Jüdisches Leben
in Bayern

Fürth Synagoge

Über das religiöse Leben der jüdischen Gemeinde im ausgehenden 16. und frühen 17. Jahrhundert ist bislang nur wenig bekannt. Wahrscheinlich wurden Gottesdienste anfangs in Privathäusern oder in einem nicht weiter überlieferten Vorgängerbau gefeiert. Mit der zunehmenden Bedeutung von Fürth als Zentrum jüdischer Kultur, dem "Fränkischen Jerusalem", wurden ab 1615 bis in das späte 19. Jahrhundert hinein zahlreiche Synagogen und Beträume eingerichtet.

Im heutige eingemeindeten Stadtteil (Unter-)Farrnbach existierte bis ins 19. Jahrhundert eine selbstständige jüdische Gemeinde mit einer eigenen Synagoge. Das Baudatum des kleinen Gotteshauses mit der Hausnummer 44 (heute: Unterfarrnbacher Straße 158) ist unbekannt. In einem Gerichtsbuch von 1745 findet sich der Vermerk, das „Häuslein“ hätte „ehedem ein Brennhäuslein ohne Gemeinderecht werden sollen. Es haben aber die allda wohnenden Juden neben der Bewohnung ohne herrschaftlichen Consens eine Judenschul darinnen eingerichtet". Dieses Gotteshaus wurde vermutlich 1824 durch einen Brand weitgehend zerstört und neu errichtet. Die lateinische Jahreszahl 1835 über der heutigen Eingangstür bezieht sich vielleicht auf den Beginn des Wiederaufbaus. Nach Auflösung der Gemeinde wurde die Synagoge beschrieben und inventarisiert:

Sie war massiv gebaut, einstöckig, von etwa 6,40 Meter Länge und 7,60 m Breite, mit einem Giebel aus Steinfachwerk und einem mit Breitziegeln „doppelt gedeckten“ Dach. Der Gottesdienstraum besaß eine Holzdecke. Als Inventar wurde angegeben: 14 Bücherkästen, ein Bücherschrank, ein Altartisch, eine „rings um die Wände laufende Bank“, mehrere Tücher und Vorhänge, ein Standleuchter und silberne Ketten. Max Marx kaufte das Gebäude für 300 Gulden und verpflichtete sich, den Bau zu keiner profanen oder den Ansichten des Gemeindevorstandes (von Fürth) zuwiderhandelnden Nutzung zu verwenden. An der Einrichtung einer Wohnung nahm jedoch niemand Anstoß. 1943 wurde die ehemalige Synagoge bei einem Luftangriff schwer beschädigt, 1957 erhielt es durch eine Aufstockung seine jetzige Erscheinungsform und dient weiterhin als privates Wohnhaus. 

Die spätere Hauptsynagoge wurde um 1615/16 in einem spätgotischen Stil errichtet und am 16. Februar 1617 mit einem Festgottesdienst eingeweiht. Nicht nur die Fürther Juden, auch die Christen waren „in den Würthsheußern […] Lustig und gutter ding gewesen“. Der veraltete gotische Baustil ist damit zu erklären, dass offenbar die „Pinkas-Synagoge“ in Prag als Vorbild gedient hat. Diese galt nach einigen Umbauten im 16. Jahrhundert geradezu als Mustersynagoge, und einen neuzeitlichen Bautypus für Synagogen gab es ohnehin noch nicht. Die liturgische Ausstattung war dagegen in den Formen der deutschen bzw. Nürnberger Renaissance gehalten. Es ist allerdings nicht gesichert, ob diese Ausstattung bereits zur Erbauungszeit bestand oder auf spätere Umbauten zurückgeht. Das Gebäude hatte einen nahezu quadratischen Grundriss von rund 196 m². Den durchaus zeitgemäßen tonnengewölbter Saal der Männerabteilung überspannten vier Gewölbejoche. Im Süden befand sich ein separater, doppelgeschossiger Frauenbereich, der sich durch große vergitterte Segmentbögen gegen den Hauptraum öffnete. Im Dreißigjährigen Krieg ließ der kaiserliche Feldherr Tilly die Synagoge am 12. Oktober 1621 als Gefängnis für ergriffene Plünderer in Beschlag nehmen, 1634 nutzen sie kroatische Truppen als Pferdestall. Wenigstens blieb das Gebäude so von jenem großen Brand verschont, den diese in der Fürther Innenstadt legten.                

