Das Wachstum der Gemeinde dürfte dazu beigetragen haben, dass die Juden 1780 den Erwerb eines direkt an der westlichen Stadtmauer gelegenen Bürgerhauses in Angriff nahmen, um dort wohl auch einen Schulraum und möglicherweise auch die Wohnung des Vorsängers und Lehrers einzurichten. Der tatsächliche Erwerb des Doppelhauses in der Spitalgasse ist allerdings erst für das Jahr 1787 im Güterwechselbuch nachgewiesen. Laut einem Bericht aus dem Jahr 1817 waren der Unterrichtsraum der Schule im Erdgeschoss und die Synagoge wahrscheinlich im ersten Stock des Gebäudes untergebracht (Häfnermarkt 4).
1825 verkaufte die Gemeinde den Keller des Synagogengebäudes an Beritz Wiesengrund, während Synagoge und Schule am alten Platz verblieben. Dort befand sich auch die Lehrerwohnung, zu der zwei beheizbare Zimmer, zwei Nebenzimmer, eine große Küche und ein kleiner Garten gehörten. Das Wachstum der Gemeinde in den folgenden Jahrzehnten gab wohl den Ausschlag für das Projekt eines Synagogenneubaus. Nachdem die jüdische Gemeinde 1853 drei Häuser auf der rechten Seite des Dettelbachs erworben und 1858 bei der Regierung einen Bauplan für den auf dem Grundstück geplanten Neubau der Synagoge eingereicht hatte, genehmigte die Regierung im August den Bauplan. Zum "Multifunktionsgebäude" gehörten auch die Schule und die Lehrerwohnung.
Die feierliche Einweihung des Neubaus nahm am 18. September 1862 der Würzburger Distriktsrabbiner Seligmann Bär Bamberger vor. In seiner Einweihungspredigt wies der Gründer der Würzburger Neoorthodoxie auf den "wahren Zweck der Gotteshäuser" hin, "die Erkenntnis und unbegrenzte Verehrung des Herrn, aufrichtige Liebe zu allen Menschen ohne Ausnahme immer mehr zu beleben und zu bekräftigen". An dem feierlichen Akt nahmen auch die Honoratioren des Ortes und zahlreiche christliche Einwohner teil. Das neue, unweit von Marktplatz und Rathaus gelegene Synagoge war rund zwölf Meter breit und rund 17 Meter lang. Auf die Sonderstellung des Gebäudes verwiesen die streng symmetrische Fassade des fünfachsigen Gebäudes und die ägyptisierenden Formen der nach innen geneigten Fensterwand. Das Vorbild für das Dettelbacher Mehrzweckgebäude gab wohl die 1841 eröffnete Würzburger Hauptsynagoge ab, die allerdings als reine Synagoge konzipiert war. Im Süden des Gebäudes waren das Schulzimmer und die vier Zimmer umfassende Lehrerwohnung untergebracht, zu der auch ein Keller mit einer Mikwe gehörte. Die rund elf Meter lange und sieben Meter breite Synagoge lag im Norden des Multifunktionsgebäudes. Je vier Fenster auf den beiden Schmalseiten erleuchteten den Betsaal der Männer, an dessen Ostseite ein Toraschrein im neo-ägyptischen Stil stand. Drei Seiten des Raums nahm die auf vier schlanken Säulen mit Palmettenkapitellen ruhende, vom Obergeschoss des Schul- und Wohnbereichs zugängliche Frauenempore ein.
1908 wurden die Lehrerwohnung und das rund 26 Quadratmeter große und rund vier Meter hohe Schulzimmer renoviert, in dem 16 Schulkinder Platz fanden. Rund 40 Jahre nach der Einweihung der Synagoge plante die Gemeinde wohl, auch den Betsaal zu erneuern. Der 1910 angefertigte Kostenvoranschlag des Würzburger Malermeisters Huber sah unter anderem eine vom Jugendstil geprägte, in hellen Grün- und Gelbtönen gehaltene Ausmalung mit "friesähnlichen Verzierungen an Decken und Wänden", die Anbringung von Goldleisten an der Emporenbrüstung und "vergoldete Löwen in Gyps mit Tafeln und Sockel" vor. Aufgrund fehlender Quellen ließ sich bisher noch nicht klären, ob die Pläne tatsächlich umgesetzt wurden. Ende der 1920er Jahre erfasste der Kunsthistoriker Theodor Harburger (1887-1949) im Auftrag des Verbands Bayerischer Israelitischer Gemeinden die Ritualien der Synagoge.
