"Artikel und Ordnung so durch Josell juden von Rossheim gemeiner jüdischer regierer aufgericht und beschlossen worden, gehalten im reichstag zu Augspurgk" [Takkanot], 17. November 1530. Durch Joselin mit eigener Hand beglaubigte Abschrift. Archives de Strasbourg, III 174, 19.
Vorbemerkung
Der Reichstag zu Augsburg im Jahre 1530 versuchte in erster Linie einen Ausgleich zwischen Katholiken und Reformierten herzustellen. Das zweite große Thema war die wachsende "Türkengefahr" durch die Osmanen auf dem Balkan. Parallel dazu hielt die Reichsjudenschaft am selben Ort eine Synode ab. Unter dem Vorsitz ihres Sprechers, dem Elsässer Landesvorstand Josel von Rosheim (ca. 1478-1554) kamen Rabbiner, Gemeindevorsteher oder ihrer Vertreter aus allen Teilen des Reiches zusammen.
Wohl unter dem Eindruck der Zwölf Artikel der Schwäbischen Bauernschaft (Memmingen 1525) und anderer vergleichbarer Forderungen im Bauernkrieg 1524/25 arbeiteten sie einen Gesetzentwurf aus, der zehn Artikel über Handel und Wandel der Juden mit Christen enthielt. Diese sollten in erster Linie die erneut aufkommenden Vorwürfe des Wucherhandels entkräften, in dem sie strenge Regeln für den Kredithandel festlegte. Gleichzeitig sollten die christlichen Fürsten des Reiches die eigenständigen jüdischen Rabbinatsgerichte stärker in ihre Prozessordnung einbeziehen, damit nach Möglichkeit Juden direkt über Juden richten konnten.
Am 17. November 1530 trug Josel von Rosheim in einer feierlichen, öffentlichen Sitzung diese zehn "Artikel und Ordnung" (hebr. Takkanot) den versammelten Reichsständen vor. Das unterzeichnete und gesiegelte Schriftstück befindet sich bei den Reichsakten, geschrieben von Balthasar Maller, dem Sekretär des Augsburger Fürstbischofs Christoph von Stadion (reg. 1517-1543).
Beglaubigte Abschriften gingen an die größeren Zentren des Reiches. Der Takkanot wurde so zur Grundlage der "Scharfen Mandate", also der strafbewehrten Gesetze, die nach 1530 in fast allen Fürstentümern des Heiligen Römischen Reiches erlassen wurden. Allerdings wurden die einzelnen Bestimmungen dieser freiwilligen jüdischen Selbstverpflichtung sehr oft als Bestrafung fehlinterpretiert.
- Art. 1: Der versteckte Wucherzuschlag beim Verkauf von Waren ist verboten.
- Art. 2: Zinsen auf kurzfristige Kredite (Quartal oder halbes Jahr) sind unzulässig.
- Art. 3: Säumige Schuldner können nur in Ausnahmefällen bei auswärtigen Gerichten verklagt werden.
- Art. 4: Jede Art von Hehlerei ist verboten.
- Art. 5: Geschäfte mit Kindern oder Dienstboten sind verboten.
- Art. 6: Vererbte Schulden werden nur mit Zustimmung der Vorsteher (hebr. Barnossim) eingeklagt.
- Art. 7: Juden, die sich ihren Gläubigern durch Flucht entziehen wollen, droht der "höchste Bann" (Ausschluss aus der Gemeinde und religiöse Verdammung).
- Art. 8: Die Barnossim sollen auch Klagen von Christen gegen Juden gleichberechtigt verhandeln.
- Art. 9: Jedes unredliche Verhalten gegenüber Christen wird den Barnossim zur Anzeige gebracht.
- Art. 10: Die Barnossim sind verpflichtet, gegen jeden "ungebührlichen, unziemlichen Handel" streng einzuschreiten, selbst wenn der oder die Geschädigten gar nicht vor Ort sind.
