Jüdisches Leben
in Bayern

Theilheim Synagoge

Nachdem Erbobleiherr Carl Heinrich von und zu Erthal am 19. Mai 1732 den Bau einer Synagoge in Theilheim genehmigt hatte, wurde das Gotteshaus laut einem Bericht von 1817 im Jahr 1733 erbaut. Das Grundstück, das die jüdische Gemeinde am 19. Mai 1732 erworben hatte, lag in einer Sackgasse südlich der Theilheimer Hauptstraße. An der nach Osten ausgerichteten Schmalseite der auf einem rechteckigen Grundriss errichteten, rund zwölf Meter langen und rund acht Meter breiten Synagoge war ein Standerker für den Toraschrein angebracht.  

Nachdem die jüdische Gemeinde 1825 auf dem Grundstück des Hayum Hirsch Silberthau eine Mikwe eingerichtet hatte, erwarben die Kultusvorsteher Seckel Rosenbaum und Moses Klau 13 Jahre später von der Dorfgemeinde ein Grundstück, um dort eine Mikwe einzurichten. 

Da die Theilheimer Synagoge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Anforderungen der deutlich gewachsenen Gemeinde nicht mehr genügte, ließ die Kultusgemeinde 1872 anstelle der alten Synagoge für 12000 Gulden einen wesentlich größeren, rund 19 Meter langen und zehn Meter breiten Neubau errichten. In dem neuen Mehrzweckgebäude waren auch die Wohnung des jüdischen Lehrers und der Schulraum untergebracht.

Für den Plan der repräsentativ angelegten Synagoge war vermutlich ein akademisch gebildeter Architekt verantwortlich, der sich wohl an der von dem Münchner Architekten Friedrich von Gärtner erbauten Synagoge im pfälzischen Ingenheim orientiert hatte. Darauf deutet die von Pilastern und Lisenen gegliederte, symmetrisch angelegte Fassade der zweigeschossigen Synagoge hin. Erhellt wurden das Erd- und Obergeschoss im Nord- und Südteil von jeweils fünf und an der Ost- und Westwand von zwei Rundbogenfenstern. 

Im zweigeschossigen, von einer Flachdecke abgeschlossenen Betsaal stand der Almemor direkt vor dem weiß gefassten, mit goldenen Auflagen akzentuierten Toraschrein. Den wohl aus der Vorgängersynagoge übernommenen, laut einer hebräischen Inschrift auf den 8. April 1751 datierten Aron ha-Kodesch rahmten zwei Säulen, die ein Architrav mit einem aus Vasen und einer von Löwen gehaltenen Krone bestehenden Giebel trugen. Ein Mittelgang trennte die in zwei Blöcken angeordneten Plätze der Männer. Die Frauen konnten den Gottesdienst von der schmalen, mit farbigen Vorhängen ausgestatteten Frauenempore verfolgen.

Erleuchtet wurde der Betsaal durch einen Kronleuchter, vier Hängeleuchter und acht Seitenleuchter. Bei seiner Inventarisierung erwähnte Theodor Harburger unter anderem einen aus dem Jahr 1754 stammenden, aus Seidenbrokat gefertigten Toravorhang mit einer hebräischen Inschrift und ein silbernes Toraschild aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Beide Ritualien wurden wohl aus der Vorgängersynagoge in den Neubau übernommen. 

An den Vorgängerbau erinnerten auf dem Vorplatz der neuen Synagoge steinerne Architekturteile, die wohl vom Almemor der alten Synagoge stammten. Damit wollte die jüdische Gemeinde die Tradition jüdischen Lebens im Dorf dokumentieren.

An den Vorgängen während des Theilheimer Pogroms vom 10. November 1938 waren maßgeblich Mitglieder des Schweinfurter „Sicherheitsdiensts des Reichsführers SS“ (SD) beteiligt. Die Nationalsozialisten plünderten die Synagoge, demolierten deren Einrichtung und steckten anschließend das Inventar, darunter sieben Torarollen, in Brand. Obwohl einzelne Dorfbewohner die Zerstörung der Synagoge kritisch kommentierten, blieb offener Widerstand aus. Schließlich standen nur noch die Außenmauern der Synagoge. 1940 übernahm ein Ehepaar die ausgebrannte Synagoge und richtete dort eine Werkstatt und ein Lager ein, obwohl der Eigentümerwechsel erst am 4. Februar 1941 im Grundbuch amtlich vermerkt wurde.

Da das Ehepaar die geforderte Nachzahlung für die ehemalige Synagoge nicht erbringen konnte, übergab es 1950 die Synagoge an die JRSO, die es 1952 an einen Theilheimer für 2000 DM verkaufte. In den 1980er Jahren wurde an der ehemaligen Synagoge zur „Erinnerung und zum Andenken an unsere ehemaligen jüdischen Mitbürger“ eine Gedenktafel angebracht, die auch an die Zerstörung der Synagoge erinnerte.

Nachdem 1986 die ehemalige Theilheimerin Marga Buchsbaum bei der Gemeinde Theilheim den Antrag gestellt hatte, die ehemalige Synagoge unter Denkmalschutz zu stellen, trug das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege das Gebäude 1987 in die Denkmalliste ein. Als 1996 der teilweise Einsturz des Gebäudes drohte, wurden die gefährdeten Gebäudteile notdürftig gesichert. Umstritten ist der seit 2018 von den neuen Besitzern geplante Umbau der ehemaligen Synagoge in ein Wohnhaus.

Das Synagogengebäude ist im Bayerischen Denkmal-Atlas eingetragen.


(Stefan W. Römmelt)

Bilder

Adresse / Wegbeschreibung

Von-Erthal-Straße 21, 97534 Waigolshausen

Literatur

  • Gerhard Gronauer / Hans-Christof Haas: Theilheim. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1612-1628.