1747 beschloss der Mainzer Kurfürst und Reichserzkanzler Johann Friedrich Carl von Ostein eine Reform des Schulwesens in seinem Hochstift, zu dem auch Aschaffenburg gehörte. 1748 führten Verhandlungen zwischen dem Institut der Englischen Fräulein in München und dem Mainzer Fürstbischof zur Gründung einer Filiale mit vier Schwestern.
Der Unterricht an der ?Trivialschule? für Mädchen umfasste Lesen und Schreiben, christliche Lehre, gute Sitten und Benehmen, Haushaltsführung und Handarbeiten. Er fand in einer Wohnung statt, die den Schwestern in einem Haus am Stiftsberg zugewiesen worden war. Die Niederlassung erfreute sich wachsender Anerkennung. Im Grafen Schönborn hatte das Institut einen Gönner. Er bewirkte 1750 den Umzug die Schwestern in ein Haus in der Webergasse. 1764 kauften die Schwestern ein Haus an der Strickergasse beim fürstbischöflichen Schloss. Der Hauskauf brachte die Filiale in arge Finanznöte, da die Englischen Fräulein nur von einer geringen behördlichen Unterstützung und zeitweilig auch von einem freiwilligen Beitrag der Schülerinnen zehrten, da der Unterricht gemäß der Ordenssatzung kostenlos erteilt werden sollte.
Eine Retterin erwuchs dem Institut in Gestalt von Cornelia Stadelmann. 1784 entschloss sich die Schwester des Stiftskanonikers Dr. Christian Stadelmann, die Zinsen ihrer beträchtlichen Stiftung an das Aschaffenburger Kollegiatstift der ,,Ausbildung von Mädchen" zukommen zu lassen. So entwickelte sich das Haus an der Strickergasse durch Zukäufe, Schenkungen, Um- und Erweiterungsbauten zu einem eindrucksvollen dreistöckigen Institutsgebäude. 1794 nahm das Haus die infolge der französischen Besatzung aus Mainz vertriebenen Englischen Fräulein auf, viele Lehrerinnen kamen auch aus dem Mutterhaus in München.
Mit der Säkularisation 1803 wurde die Aufnahme neuer Novizinnen verboten. Doch erhielt das Aschaffenburger Institut, früher als im übrigen Bayern, schon 1819 wieder Novizinnen. Um 1858 arbeiteten 42 Fräulein und 45 Schülerinnen in St. Maria und seinen Filialen in Großostheim, Damm, Würzburg und Homburg. 1860 konnte ein Neubau des Haupthauses bezogen werden.
Ab 1936 mussten die Englischen Fräulein die einzelnen Schulzweige schrittweise abbauen. Das ,,Beamtengesetz? bewog manche Eltern, ihre Töchter in öffentliche Lehranstalten zu schicken. Jüdische Schülerinnen waren besonderen Repressalien ausgesetzt. 1941 endete die gesamte Unterrichtstätigkeit, die das Institut seit nahezu 200 Jahren in Aschaffenburg entfaltet hatte. In mehreren Bombenangriffen vom Oktober 1944 bis zum Januar 1945 wurden die Gebäude teilweise zerstört oder stark beschädigt; fünf Schwestern fanden den Tod. Die Grundstücke wurden nach Kriegsende an die Stadt verkauft und die Ruinen zum größten Teil abgerissen.
Seit 1961 engagieren sich die Englischen Fräulein in einem Neubau am Brentanoplatz für die Mädchenbildung in Aschaffenburg.
(Markus Schütz)