Bereits 1934 hatte der Marktbreiter Hauptlehrer Simon Brückheimer im Auftrag des Verbands Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern einen Teil des Inventars der Gemeinde, darunter Gebetbücher, Schofarhörner und Wimpel, nach München geschickt. Die Bücher und Ritualien blieben bisher spurlos verschwunden.
Am 10. November 1938 konnte die örtliche Feuerwehr verhindern, dass die Synagoge wie geplant in Brand gesetzt wurde. Um den Vollzug des Befehls, die Synagoge oder ihre Inneneinrichtung zu verbrennen, melden zu können, zündete laut dem Chronisten Karl Kleinhenz der Dettelbacher Bürgermeister einen Toravorhang an. Das Inventar der Synagoge, zu dem Torarollen und Toraschmuck gehörten, verschwand größtenteils spurlos.
Vier Tage nach dem schlecht dokumentierten Pogrom schlossen Hirsch Steinmann, der Vorsteher der jüdischen Kultusgemeinde Dettelbach, und der Dettelbacher Bürgermeister Rechtfertig am 14. November einen Vertrag über die unentgeltliche Überlassung der Synagoge mit Schule und Lehrerwohnung an die Stadt. Wohl um der absehbaren und tatsächlich 1939 erfolgten Kassierung des Vertrags durch das Bezirksamt Kitzingen vorzukommen, schlossen Kultusgemeinde und Stadt knapp einen Monat später einen Aufhebungsvertrag und einen neuen Kaufvertrag.
Bis zur formalen Genehmigung des Verkaufs durch das Kitzinger Landratsamt am 3. Dezember 1940 verging ein Jahr. In der Zwischenzeit schuf die Stadt bereits Fakten und begann im März 1939 mit dem Umbau der ehemaligen Synagoge, in der vier Schulsäle eingerichtet wurden. Damit hatte sich ein wesentlich kostspieligerer Neubau der Schule erledigt.
Zum Schicksal der Dettelbacher Torarollen liegen widersprüchliche Aussagen vor: Während der Dettelbacher Bürgermeister Georg Graber 1959 berichtete, die Torarollen hätten zuerst auf dem Dachboden des Rathauses gelagert und seien dort 1946 von nicht identifizierten Juden abgeholt worden, hätten laut einer Aussage der jüdischen Dettelbacherin Edda Wogelt die Ordensfrauen des Dettelbacher Bürgerspitals die Torarollen verwahrt, da sie auf dem Dachboden des Rathauses von Tauben verschmutzt worden seien. Nachdem die Synagoge in das Eigentum der JRSO übergegangen war, kaufte die Stadt das Gebäude für rund 26.000 Reichsmark zurück und nutzte die vier Klassenzimmer des als "Bachschule" bekannten Gebäudes für die Dettelbacher Volksschule. Die in Einzelschritten erfolgende Errichtung einer neuen Volksschule in den 1950er und 1960er Jahren machte schließlich die "Bachschule" 1962 überflüssig. Entweder 1962 oder 1963 wurde die ehemalige Synagoge niedergelegt. Eine Dokumentierung des Baubestands wurde dabei jedoch nicht vorgenommen. Heute steht dort eine Bankfiliale an der eine in den 1980er Jahren angebrachte Tafel an die Synagoge erinnert.
(Stefan W. Römmelt)
Literatur
- Hans Schlumberger / Cornelia Berger-Dittscheid: Dettelbach mit Bibergau. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 955-976.
- Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 161.