Jüdisches Leben
in Bayern

Kleinlangheim Synagoge

1814 bestand laut Aussage der Kleinlangheimer Juden bereits seit etwa 80 Jahren im Ort eine Synagoge, die mit Erlaubnis der Markgrafschaft Ansbach erbaut worden sei. Der Standort und das genaue Baudatum der Barocksynagoge sind nicht überliefert. Nachdem die jüdische Gemeinde 1836 ein Anwesen mit Hof, Brunnen und Garten erworben hatte (Standort heute Pfarrgasse 21), erbaute sie bis 1838 südlich des jüdischen Schulhauses eine neue Synagoge, die am 31. August 1838 eingeweiht wurde. Die Predigt hielt der Welbhausener Rabbinatskandidat Dr. David Einhorn (1809-1879), der später zu einem der wichtigsten Rabbiner in der Geschichte der USA wurde.

Die rund 11 Meter lange und rund 9 Meter breite, äußerlich schlicht gehaltene Synagoge bestand aus einem einfachen, eingeschossigen Bau mit Umfassungswänden aus Bruchstein, Fachwerkgiebeln und einem Satteldach. An der Ostwand des rund 80 Quadratmeter großen Betsaals mit 72 Sitzplätzen für die jüdischen Männer stand ein großer, von zwei toskanischen Säulen flankierter Toraschrein. Für die Beleuchtung sorgten neben vier eiserne Hängeleuchtern und ein Chanukka-Leuchter aus der Biedermeierzeit. Auf der L-förmig an der West- und Nordseite des Saals verlaufenden Frauenempore war Raum für 32 Frauenplätze. Aus der Zeit um 1700 stammte ein in Augsburg entstandener silberner Toraschild.    

1861 kam es zwischen dem Landgericht Kitzingen und der Kultusgemeinde in Kleinlangheim zum Konflikt um die bereits 1829 erwähnte Mikwe. Im Streit mit den Nachbarn, die sich wegen ihres vermeintlich durch die Mikwe abgegrabenen Wassers beschwert hatten, entschied die Regierung zugunsten der jüdischen Gemeinde.

Nachdem ein Einheimischer am Morgen des 10. November 1938 die Synagoge gewaltsam geöffnet hatte, wurden Gebetbücher, Gebetsmäntel und wohl auch Toramäntel und –vorhänge verbrannt. SA-Leute demolierten das Innere der Synagoge. 1939 übernahm die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland der Synagoge. Während des 2. Weltkriegs war in dem Gebäude ein Gefangenenlager untergebracht. Im Jahr 1958 bezifferte die JRSO die Schäden an der Kleinlangheimer Synagoge auf rund 96000 DM, von denen rund 63000 DM auf die zerstörten Kultgeräte entfielen. Zertrümmert waren die Fenster, die Empore und das Treppengeländer. Nach dem Abriss des Gebäudes entstand auf dem Grundstück ein Wohnhaus.


(Stefan W. Römmelt)

   

Literatur

  • Hans Schlumberger / Cornelia Berger-Dittscheid: Kleinlangheim. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1103-1118.