Jüdisches Leben
in Bayern

Altenschönbach Synagoge

Eine Synagoge in Altenschönbach ist erstmals für das Jahr 1728 in einem Bericht des Crailsheimer Amtmann Georg Michael Stetter an den Dorfherrn erwähnt. Für die nicht sicher lokalisierbare Synagoge, die mit der Schule in einem von der Herrschaft zur Verfügung gestellten Gebäude untergebracht war, hatte die jüdische Gemeinde einen Mietzins zu entrichten. Nicht erhalten sind ein Protokollbuch aus dem Jahr 1778 und ein einst in der Synagoge verwahrtes Memorbuch von 1795. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besaß die jüdische Gemeinde Altenschönbach laut einem Bericht des Landgerichts Gerolzhofen von 1829 im Ort selbst und im unweit entfernten Kirchschönbach zwei Mikwaot.

1838 plante die jüdische Gemeinde den Neubau der Synagoge, in die auch das Schulhaus integriert war. Nachdem die Kreisregierung die Baupläne und Finanzierungskonzepte geprüft hatte und dank eines Vermächtnisses des 1837 verstorbenen Hayum Singer auch die Finanzierung des Neubaus gesichert war, wurde der Plan für Schul- und Synagogengebäude nach München geschickt.

Dort wurde er König Ludwig I. vorgelegt, der Ende 1838 schließlich einen von dem "Königlichen Baukunst-Ausschuss" geänderten und in der Ausführung wesentlich teureren Entwurf genehmigte. Da die jüdische Gemeinde in Altenschönbach die zu erwartenden Mehrkosten nicht aufbringen konnte, wurde der überarbeitete, kostengünstigere Bauplan ebenfalls nach München gesandt und im Sommer 1841 vom König genehmigt. 

Mit einer Verzögerung von rund drei Jahren begannen dann unverzüglich die Bauarbeiten an dem auf einem querrechteckigen, rund 19 Meter langen und acht Meter breiten Grundriss errichteten, mit einem Walmdach gedeckten Gebäude.

Die acht symmetrisch angelegten Fensterachsen der Längsseite täuschen darüber hinweg, dass das Gebäude aus zwei Teilen mit unterschiedlichen Funktionen bestand: Während sich der Betsaal auf der Ostseite befand, waren in der westlichen Gebäudehälfte Schule und Lehrerwohnung untergebracht.

Bereits nach einem Jahr war der Bau im Juni 1842 so weit vorangeschritten, dass Ludwig I. Vorschläge für die Farbgestaltung des am nördlichen Dorfrand gelegenen Multifunktionsgebäudes unterbreitet wurden. Die Fassade sollte gemäß königlichem Willen einen Anstrich in der Farbe des verwendeten Bausteins erhalten. Auf Steinsichtigkeit waren nur der Gebäudesockel, die Gebäudekanten, die Tür- und Fenstergewände und das Kranzgesims angelegt, die auf die herausgehobene religiöse Funktion und staatliche Unterstützung des Gebäudes verwiesen. Die Gestaltung der Fenster im ägyptischen Stil findet sich auch bei der einige Jahre zuvor von Friedrich von Gärtner geplanten Würzburger Hauptsynagoge. 1890 wurde die Decke der Synagoge renoviert, als sich Risse in der Decke gezeigt hatten.

Nach dem Novemberpogrom 1938 verwüsteten SS-Männer, die zuvor andere Synagogen im Kitzinger Raum demoliert hatten, auch die Altenschönbacher Synagoge. Auch die Dorfjugend beteiligte sich an der Zerstörung der Synagoge. Liturgische Bücher und Paramente wurden in einem angrenzenden Garten verbrannt. Im Dezember 1938 beschlagnahmte das Bezirksamt unter anderem zwei Toraschilder aus der Altenschönbacher Synagoge. Ende der 1940er Jahre fand vor dem Landgericht Würzburg ein Prozess wegen der Zerstörung der Kitzinger Synagoge statt, bei dem auch die Demolierung der Synagoge in Altenschönbach verhandelt wurde. Bei einem vor dem Landgericht Schweinfurt geführten Prozess wurde im Mai 1950 eine Person wegen ihrer Beteiligung an der Zerstörung der Altenschönbacher Synagoge zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Nach Kriegsende ging die Synagoge in Privatbesitz über. In den 1950er Jahren zog der Besitzer im ehemaligen Betsaal eine Zwischendecke ein. Das Erdgeschoss nutzten die Altenschönbacher als Kühlraum. Seit 2002 lagert eine 1988/1989 auf dem Dachboden der ehemaligen Synagoge entdeckte Genisa im Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim, wo sie systematisch erschlossen wird. 


(Stefan W. Römmelt)

Adresse / Wegbeschreibung

Lochmühlstraße 110, 97357 Prichsenstadt

Literatur

  • Johannes Sander: Altenschönbach. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 935-954.