In Kronach gab es bis 1883 keine Synagoge. Die kleine jüdische Gemeinschaft versammelte sich ab 1685 in dem am Marktplatz gelegenen Haus Nr. 45 (heute mit der Stadtverwaltung Marktplatz 5 überbaut). 1711 wurde im Anwesen Nr. 22 (heute Amtsgerichtsstraße 25) eine Betstube eingerichtet und zunächst bis 1725 gentutzt. Dann wechselte sie wieder für zehn Jahre an die erste Adresse, und von 1735 bis 1863 (eventuell sogar bis 1872) erneut in die Nr. 22. Anschließend fanden die Gottesdienste bis 1876 in der evangelischen Knabenschule statt und für die nächsten drei Jahre in der protestantischen Mädchenschule, die in der Alten Fronfeste lag. Bis zur Fertigstellung der Synagoge 1883 traf man sich vermutlich in einem Saal des Gasthofs „Reichsadler“.
Nachdem sich durch Zuzug aus den umliegenden Orten die Kronacher Judenschaft beträchtlich vergrößert hatte - 1883 zählte man 102 Personen - und die Regierung von Oberfranken im selben Jahr die Gründung einer Israelitischen Kultusgemeinde genehmigte, wurde der Bau einer eigenen Synagoge beschlossen. Auf einem Grundstück an der Lindenstraße (heute Johann-Nikolaus-Zitter-Straße 27), das damals am Rand der unteren Stadt lag, errichtete der Kronacher Baumeister Johann Baptist Porzelt nach seinen Plänen einen Saalbau aus Sandsteinquadern im neuromanischen Stil. Der Innenraum, der 96 Plätze bot, wurde mit Malereien im maurischen Stil geschmückt. Zur Finanzierung der neuen Synagoge verkaufte der Kultusvorstand acht überzählige Torarollen, außerdem die Synagoge in Mitwitz, da sich die Mitwitzer Juden der Kronacher Gemeinde eingegliedert hatten, außerdem wurde eine bayernweite Kollekte gestartet. Die Einweihung des Gotteshauses fand am 5. Oktober 1883 im Beisein von Repräsentanten von Stadt und Regierung, christlichen Geistlichen und zahlreichen Bürgern statt. In der Folgezeit konnte in dem neuen Gebäude auch der Religionsunterricht für die jüdischen Kinder stattfinden.
Während der NS-Diktatur hatte sich die Anzahl der Kronacher Juden so sehr verringert, dass der Gottesdienst in der Synagoge nur bis 1936 aufrechterhalten werden konnte. Wohl aus finanziellen Gründen hatte man schon 1921 die Festanstellung des Vorsängers in ein Ehrenamt umgewandelt. Im Februar 1938 verkaufte Felix Strauß schließlich im Auftrag der Kultusgemeinde das Gebäude für 6.000 Reichsmark an die Stadt Kronach. Da er Mitglied des Roten Kreuzes war, regte er die Nutzung des Gebäudes für diesen Sanitätsdienst an. Die Stadt gab dazu ihre Einwilligung und so erfolgten zahlreiche bauliche Veränderungen an der Synagoge, damit sie als Sanitätsdepot und Lagerhaus dienen konnte. Die Ritualien der Kronacher Synagoge wurden in das israelitische Gotteshaus nach Bamberg überstellt, wo sie vermutlich bei dessen Zerstörung am 10. November 1938 verbrannten. Die Kronacher Synagoge überstand die Reichspogromnacht aufgrund ihrer neuen Zweckbestimmung unbeschadet. Sie diente während der NS-Zeit der „Freiwilligen Sanitäts-Kolonne“ als Standort.
Als der Kronacher Stadtrat nach dem Zweiten Weltkrieg der „Zentralstelle der Israelitischen Kultusgemeinschaft“ in München das Angebot machte, die Kronacher Synagoge wieder instand setzen zu lassen, bestand daran kein Interesse. Das Bayerische Rote Kreuz erwarb das Gebäude 1953 von der Stadt und nutzte es als Lagerhalle und Garage. 1966 kam die Stadt durch einen Grundstückstausch mit dem BRK wieder in den Besitz der ehemaligen Synagoge, erlaubte dem BRK aber die weitere Nutzung. Nachdem das Rote Kreuz 1972 in einen Neubau umgezogen war, wurde das Gebäude von der Stadt Kronach noch bis zum Jahr 1988 als Lagerhaus verpachtet. Anschließend stand es leer. 1992 wurde der „Aktionskreis Kronacher Synagoge e.V.“ ins Leben gerufen. Er hatte das Ziel, die ehemalige Synagoge vor dem Verfall zu bewahren und einer neuen Nutzung zuzuführen. Dank dieses Engagements öffnete sich das Gebäude am 4. Oktober 2002 als Kultur-, Begegnungs- und Gedenkstätte der Allgemeinheit. Die Restaurierung der Synagoge wurde mit Hilfe finanzieller Förderung durch die Stadt und den Landkreis Kronach, die Oberfrankenstiftung, die Bayerische Landesstiftung, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege und durch den großen ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder des Aktionskreises ermöglicht. 2003 wurden an der Westfassade Glasgemälde des Kronacher Künstlers Johannes Schreiber installiert. Sie verbildlichen den Schöpfungsbericht der Genesis, des gemeinsamen Buches von Juden und Christen. 2006 wurde der „Aktionskreis Kronacher Synagoge e.V.“ für seine Aktivitäten mit der Bayerischen Denkmalschutzmedaille geehrt. Einen virtuellen 3D Rundgang durch die Synagoge Kronach finden Sie hier.
(Christine Riedl-Valder)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Johann-Nikolaus-Zitter-Straße 27, 96317 Kronach
Literatur
- Angela Hager / Hans-Christof Haas: Kronach. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 178-185.