Blitz- und Brandschäden machten gegen Ende des 17. Jahrhunderts Reparaturen notwendig; am 13. Oktober 1692 stahl ein Dieb wertvolle Leuchter und Bücher. Er wurde gefasst, aber ob man die Ritualien sicher stellen konnte ist unbekannt. Spätestens in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts wurde die Synagoge an der Nord- und Südwand mit Anbauten erweitert: Von nun an betraten die Männer die Synagoge über eine nördliche Vorhalle mit einem Waschbecken, die Frauen gelangten über eine südliche Vorhalle zur Frauenempore.

Im Zuge der reformierten Gottesdienstordnung erweiterte der berühmte Architekt Albert von Reindel (1784-1853) die Altschul und baute bis zum 7. September 1831 das gesamte Synagogenschiff im reformierten Stil um: Die Estrade vor dem Toraschrein ließ Reindel bis auf eine kleine Plattform abtragen und rückte die Bima nach vorne. An der Nord- und Südseite wurden in den Saal ragende Frauenemporen mit reichlich neugotischen Maßwerk eingebaut. Diese machten die Männerabteilung jedoch so dunkel, dass man an der Nordseite neue Rundfenster in das Mauerwerk brach. Subsellien die alten Stehpulte, das Innere wurde weitgehend im Sinne des Historismus einem neugotischen Kirchenbau angeglichen. 1863 bis 1865 wurde die Hauptsynagoge ein weiteres Mal erweitert. Der Einbau einer Orgel stieß im Jahr 1875 bei orthodoxen Gemeindemitgliedern auf Kritik. Im Sommer 1891 wurde ein Gasofen eingebaut, im Jahr darauf fügte man an der Nordost- und Südostecke Nottreppen für die Frauenempore an. 1925 fielen verschiedene Renovierungsarbeiten an, unter anderem wurde eine Zentralheizung (!) installiert und die neugotische Ausstattung aufgefrischt.

Im Novemberpogrom 1938 stürmten SA-Männer, vornehmlich Mitglieder der SA-Schule im Fürther Stadtwald in der Nacht auf den 10. November, gegen 1:00 Uhr den historischen Schulhof. In der Synagoge zerschlugen sie den Thoraschrein, holten die Gebetsrollen heraus, warfen alles, was sie von den Wänden rissen, auf einen Haufen und zündeten es an. Das Feuer breitete sich schnell auf die ganze Synagoge aus. Weisungsgemäß schützte die Feuerwehr die angrenzenden Häuser, wollte jedoch auch im Gotteshaus selbst löschen, was aber durch SA-Männer verhindert wurde. Bis zum Morgen brannte die Synagoge vollständig aus, die Ruinen wurden bald darauf abgetragen. Durch den Abriss und den Fürther Wiederaufbau in der Nachkriegszeit ist der gesamte Komplex vollständig verschwunden, nur ein Denkmal erinnert im Stadtbild an die Altschul.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die jüdische Begräbnisstätte in Fürth erweitert. Bei dieser Gelegenheit entstand am nördlichen Ende, direkt neben dem Eingangstor ein Spital, zu dem auch eine Synagoge, die sogenannte „Spital-“ oder „Krankenhauschul“ gehörte (Rosenstraße, gegenüber der Stadthalle).

