Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts versammelte sich die jüdische Gemeinde in einem privaten Betsaal. 1710/1711 wurde die barocke Aidhausener Synagoge auf dem Grund der Würzburger Ortsherrschaft erbaut, direkt an der Hauptstraße des Dorfes. 1787 kam es zu einem Streit zwischen den Würzburger und ritterschaftlichen Schutzjuden um die Aufsicht über die Synagoge, den letztere für sich entscheiden konnten. Das hinter einer Scheune verborgene Fachwerkgebäude war rund 7 x 8 m groß. Im Männerbetsaal flankierte eine Fensteröffnung rechts und links den Thoraschrein. Kleine Fenster sorgten für die Belichtung der Nord- und Südseite der Synagoge. Die Frauen folgten dem Gottesdienst von einer Galerie aus. Ein vergleichbares Gebäude, das ebenfalls mit einer Scheune einen Baukomplex bildete, fand sich in Kitzingen.
1863 war die barocke Synagoge laut einem Bericht des Oberlauringer Maurermeisters Kaspar Büschelberger so baufällig, dass er sich für einen Neubau auf dem Grund der bisherigen Synagoge und der angrenzenden Scheune aussprach. Nach mehrjähriger Diskussion über die von Büschelberger und dem Kreisbauinspektor Bernard Mack vorgelegten Pläne entschied sich die Gemeinde 1867 für den Entwurf Büschelberger von 1863 und die Verbindung von Synagoge und Scheune in einem massiven Steingebäude. Das zweigeschossige, von einem Satteldach bekrönte Gebäude wurde auf einem Grundriss von rund 14 auf zehn Metern errichtet. Auf die Funktion als Gotteshaus wiesen an der westlichen Giebelseite die Zitate antiker Tempelfronten wie Akroterien mit Akanthuslaub und Palmetten hin. Der Sockel und die Fenster- und Türrahmen, die als Gliederungselemente dienten, waren aus dunkelgrauem fränkischem Sandstein gefertigt und hoben sich von der hell verputzten Wand ab. Zugänglich war das Gotteshaus über zwei Türen, die das Erdgeschoss und eine Vorraum von Süden erschlossen. Vom Vorraum betraten die männlichen Gottesdienstbesucher den rund sieben Meter langen und rund acht Meter breiten, von einer Flachdecke abgeschlossenen Betsaal. Der architektonische Rahmen für den in die Wand eingelassenen Thoraschrein bestand aus einem massiven steinernen Aufbau aus je drei Säulen links und rechts, die einen Fries und ein von orientalisierenden Zinnen bekränztes Gebälk trugen. An den Längswänden bis zur Raummitte verlief die Frauenempore, die auf vier Holzsäulen mit Posamenten ruhte. Über den Standort der Bima kam es 1868 zu einer Auseinandersetzung zwischen Bezirksrabbiner Adler und der jüdischen Kultusgemeinde. Schließlich griff das Bezirksamt ein und ordnete im Sinne des Rabbiners an, die Bima in der Mitte des Betsaals aufzustellen. Nachdem sich der Hofheimer Maurermeister Valentin Brehm und die Kultusgemeinde über finanzielle Nachforderungen Brehms geeinigt hatten, wurde die neue Synagoge 1869 eingeweiht.
Im Rahmen des Novemberpogroms 1938 wurden auch die Inneinrichtung und die Ritualien der Aidhausener Synagoge unter Anleitung von Schweinfurter SA-Leuten geschändet und zerstört. 1942 erwarb die Gemeinde Aidhausen das 1940 als Lager für Kunstdünger genutzte Gotteshaus.
Nach Abschluss des Restitutionsprozesses übernahm der Aidhausener Installateur- und Spenglermeister Adam Schmitt die zuvor als Stall genutzte Synagoge von der JRSO. Fünf Jahre später einigten sich die JRSO als Rechtsnachfolgerin der jüdischen Kultusgemeinde und die Gemeinde Aidhausen auf die Rückerstattung der eingenommenen Nutzungserträge. Das Obergeschoss der Synagoge, deren Erdgeschoss bereits vor 1953 zu einer Werkstatt umfunktioniert worden war, baute der Aidhausener Maurermeister Reinhold Then bis 1963 zu einer Wohnung um. Das Gebäude steht noch heute, die repräsentative Straßenfassade sowie Teile der Sakralfenster und Türstöcke sind erhalten.
(Stefan W. Römmelt)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Frankenstraße 30, 97491 Aidhausen
Literatur
- Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.) / Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.): Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg in Kooperation mit dem Team des Synagogen-Gedenkbands Bayern und dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. München 2021 (= Staatliche Archive Bayerns - Kleine Ausstellungen 68), S. 71-73.
- Axel Töllner / Cornelia Berger-Dittscheid: Aidhausen. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 411-423.