Jüdisches Leben
in Bayern

Altenstadt-Illereichen Synagoge

In einem Schutzbrief aus dem Jahr 1719 gewährten die Reichsgrafen von Limburg-Styrum ihren Schutzjuden die Errichtung einer Synagoge. Der Bau wurde 1722 genehmigt und das benötigte Bauholz kostenlos zugeteilt. Auf dem zugewiesenen Grundstück (Nr. 1202, Memminger Str. 47) entstand auf rechteckigem Grundriss ein stattlicher Saalbau mit Rundbogenfenstern und Muldengewölbe, das sich deutlich von der übrigen Bebauung abhob und mit seiner Exklusivität, die den Protest von Amtsträgern der katholischen Kirche hervorrief, die Bedeutung der Altenstädter Kultusgemeinde zum Ausdruck brachte.

Trotz eines Umbaus in der Mitte des 18. Jahrhunderts bot das Gotteshaus auf Dauer nicht mehr genügend Platz für die stark angewachsene Kultusgemeinde. Nachdem 1798 der Entschluss für einen Neubau gefallen war, wurde die alte, in Holzbauweise errichtete Synagoge 1802 abgerissen und bis 1803 durch einen Steinbau ersetzt. Baumeister Johann Nepomuk Salzgeber schuf ein sehr repräsentatives Gotteshaus: Der rechteckige, von einem hohen Mansardwalmdach bekrönte Bau überragte die benachbarten Wohnhäuser und stand völlig frei auf einem kleinen Platz an der Hauptstraße. Die aufwendigen Architekturteile, die sein Äußeres gliederten, standen in der Tradition des schwäbisch-spätbarocken Kirchenbaus. Im Inneren dominierten klassizistische Dekorationsformen. Man hat diesen Bau später als die „monumentalste Dorfsynagoge, die überhaupt gebaut worden [ist]“ bezeichnet. Bei einer Restaurierung im Jahr 1867 wurde die Ausstattung und Ausmalung des Betraumes erneuert.

Das 100jährige Bestehen der Synagoge war Anlass für eine weitere umfangreiche Renovierung des Gebäudes. Nach deren Abschluss feierten Juden und Christen 1902 gemeinsam das Jubiläum. Der in der Folgezeit wieder aufflammende Antisemitismus führte dazu, dass im März 1922 die bemalten Fenster der Synagoge eingeworfen wurden.

Während der Ereignisse der Reichspogromnacht 1938 warfen SS-Leute aus Vöhringen die Fenster der Synagoge ein, sprengten die Tür auf, zerstörten die Einrichtung und verbrannten anschließend Torarollen und Gebetbücher. Von der Absicht, auch das Gebäude anzuzünden, brachte man sie mit dem Hinweis auf die Gefahr für die Nachbarhäuser, ab. Später in der Nacht gab es doch noch Feuer in der Synagoge, das jedoch gelöst werden konnte. Das Gotteshaus ging im Sommer 1939 in den Besitz der politischen Gemeinde Illereichen-Altenstadt über.

1950 wurde das mittlerweile stark sanierungsbedürftige Gebäude der Jewish Restitution Successor Organization übergeben. Obwohl es das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege zunächst unter Denkmalschutz stellte, willigte die Behörde wenig später in einen Umbau ein und genehmigte schließlich 1951 sogar den Abbruch des Gebäudes, der vier Jahre später vollzogen wurde. Heute befindet sich auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus. Seit 1984 erinnert eine Gedenktafel an die einstige Synagoge, die hier stand. 1998 wurden Steinsäulen und eine Informationsstele aufgestellt, die ihren Grundriss markieren. Daneben ist der "Hermann-Rose-Platz" dem Heimatforscher und Schullehrer Hermann Rose (1870-1936) gewidmet.


(Christine Riedl-Valder)

Literatur

  • Benigna Schönhagen (Hg.): "Ma tovu ... Wie schön sind deine Zelte, Jakob ...". Synagogen in Schwaben. München 2014, S. 40f. u. 69-75.
  • Angela Hager / Cornelia Berger-Dittscheid: Altenstadt. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg i. Allgäu 2007, S. 387-396.
  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 2. Fürth 1998, S. 6-9.
  • Hermann Rose: Geschichtliches der Israelitischen Kultusgemeinde Altenstadt. Altenstadt 1931.