Die spätmittelalterliche Synagoge befand sich in der Judengasse nahe dem „Judenturm“ an der Stadtmauer. Nach der Vertreibung der Gemeinde im Jahr 1384 ging das Gotteshaus 1397 mitsamt den angrenzenden "Judenhof" in den Besitz der Stadt über, die eine Kapelle mit Marienpatrozinium erbauen sollte. Mit der Legende eines Religionsfrevels entstand eine spätere Rechtfertigung. Herzog Maximilian I. (reg. 1597-1651) stiftete 1601 ein Kloster der Augustiner-Eremiten, das an der Kapelle errichtet wurde. Die 1736 bis 1740 neu erbaute Kloster- und Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau ob der Schutter enthielt (vergleichbar zu St. Kassian in Regensburg) antijüdische Darstellungen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche zerstört, der Grundriss ist in das Straßenpflaster eingelassen.
Die ersten Gottesdienste des in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts langsam wachsenden Gemeinde fanden an 1884 in einem Betsaal in einem Wohnhaus in der Milchstraße 9 statt. Er bot für 30 Männer und 20 Frauen Platz. 1907 wurde eine Synagoge mit einem zweigeschossigen Betsaal im Anwesen Theresienstraße 23 eingerichtet. Dazu wurde der sogenannte „Illuminatensaal“ ebenjener Geheimgesellschaft aus der Aufklärungszeit umgebaut. Die Männersynagoge im Erdgeschoss hatte 48 Plätze, die auf drei Seiten umlaufende Frauenempore hatte 34 Plätze. 1927 dokumentierte Theodor Harburger in seiner Inventarisation der jüdischen Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern in der Ingolstädter Synagoge ein Toraschild, einen Torazeiger und Toraaufsätze.
Während des Novemberpogroms 1938 zerstörten Parteigenossen und Bürger mit Unterstützung des Stadtbauamts die Inneneinrichtung der Synagoge. Nach Kriegsende restaurierte die Stadt Ingolstadt die 1946 neu eingeweihten Synagoge. Nachdem aber aufgrund der geringen Anzahl von Gemeindemitglieder kaum Gottesdienstbesucher kamen, wurde 1952 die Nutzung als Synagoge beendet. Umbaumaßnahmen 1992 zerstörten wichtige Teile der bis dahin noch gut erhaltenen Bausubstanz. Eine Hinweistafel befindet sich am Vordergebäude mit der Inschrift: "Im Rückgebäude 1782-1785 Illuminatensaal, 1907-1938 Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde Ingolstadt. In der Reichspogromnacht 1938 verwüstet. 1946 wiederhergestellt, 1952 aufgegeben".
(Patrick Charell)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Theresienstraße 23, 85049 Ingolstadt
Literatur
- Angela Hager / Hans-Christof Haas: Ingolstadt. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine.... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 351-359.
- Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 317f.