bestätigt werden. Damit war die formelle Errichtung des Nerianer-Oratoriums erreicht. 1699 wurde auch die Pfarrei Aufhausen der Bruderschaft überlassen. Pfarrer Seidenbusch gründete 1702/04 ein weiteres Oratorium in Wien und 1707 eines in München. 1729 starb Propst Johann Georg Seidenbusch im Alter von 88 Jahren.

Unter seinen Nachfolgern blühte die Wallfahrt weiter auf. Der Pilgerstrom hielt ungebrochen an, sodass Propst Josef Magg 1730 den Bischof um die Erlaubnis zum Neubau der Wallfahrtskirche bat. Nachdem anhand von zahlreichen Kollekten, die auch in den angrenzenden Bistümern durchgeführt wurden, der finanzielle Grundstock vorlag, betraute das Kapitel der Nerianer 1735 Johann Michael Fischer mit der Planung für die neue Wallfahrtskirche in Aufhausen. Dieser bedeutende Baumeister des süddeutschen Spätbarocks schuf hier eines seiner wichtigsten Werke. Da Fischer in Aufhausen an keinen Vorläuferbau gebunden war, konnte er seine Idee eines Zentralbaus besonders frei verwirklichen. Aufgrund des Österreichischen Erbfolgekriegs, der den Nerianern 1742 hohe Kriegslasten aufbürdete, war es erst 1751 möglich, das neue Gotteshaus einzuweihen. Von der Vorgängerkirche übernahm man den Hochaltar mit dem Gnadenbild „Maria Schnee“, die Kanzel sowie einen Teil der Tafelgemälde. Die übrige Innenausstattung (Stuck und Fresken) wurde erst in den folgenden Jahren fertig gestellt.

Das Oratorium in Aufhausen blieb von der Säkularisation verschont. Es gehörte zu den wenigen geistlichen Instituten, die Anfang des 19. Jahrhunderts nicht aufgehoben wurden. Die Einrichtung trug den Titel "Königliches Nerianerinstitut" (bis 1829). Aber es fehlte zunehmend der Nachwuchs. Nachdem 1886 der letzte Nerianerprobst Jakob Sedlmayer gestorben war, ging die Seelsorge der Pfarrei und der Wallfahrt an die Benediktinerabtei von Metten über. Diese übernahmen 1890 das leer stehende Kloster. Die Benediktiner errichteten einen Neubau und ein Priorat, da für die Pfarrei und die Wallfahrt mehrere Priester und für die Bewirtschaftung des Gutshofs ebenfalls mehrere Mönche erforderlich waren. Nach fast 100 Jahren mussten die Benediktiner aus Personalmangel 1978 wieder abgezogen werden. Danach übernahmen nacheinander zwei Diözesanpriester, Pfarrer Bösl und Pfarrer Baier, Pfarrei und Wallfahrt. Am 2. Februar 2006 errichtete der Bischof von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, die „Brüdergemeinschaft vom Heiligen Blut“ mit dem Sitz in Aufhausen. Sie ist seitdem für alle Belange der Seelsorge vor Ort zuständig; sowohl für die Pfarrei Aufhausen als auch für die Wallfahrt „Maria Schnee“. Als seltenen Glücksfall haben sich für Aufhausen ein umfangreicher Dokumenten- und Bibliotheksbestand seit den Anfängen der Gnadenstätte sowie Liederbücher und weitere Schriften ihres Begründers Johann Georg Seidenbusch erhalten.

 

Christine Riedl-Valder

 

 

http://www.maria-schnee-aufhausen.de/10.html

 

http://www.oratorium.org/

 

 

 



 

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