Jüdisches Leben
in Bayern

Wörth am Main Synagoge

1781 erwähnt das kurmainzische Oberamt in Klingenberg erstmals einen Betraum in einem Wörther „Judenhaus“, den die Israeliten aus Wörth und Trennfurt gemeinsam benutzen. Über dessen Lage und Ausstattung existieren jedoch keine Nachrichten. Auch ein Kanzleibericht aus dem Jahr 1840 vermeldet, dass sich die jüdischen Familien von Wörth und Trennfurt „von jeher“ zum gemeinsamen Gottesdienst in einem jüdischen Privathaus in Wörth trafen. Der Aschaffenburger Rabbiner bezeichnete die Wörther Gebetsstätte 1835 als schlecht ausgestattetes „Kämmerchen“ und empfahl den Zusammenschluss mit den Klingenberger Juden, die eine funktionsfähige Synagoge zur Verfügung hatten. Dazu kam es jedoch nicht. Spätestens ab 1840 stand der Gottesdienstraum nicht mehr zur Verfügung. 

Mit Hilfe einer Kollekte, die rund 100 Gulden einbrachte, war die jüdische Gemeinde im Stande, 1841 das Anwesen mit der Hausnummer 127 (heute: Mainstraße 9) zu erwerben. Nach Plänen des königlichen Ingenieurs Streiter wurde es zur Synagoge umgebaut. Der zweigeschossige Saalbau mit rechteckigem Grundriss (5,30 m auf 6,90 m) hatte auf der Nordostseite zur Mainstraße hin drei, ursprünglich wohl bunt verglaste, rundbogige Fenster. Der Eingang lag im Nordwesten am Judengässchen. Für den Einbau einer Mikwe war kein Geld vorhanden. 1843 erfolgte die Einweihung. Um 1869 notwendig gewordene Reparaturen an der Synagoge durchführen zu können, war wiederum eine Kollekte notwendig. Für die nächste „umfassende Restauration“ erhielt die Kultusgemeinde Unterstützung durch eine 1903 veranstaltete Kreiskollekte unter den unterfränkischen Juden. 1928 musste der Sakralbau wiederum „von innen und außen“ renoviert werden. Dafür leistete die Stadt einen Zuschuss von 500 Reichsmark.

Während des Novemberpogroms 1938 stürmte ein Mob die Synagoge, zerstörte Fenster, Türen, Schränke, Bänke und die gesamte Innenausstattung samt Ritualien und Gebetbüchern. Danach war der Sakralbau völlig verwüstet und unbenutzbar. Kurze Zeit später wurde das Haus abgerissen. Die Kultusgemeinde Wörth wurde von der Stadt enteignet und das Grundstück beschlagnahmt.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg einigte sich die JRSO mit der Stadt Wörth in einem „Wiedergutmachungsverfahren“ über eine angemessene Zahlung und die Rückgabe des Synagogengrundstücks. Es befindet sich heute in Privatbesitz und soll wieder bebaut werden.

 

(Christine Riedl-Valder)

Literatur

  • Töllner, Axel: Wörth, in: Wolfgang Kraus, Gury Schneider-Ludorff, Hans-Christoph Dittscheid, Meier Schwarz (Hrsg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band III/1: Unterfranken, Teilband 1. Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger unter Mitarbeit von Gerhard Gronauer, Jonas Leipziger und Liesa Weber, mit einem Beitrag von Roland Flade, Lindenberg im Allgäu 2015, S. 472-481

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