Eine Synagoge ist in Frankenwinheim erstmals 1749 urkundlich nachweisbar, als eine Aufstellung der Schönbornschen Schlossgüter die Existenz einer "Judenschul" auf einem Feld erwähnt. Die Synagoge lag am Rand der Ortschaft im Südosten Frankenwinheims und war hinter Scheunen und Höfen versteckt.
Der barocke Kern des Gebäudes war ein rund 8 Meter auf rund 15 Meter messender, eingeschossiger Massivbau. Die Fassade, die an den Längsseiten vier und an den Schmalseiten zwei Fensterachsen aufwies, ließ von außen die Nutzung als Synagoge nicht erkennen. Ein halbkreisförmiges Tonnengewölbe überspannte wohl nur den Betsaal. Mit einer Breite von rund 7 Metern und einer Länge von rund 8 Metern machte der Betsaal mehr als die Hälfte der Gesamtlänge des Gebäudes aus. Stufen mit einem schmiedeeisernen Geländer führten zum Toraschrein an der Ostwand der Synagoge. Der Toraschrein bestand aus zwei glatten, rötlich marmorierten Vollsäulen auf Postamenten, dem Gebälk, auf dem zwei gekrönte Löwen standen, die eine Krone hielten, und einer mit Muschelwerk verzierten Kartusche mit der hebräischen Inschrift "Keter Tora" (Krone der Tora). In der Mitte stand die achteckige Bima, die denselben Abstand zu den Wänden und zum Toraschrein aufwies. Der Frauenbereich lag wohl auf einer Empore im Westen des Betsaals.
Die ursprüngliche Raumaufteilung des Schul- und Wohntrakts bleibt unklar. Als 1825 die Ritualbäder im Untermainkreis überprüft wurden, erfüllten die drei Mikwen nicht die hygienischen Vorgaben der Regierung. Mehr als zwei Jahrzehnte später ließ die jüdische Gemeinde 1849 ein neues Ritualbad mit einem Apparat zur Erwärmung des Wassers anlegen.
1859 veranlasste die jüdische Gemeinde einen Umbau, bei dem die eingeschossige Barocksynagoge nach Entfernung des Tonnengewölbes über dem Betsaal um ein zweites Vollgeschoss erhöht wurde. Dadurch gewann man Platz für eine zweite Fensterreihe, die den Betsaal zusätzlich erhellte. Bis auf den Toraschrein wurde die barocke Ausstattung entfernt. Die Bima wurde aus der Mitte des Betsaals unmittelbar vor den Toraschrein verlegt, so dass nun insgesamt 38 Sitzplätze für die Männer zur Verfügung standen. Den auf 33 Plätze erweiterten Frauenbereich auf der Empore schützte ein rund 70 Zentimeter hoher Sichtschutz. Da die Obergeschossfenster der Synagoge einen rundbogigen Abschluss und die Fenster des Profanbereichs einen segmentbogenförmigen Sturz erhielten, konnte man jetzt auch die Trennung zwischen Betsaal und Schultrakt an der Fassade erkennen.
1910 ließ die jüdische Gemeinde die Synagoge aufstocken. Bei dieser Gelegenheit wurde an die südwestliche Giebelseite des Schul- und Wohntrakts ein neues Ritualbad angebaut. Zwei Jahre später erhellte die Synagoge erstmals elektrisches Licht. Am 10. November 1938 wurde bei dem zweiten Pogrom in Frankenwinheim die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Sämtliche Fensterscheiben wurden eingeschlagen. Intakt blieben nur die Außen- und Innenmauern. Nach der Beschlagnahmung der Synagoge durch die Dorfgemeinde ging das Gebäude wie auch das Lehrerhaus am 4. Juli 1939 an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland über.
Nachdem Privatleute die Synagoge von der JRSO erworben hatten, sollte das Gebäude zum Wohnhaus umgebaut werden. Bis zum Umbau vergingen mehrere Jahrzehnte. In den Jahren 1991 und 1992 ließen die neuen Eigentümer bei ihrem Umbau die Außenmauern, die Fenster und auch die Toranische unverändert.
(Stefan W. Römmelt)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Judengasse 6, 97447 Frankenwinheim
Literatur
- Cornelia Berger-Dittscheid: Frankenwinheim. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1297-1325.
- Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.) / Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.): Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg in Kooperation mit dem Team des Synagogen-Gedenkbands Bayern und dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. München 2021 (= Staatliche Archive Bayerns - Kleine Ausstellungen 68), S. 51-53 u. 102-104.
- Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 204.