Königreich Böhmen um 1619
Quelle: Der Winterkönig, Landesausstellung 2003
Signatur: WINT-LA-2003-07
Entwurf: Haus der Bayerischen Geschichte / Peter Wolf und Stefan Lippold
Grafik: Würth & Winderoll
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Beschreibung:
Die Krone Böhmens umfasste vor der Schlacht am Weißen Berg die Länder Böhmen, Mähren, Schlesien sowie die Ober- und die Niederlausitz. Diese Länder unterschieden sich sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher und in ethnischer Hinsicht stark voneinander. In den größeren Städten, vor allem der königlichen und auch kaiserlichen Residenz Prag, fanden sich Einwohner verschiedener nationaler Herkunft. Ein höfisch-adliger Kosmopolitismus sowie die zunehmende Ansiedlung deutschsprachiger Bewohner gerade in den Bergbauregionen an den böhmischen Grenzen, aber auch im Landesinneren führten zu Gegenreaktionen des tschechisch sprachigen Adels. 1609 wurden in Mähren, 1615 in Böhmen Sprachgesetze geschaffen, die eine Beherrschung des Tschechischen vorschrieben. Das änderte aber nichts an der immer stärkeren wirtschaftlichen Öffnung der prosperierenden böhmischen Länder zu ihren Nachbarn, insbesondere zu Innerösterreich, Bayern, der Kurpfalz und Sachsen.
Auf den etwa 122000 Quadratkilometern der Länder der böhmischen Krone lebten rund vier Millionen Einwohner bei einer Bevölkerungsdichte von 34 bis 35 Einwohnern je Quadratkilometer (zum Vergleich: Spanien hatte im späten 16. Jahrhundert etwa 6,7 Millionen Einwohner). Die relativ hohe Bevölkerungsdichte erklärt sich auch aus der großen Zahl von Städten, insbesondere im böhmischen Landesteil. In den großen Städten wie Prag, Olmütz oder Iglau gab es ein hoch spezialisiertes Handwerk. Neben vielfältigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zeichnete sich Böhmen durch großen Rohstoffreichtum aus. Der Bergbau auf Edelmetalle hatte nicht nur viele sächsische und bayerische Bergbauspezialisten, sondern vor allem die Kapitalien der großen oberdeutschen und sächsischen Handelshäuser ins Land gezogen.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts etablierte sich vorherrschend in Böhmen, aber auch auf den großen Gütern in Mähren eine juristisch gebildete Beamtenschaft. Zugleich gelang es der Krone, ihren Besitz zu erweitern. Für die Untertanen machte sich beides in einer deutlichen Vermehrung der Ämter bemerkbar, wobei gerade die dem König ergebenen Beamten zugleich die Konfessionalisierung unter katholischem Vorzeichen vorantrieben. Trotzdem waren die Katholiken in Böhmen zahlenmäßig in der Minderheit. Aus hussitischen Traditionen heraus hatten sich die Utraquisten gebildet, die sich in Alt- und Neu-Utraquisten aufspalteten. Während die Alt-Utraquisten dem Katholizismus nahe standen, neigten die Neu-Utraquisten mit ihrem radikal reformatorischen Gedankengut bald dem Luthertum, bald dem Kalvinismus zu. Eigentliches Luthertum fand sich eher im deutschen Sprachgebiet, vor allem im Erzgebirge nahe der sächsischen Grenze. Die straffste Kirchenorganisation entwickelten die Brüderunitäten, die enge Kontakte zu den Kalvinisten hielten.
Trotz einiger gemeinsamer Institutionen war die Verbindung der böhmischen Länder untereinander relativ schwach ausgeprägt. Das wichtigste gemeinsame Organ war der Generallandtag. Die böhmischen Stände fassten sich als den anderen Ländern lehensmäßig übergeordnet auf. Das führte zu latenten Spannungen, insbesondere zwischen Böhmen und Mährern. Aber auch in dem in viele Herzogtümer zersplitterten Schlesien und in den Lausitzen begann sich etwa seit 1600 Widerstand gegen die böhmische Vorherrschaft zu regen.
Text: Peter Wolf
Literatur:
- Bilhöfer, Peter: Nicht gegen Ehre und Gewissen. Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz - der "Winterkönig" von Böhmen (1596-1632), Diss. Mannheim 1999
- Auerbach, Inge: Stände in Ostmitteleuropa. Alternativen zum monarchischen Prinzip in der frühen Neuzeit, München 1997