Im Jahr 1687/88 kaufte die jüdische Unternehmerfamilie Fromm – mit hebräischen Namen Schneior – ein Haus im Bereich des heutigen Anwesens Königsplatz 5. In diesem Wohngebäude richtete sie eine Synagoge ein, in der Gottesdienste stattfanden und unter Leitung eines Rabbiners eine Talmudschule betrieben wurde. Sie firmiert unter den Namen Eisig-, Klaus- oder Schneiorsche Schul: In einem auf den 24. Februar 1700 datierten Testament vermachte Abraham Schneior 3000 Taler sowie „alle Bücher, welche in der Schule stehen, und auch der Schmuck oder Thorah […] wie auch all mein Antheil an den Häusern“, um mit dieser Stiftung die Synagoge mitsamt Schule und Lehrerwohnung für den „Klausrabbi“ im Haus zu erhalten. Der Rabbiner sollte für seinen Unterhalt wenigstens acht Talmudschüler kostenfrei unterrichten, von jeden weiteren Schüler konnte er eine Gebühr als zusätzlichen Lohn verlangen. Frühestens in den 1720er Jahren wurden Gebetsraum und Rabbinerwohnung in das Rückgebäude verlegt. Aufgrund der staatlich angeordneten Zentralisierung des Kultus verfügte der Stadtmagistrat in den 1830er Jahren die Schließung der Stiftungssynagogen bzw. beschränkt die Gebete auf die "einfache Hausandacht".

Zur Entlastung der Altschul erbaute die Kultusgemeinde im Jahr 1697 direkt südlich eine weitere Synagoge. Der vergleichsweise zweckmäßige, langgestreckte Fachwerkbau mit Quadersockel beherbergte neben dem Betsaal, der sich über den ersten Stock und das Dachgeschoss erstreckte, auch Wohnungen und Verwaltungsräume im Erdgeschoss sowie eine Mikwe im Keller. 1854/54 wurde sie umfangreich renoviert. Pläne für eine gotische Neuausstattung sind vorhanden, doch ob wirklich ein Umbau stattfand ist anhand der Quellen nicht klar zu beantworten. Im Sommer 1891 wurde ein Gasofen eingebaut, aber wegen der hohen Kosten untersagte die Gemeinde bereits ab 1896 das Einheizen an Wochentagen. Zu Beginn der 1930er Jahre bot die Neuschul Platz für 112 Männern und 124 Frauen. Im Novemberpogrom 1938 wurde die Kahlschul zusammen mit der Hauptsynagoge und der Mannheimer Synagoge geschändet und in Brand gesteckt, die Ruinen bald darauf abgetragen.

Gegenüber der Altschul richtete Salomon Eli Issachar Bärmann Fränkel in seinem Anwesen (heute: Königstraße 50) eine Talmudschule ein und bestimmte 1707 in seinem Testament, dass von den Zinsen seines Stiftungskapitals ein „hochbegabter“ Gelehrter zu bezahlen sei, der jeweils sechs fortgeschrittenen, aber mittellosen Schülern ein dreijähriges Studium ermöglichen sollte. Zusätzlich sollten entweder vier Gelehrte engagiert werden, um sich im Sechs-Stunden-Rhythmus mit dem Studium abzuwechseln, „damit stets im Stiftungshause gelernt wird“, oder ein weiterer Lehrer für sechs Kinder aus minderbemittelten Häusern eine Anstellung finden. Als Räumlichkeiten für die Schule bestimmte Fränkel zwei Zimmer in seinem Hinterhaus, wovon eines als Bet- und Studienraum dienen sollte. Fränkel sah weiter die Anstellung eines Vorsängers vor und stiftete Ritualgegenstände sowie fünf Torarollen aus Familienbesitz. Aus der Fränkelschen Stiftung erwuchs wahrscheinlich die weithin gerühmte „Fürther Talmudhochschule“, deren Geschichte bislang in der Forschung nicht aufgearbeitet ist. Aufgrund der staatlich angeordneten Zentralisierung des Kultus verfügte der Stadtmagistrat in den 1830er Jahren die Schließung der Stiftungssynagogen bzw. beschränkt die Gebete auf die "einfache Hausandacht".

