Die mittelalterliche, ab 1307 nachweisbare jüdische Gemeinschaft in Straubing besaß eine Mikwe und eine "Judenschul" - es ist jedoch unklar, ob es sich nur um einen privaten Schulraum handelte, oder um ein Gotteshaus. Da die Straubinger Juden bis zu ihrer Vertreibung im Jahr 1442 der Gemeinde in Regensburg angehörte, war eine eigene Synagoge an sich unnötig. Sollten sich die Betenden unabhängig von der Schule in einem privaten Betraum versammelt haben, ist von diesem nichts bekannt.
Ab 1811 lebten wieder Juden in Straubing. Die wachsende Zahl der Gläubigen versammelte sich anfangs in einem privaten Betsaal in der Steinergasse/Ecke Rosengasse. Nach Gründung einer neuen IKG wurde ein größerer Betsaal im zweiten Stock des Hauses Rosengasse 15 mit den notwendigen Ritualien eingerichtet.
Aufgrund der Enge des Raums waren Almemor und Vorbeterpult identisch und standen direkt vor dem Toraschrein. Weil die Gemeinde wuchs und in absehbarer Zeit der Betsaal auch bei größter Enge nicht mehr genügte, trieb der am 28. Juli 1905 gegründeter Synagogenbauverein die Planungen für einen Neubau voran. 1906 erwarb er einen Baugrund in der Wittelsbacherstraße 2. Mit der Synagogenplanung und der Bauleitung wurden der Straubinger Architekt Hans Dendl und die Baufirma Franz Dendl beauftragt. Am 18. März 1907 erfolgte bereits der erste Spatenstich, am 15. April die feierliche Grundsteinlegung. Die Kosten für den Bau des Gemeindezentrums beliefen sich auf etwa 80 000 Mark. Die Einweihung fand am 4. September 1907 unter großer Beteiligung von Straubinger Prominenz statt. „Zur glücklichen Vollendung des trefflichen Baues“ gratulierte Bürgermeister Hofrat Franz von Leistner und wünschte, dass die Synagoge „als Zierde unserer Stadt Jahrhunderte überdauern“ möge. Der jüdische Gemeindevorstand Salomon Lippmann betonte in seiner Ansprache: Das älteste kirchliche Gebäude der Stadt, die Peterskirche, habe mit der Synagoge die Form gemein. Damit spielte der Vorsitzende auf den neuromanischen Stil des Kultbaus an: „Möge das ein Symbol sein für den allen unseren Bekenntnissen gemeinsamen Geist wahren Menschentums“. Die neuromanische Formensprache sollte an die mittelalterliche Tradition der Gemeinde anknüpfen.
Streitigkeiten um den Abstand zwischen Almemor und Vorbeterpult führten zu längeren Kontroversen zwischen dem Distriktsrabbiner und der jüdischen Gemeinde. Die Synagoge bot im Erdgeschoß Sitzplätze für 84 Männer und auf der Empore für 50 Frauen.
Wegen der Aufstellung der Bima, also des Gebetspodestes und Pultes für das Auflegen der Thorarolle, hatte sich allerdings ein fast zweijähriger Streit zwischen dem orthodoxen Distriktrabbiner Dr. Meyer (Regensburg) und der überwiegend liberalen israelitischen Gemeinde Straubings entwickelt. Nicht weniger als 16 Gutachten von orthodoxen Rabbinern aus ganz Deutschland forderten, dass die Bima – entgegen der ursprünglichen Planung – möglichst in die Mitte der Synagoge gerückt und deshalb um 85 Zentimeter versetzt werden sollte. Diese „religionsgesetzliche Vorschrift“ wurde schließlich nach wiederholten Änderungsvorschlägen durch die k. Regierung in Niederbayern im Januar 1909 angeordnet.
Während des Novemberpogroms 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge teilweise zerstört, die Ritualien öffentlich vernichtet. Das demolierte, aber baulich intakte Synagogengebäude übernahm die städtische Kommune ohne Entschädigung. Es gab zunächst Pläne zur Einrichtung eines Kindergartens, im Zweiten Weltkrieg nutzte die Wehrmacht das entweihte Gotteshaus als Lagerhaus.
Bereits am 15. Mai 1945 sollen 700 Überlebende des KZ-Außenlagers Ganacker mit einem US-Armeerabbiner in der Straubinger Synagoge einen der ersten jüdischen Gottesdienste im Deutschland gefeiert haben, das genaue Datum ist aber nicht sicher. Im August 1945 wurde die namentlich bekannten und noch in Straubing wohnenden Täter aufgefordert, als Sühneleistung bei der Wiederherstellung der Synagoge zu helfen. Am 13. August 1945 erschienen die Ehefrauen der Täter zum Aufräumen und Putzen.
Ende der 1980er Jahre wurde unter Mitfinanzierung staatlicher Stellen eine denkmalgerechte Renovierung am Gebäude durchgeführt, das die IKG Straubing/Niederbayern bereits seit Jahren regelmäßig nutzte. Im April 1989 wurde die Straubinger Synagoge erneut feierlich eingeweiht. Ein 2002 angefügter Erweiterungsbau berücksichtigt den gestiegenen Platzbedarf der gewachsenen Gemeinde und bietet moderne technische Möglichkeiten für kulturelle Veranstaltungen und Feste.
Persönlicher Dank geht an Dr. Dorit-Maria Krenn, Stadtarchiv Straubing, für ihre freundliche Unterstützung.
(Text von Guido Scharrer, bearbeitet von Patrick Charell)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Wittelsbacher Straße 2, 94315 Straubing
Literatur
- Guido Scharrer: Synagoge und jüdisches Leben in Straubing. Geschichte und Gegenwart. Straubing 2012.
- Barbara Eberhardt / Cornelia: Straubing Berger-Dittscheid. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 309-319.
- Anita Unterholzner: Straubinger Juden – Jüdische Straubinger. Straubing 1995.