Jüdisches Leben
in Bayern

Thannhausen Synagoge

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Thannhausen begann im 16. Jahrhundert und endete mit der Vertreibung 1717. Nachdem um die Mitte des 16. Jahrhunderts etwa zehn Familien in Thannhausen lebten und sich diese Zahl in den nächsten Jahrzehnten vergrößerte, ist eine Synagoge sehr wahrscheinlich.

Ende des 16. Jahrhunderts wird eine Synagoge genannt, die sich im Bachgassenviertel zwischen der Bachgasse und der Unteren Marktstraße befand. In diesem Viertel befanden sich elf von 21 jüdischen Häusern. Es war ein Schwerpunkt der jüdischen Ansiedelung in Thannhausen.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts lebte hier der Rabbiner schwäbische Landesrabbiner Eliakim Rothenburg, der die Synagoge zu einem anerkannten gelehrten Zentrum in Schwaben machte. Er hatte in Prag studiert und sich dann mit seiner Familie in Schwaben niedergelassen. 1611 hatte er 28 Schüler, für die pro Person 50 Kreiuzer an die Behörden in Burgau zu bezahlen waren. Er stand in brieflichem Austausch mit anderen jdischen Gelehrten so etwa in Venedig. In den Wirren des 30jährigen Kriegs, der auch die Zahl der Einwohner in Thannhausen dezimierte, verliert sich die Spur des Rabbiners. Eventuell ist er auch in Thannhausen verstorben.

1628 erfolgte der Neubau einer größeren Synagoge im Bachgassenviertel, allerdings an einer anderen Stelle.Die Erlaubnis dazu erteilt der Ortsherr Stephan Schmidt von Freihofen. Die jüdische Delegation, die dazu bis nach Mähren zu ihrem Ortsherren reisen musste, wurde vom Thannhauser Pfleger begleitet. Das Verhältnis zwischen der jüdischen Gemeinde und der Obrigkeit war zu diesem Zeitpunkt also gut.

1717 wurde die jüdische Gemeinde durch den Ortshaerren Graf von Stadion vertrieben. Der Hausbesitz wurde an Christen verkauft. Die Synagoge sollte zu einer christlichen Kapelle umgebaut werden. 1720 erfogte der Abriß und der Kapellenneubau. Aus den Zinsen einer gräflichen Stiftung sollte der Unhalt bestritten und jeden Donerstag eine Messe gelesen werden.

Als einziges Relikt der Synagoge hat sich der Opferstock (Zedaka-Büchse) erhalten. Er trägt eine Darstellung, die auch auf die Verwendung in einer christlichen Kapelle Bezug nimmt:."Oben ist Moses mit den Gesetzestafeln dargestellt mit der Inschrift "Antiquum documentum". Unten ist eine Monstranz und darunter die Schrift "Novo cedat ritui".

Literatur

  • Bernhard Stegmann: Aspekte christlich-jüdischer Wirtschaftsgeschichte am Beispiel der Reichsgrafschaft Thannhausen. In: Rolf Kießling / Sabine Ullmann (Hg.): Landjudentum im deutschen Südwesten während der Frühen Neuzeit. Berlin 1999, S. 336- 362.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 3. Fürth 1998, S. 722.
  • Stefan Rohrbacher: Medinat Schwaben. Jüdisches Leben in einer süddeutschen Landschaft in der Frühneuzeit. In: Rolf Kießling: Judengemeinden in Schwaben im Kontext des Alten Reiches. Berlin 1995, S. 80-109.