Eine weitere Talmudschule gründete der Hoffaktor und Finanzmann Gabriel Hirsch Fränkel 1707/08. Als Grundfonds für die mit 10.000 Gulden dotierte Sitftung legte Fränkel 6.000 Gulden bereit, den Rest sollten die Söhne und Schwiegersöhne nach seinem Tod aufbringen. Der Gottesdienstraum und die Lehrstube lagen im zweiten Geschoss des Rückgebäudes im heutigen Anwesen Königstraße 57a. Im ersten Stock befand sich womöglich die Wohnung des „Oberklausrabbiners“, während im nördlich anschließenden Stiftungsgebäudes (Königstraße 57b) die Stipendiaten untergebracht waren. Dort ist bis eine Mikwe erhalten, die zu jeder Jahreszeit klares Grundwasser führt. Vom Stiftungsvermögen wurden der Rabbiner, ein Vorsänger und ein Synagogendiener bezahlt. Der erste „Oberklausrabbiner“ wurde Moses Brandeis, ein Schwager des Stifters. Allem Anschein nach blieb dieses Amt bis in die 1830er Jahre im Besitz der Familie Brandeis. Aufgrund der staatlich angeordneten Zentralisierung des Kultus verfügte der Stadtmagistrat in den 1830er Jahren die Schließung der Stiftungssynagogen bzw. beschränkt die Gebete auf die "einfache Hausandacht".

1763 wurde auf dem Platz des im Vorjahr abgebrochenen Hauses Nr. 324 (heute Geleitsgasse 1) das erste jüdische Waisenhaus der Stadt mit privaten Stiftungsmitteln errichtet. Zu ihr gehörte auch eine Synagoge, der Initiator Israel Lichtenstädter zwei Messingleuchter stiftete. Sie sind erhalten und zieren die Synagoge in der Hallemannstraße 2, wo 1868 ein moderner, repräsentativer Neubau für das Waisenhaus eingeweiht wurde (= Siehe Synagoge der IKG Fürth).

Das letzte große Bauprojekt der Kultusgemeinde Fürth war 1896 die Mannheimer-Synagoge als Nachfolgerin der Eisigschul. Sie beherbergte eine Mikwe und zwei Gottesdiensträume, wobei ein beheizbarer Saal für den Winter reserviert war. Die Pläne dazu hatte der Fürther Architekt Adam Egerer (1859-1936) vorgelegt. Die Fassade des zweistöckigen Gebäudes hatte Anklänge einer Basilika und war von einem romanisch-gotischen Mischstil geprägt. Auch diese Synagoge wurde im Novemberpogrom 1938 ein Raub der Flammen.

Im nördlichen Erdgeschoss des in den 1860er Jahren errichteten, neuen Israelitischen Waisenhauses in der Julienstraße 2 (heute Hallemannstraße 2) wurde eine elegante Synagoge mit Frauenempore eingerichtet, der die NS-Diktatur im Kern unbeschadet überdauert hat. Er wirkt vor allem durch seine helle klassizistische Ausstattung: Polierte Marmorsäulen, welche die Empore tragen, und ein Toraschrein in Form einer zierlichen Ädikula mit gedrehten, Weiß und Gold gefassten Säulen. Zwei Leuchter aus dem barocken Vorgängerbau des Waisenhauses sind erhalten (= Waisenschul). Die Synagoge wurde behutsam modernisiert und dient derzeit der IKG Fürth als Gotteshaus. Im Flur hängt eine Gedenktafel für Direktor Dr. Ismar Isaak Hallemann, das jüdische Personal und die Kinder, die gemeinsam am 22. März 1942 in das Vernichtungslager Izbica deportiert wurden. Im Dachgeschoß des Gebäudes befindet sich eine restaurierte Sukka, im Keller eine Mikwe.

Adresse / Wegbeschreibung

Hallemannstraße 2, 90762 Fürth

Literatur

  • Verena Erbersdobler / Barbara Eberhardt: Von Glanz, Zerstörung und Verlust: 400 Jahre Fürther Altschul. Fürth 2017.
  • Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth. Fürth 2014.
  • Barbara Eberhardt / Frank Purrmann: Fürth. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg i. Allgäu 2010, S. 249-333.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 205-213.
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege / Michael Petzet (Hg.) / Gertrud Glasgow / Joachim Sowieja (Hg.): Denkmäler in Bayern, Bd. V.61: Stadt Fürth. Ensembles, Baudenkmäler, Archäologische Denkmäler. München / Berlin 1994, S. 140-143.