Jüdisches Leben
in Bayern

Neustadt an der Aisch Synagoge

Zur Abhaltung von Gottesdiensten richtete Isaak Abraham Erlanger im Dachgeschoß seines Hauses Nr. 37 (heute Kronengasse 2) einen Betsaal ein. Der Raum war zwar vollständig eingerichtet, aber nur über zwei Stiegen zu erreichen und sehr beengt. Für die ursprünglich in Pahres errichtete Synagoge zeichneten Maurermeister Achtelstetter aus Gerhardshofen und Zimmermeister Schlee aus Reinhardshofen die Pläne. Erbaut wurde das Gotteshaus zwischen 1842 und 1844, nach dem Beitritt der letzten jüdischen Familie in die IKG Neustadt wurde das Gebäude im Jahr 1877 abgebaut und Stein für Stein in das neue Gemeindezentrum verlegt. Am 31. Mai 1878 feierten die Neustädter Juden die Einweihung ihrer „neuen“ Synagoge mit einem großen öffentlichen Fest. Die Synagoge hatte einen unverkennbar neomaurischen Stil, wie er vom königlichen Baukunstausschuss für Synagogen bevorzugt wurde. Alle Tür- und Fensterstöcke wiesen deshalb orientalisierende Bögen auf. Das zweigeschossige Gebäude wurde durch unterschiedlich gestaltete Wandoberflächen in drei horizontale Segmente aufgeteilt. Ein hoher Natursteinsockel glich das abfallende Bodenniveau zur Straße hin aus. Die Gläubigen betraten die Synagoge durch zwei Portale an den äußeren Achsen der Südseite: Die Männer gelangten durch die Tür im Osten und einen kleinen Vorraum mit einem Reinigungsbecken in den eberdigen, quadratischen Betsaal mit Flachdecke. An der Ostwand stand der Toraschrein, flankiert von je zwei Säulen und mit einem hufeisenförmigen Giebelwerk. Davor stand die rechteckige Bima umgeben von vier Bankreihen an der Nord- und Südseite. Die Frauen betraten das Gotteshaus durch das westliche Portal und erreichten über eine Treppe die Frauenempore, die den Betsaal dreiseitig umspannte. Der anschließende Raum im Nordosten diente vielleicht als Schulraum. Im Erdgeschoss befand sich zudem eine Mikwe, an die sich noch Zeitzeugen im 20. Jahrhundert erinnerten.

1926 wurde die Synagoge erstmals geschändet, wobei das Bezirksamt jeden Zusammenhang mit der judenfeindlichen Stimmung in der Stadt abstritt. Am 4. November 1938 kaufte der benachbarte Mineralwasserfabrikant Hermann Hufnagel das israelitische Gotteshaus für 2000 RM, um es abreißen zu lassen. Wahrscheinlich hielten sich deswegen die Schäden an der leerstehenden Synagoge in Grenzen, als sie in der Nacht auf den 10. November von SA-Leuten gestürmt wurde. 1939 baute die Firma Hufnagel ein Firmengebäude auf dem Grundstück.

1946 beantragte Ismar Pick als Vorstand einer neuen israelitischen Gemeinde die Überschreibung des Gebäudes. Dem Wunsch wurde entsprochen, es kam jedoch nicht zur Übergabe, weil sich die Gemeinde offenbar bald wieder aufgelöst hatte. Auf dem Grundstück steht heute ein zweistöckiges Wohnhaus.

Bilder

Literatur

  • Barbara Eberhardt / Hans-Christof Haas: Neustadt an der Aisch. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg im Allgäu 2010, S. 448-465.