Jüdisches Leben
in Bayern

Dormitz Synagoge

Das genaue Baujahr des Synagoge in Dormitz ist nicht bekannt. Ein erster Bauplan soll schon 1740 vorgelegen haben, aber als Randnotiz wurde später im Grundsteuerkataster angemerkt, dass die Gemeinde erst 1766 das Grundstück als Schenkung erhalten habe. Da nach einem Gesuch von 1824 das Alter der Synagoge mit ungefähr 60 Jahren angegeben wurde, ist die Bauzeit wohl in die 1760er-Jahre zu datieren. Die kleine Synagoge befand sich in zweiter Reihe parallel zur Straße, als Hinterhaus des Anwesens Nr. 32 (heute Hauptstraße 18). Das Gebäude war ein massiv ausgeführter Sandsteinbau mit einem Walmdach.

Die Synagoge wurde im Rokokostil ausgestaltet, entsprechende Stuckresten fanden sich später an Decke und Wänden. Zwei Wappenkartuschen mit dem Fränkischen Rechen und den bayerischen Rauten wurden wohl im 19. Jahrhundert über dem Misrachfenster ergänzt. In unmittelbarer Nähe befand sich eine Mikwe, von der noch das Gebäude erhalten ist (Hauptstr. 16). Aufgrund seiner Lage inmitten eines Bauerndorfes ergab sich 1897 ein "unwürtdiger Zustand", da sich hinter der Synagoge ein Misthaufen und ein Abort befand und der Besitzer auch nach dem Angebot einer Kostenübernahme durch die jüdische Gemeinde nicht bereit war, die Situation zu verbessern.

Nach der Eingliederung von Dormitz in die Gemeinde Erlangen wurde das Synagogengebäude im Jahr 1919 an einen christlichen Privatmann verkauft. Eine Nachkomme fand in den 1980er-Jahren auf dem Dachboden eine Genisa mit liturgischen Schriften, darunter einen Talmudtraktat von 1589 und chassidische Tageskalender. Das Synagogengebäude selbst wurde erst im Jahr 2002 abgebrochen.

Ein Siddur (hebr. Gebetbuch) aus dem späten 16. Jahrhundert wurde im Sommer 1986 von Prof. Klaus Guth in der Genisa auf dem Dachboden des Synagogengebäudes gefunden. Wegen ihrer großen kulturellen und historischen Bedeutung wurde die stark nachgedunkelte und beschädigte Handschrift vom Freistaat Bayern angekauft und an der Bayerischen Staatsbibliothek München mit großem Aufwand restauriert. Sie befindet sich heute als "Bamberger Siddur" in der Staatsbibliothek Bamberg (Msc.Add.43).

Die Handschrift wurde in aschkenasischer Masketschrift auf Pergament aus Ziegenhaut geschrieben. Sie beruht auf den Schriften der großen jüdischen Gelehrten Meir ben Isaak (Worms, gest. 1196), Moses Maimonides (Spanien, um 1136-1204), Samson ben Samson (Frankreich, aktiv um 1210) und Jerocham ben Meschullam (Frankreich, 1290-1350). Der originale Einband fehlte, wurde aber bei der Restaurierung nach historischen Vorbildern rekonstruiert (mit Ziegenleder bespannte Holzdeckel, Buchschließe). Die ornamentale Ausstattung ist zurückhaltend; die großzügige Verwendung von roter Schrift, großen Initialen oder größerer Schmuckfelder für ganze Initialwörter betont dennoch die religiöse Bedeutung der Handschrift.


(Patrick Charell)

Literatur

  • Hans Striedl / Staatsbibliothek Bamberg (Hg.): Der "Bamberger Siddur"(Msc.add.43 der Staatsbibliothek Bamberg). Bamberg 1993.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 216f.
  • Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942). Ein historischtopographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 139-141.