Quellentext
Durchlauchtigste, hochgeborene, wohlgeborene, ehrwürdige, gestrenge, edle, feste [d.h. unüberwindliche], ehrsame, als alle meine gnädige Herren! Eueren Durchlauchten und fürstlichen Gnaden und allen anderen meinen gnädigen und wohlwollenden Herren sei zunächst mein untertäniger, gehorsamer, williger Diensteifer allzeit versichert ["sei ... zu voran alzeit berait"]. Ihr gnädigen Herren und Stände des Heiligen Reiches! Mir als Verwalter ["regierer"] der allgemeinen Judenheit [d.h. der Judenschaft, im Folgenden wird dieser Begriff verwendet] wurde unter anderem gnädiglich angezeigt, wie sich etliche der Juden im Heiligen Reich, auch in den Fürstentümern und Landschaften, auf vielerlei Weise so verhalten, dass [es den Fürsten] und ihren Untertanen unbilligerweise zu Schaden und Nachteil gereicht. Und weil die Judenschaft keinen ernsthaften Einfluss auf sie ausüben, und daher jenes Tun weder verhindern noch aufhalten kann, mussten Ihro Gnaden vereint oder gesondert strenge und treffliche Maßnahmen selbst einsehen [d.h. ersinnen] und einen Weg finden, damit der Schaden jener erwähnten Juden für die Untertanen Ihrer Gnaden nicht eine gar zu große Beschwernis würde. [Es gab auch] weitere mündliche und schriftliche Klagen. Gehorsamst habe ich darauf hin [den Vertretern] der Judenschaft allenthalben geschrieben und ihnen solcherart die Beschwerden und Klagen zu Wissen getan, wie ich sie gehört habe, mit meinem ernstlichen Begehr, dass sie samt und sonders selbst [d.h. die Vorstände] oder durch ihre bevollmächtigten Anwälte zu mir gen Augsburg im Reichstag erscheinen sollen. Da sie nun gehorsamst aus vielen Orten und Enden ihre Gesandten und Bevollmächtigten ["gewalthaber"] geschickt haben, konnte ich mit ihnen im Namen der Judenschaft eine geziemende und ehrbare Ordnung und Satzung für die angedachten jüdischen Gemeindein in Städten, den Märkten und Dörfern entscheiden und aufsetzen, wie hiernach folget item:
Zum Ersten: Wo ein Jude oder Jüdin einem Christen etwas auf Kredit verkauft ["aincherlai zu borg zu koffen gibt"], soll er keinen versteckten Wucher [d.h. überhöhten Zins] auf den Kaufpreis schlagen, um damit den Käufer zu übervorteilen ["ubersetzen"] und zu betrügen, sondern nach geziemender Billigkeit: Wenn er auch ein Jahr und einen Tag auf [die Rückzahlung] warten muss, soll ihm bis dahin kein Zins oder Wucher zukommen. Und welcher Jude solches übertritt, und dem zuständigen Barnos [hebr. Gemeindevorstand, pl. Barnossim] dieses angezeigt und vorgebracht wird, sollen dieselben Barnossim ernstlich den selbigen strafen, nämlich [mit] 3 Goldgulden, 2 Gulden der Obrigkeit seiner Wohnstätte ["oberkeit da der jud gesessen ist"], und den dritten Gulden für die Barnossim, und er soll den festgestellten Gesamtbetrag zurückzahlen ["widerkören und bezallen"].
Zum andern: Wenn ein Jude oder Jüdin einem Christen eine kleine ["litzel"] oder große Summe auf Zins verleiht, soll er das doch für einen geziemenden Zins [auch hier: "wucher"] nach [dem] Vermögen und laut unseren kaiserlichen und löblich überlieferten Freiheiten und Gnaden tun, und nicht gleich vierteljährlich oder alle halbe Jahr einen Zins verlangen, noch den Zins auf die Gesamtsumme aufschlagen, sondern sich nach der alten Gewohnheit [d.h. an das überlieferte mittelalterliche Gewohnheitsrecht] halten. Damit wird der Arme nicht ausgebeutet, und einer bei dem anderen kann sich jeweils seinen Lebensunterhalt ["sein leibnisnarung"] verdienen und ernähren, ohne aller zusätzlicher Auf- und Belastung. Wo aber einer oder mehrere [Juden] solches übertreten, und überführt werden, sollen sie vor den erwähnten Barnossim ihrer Orte daselbst nach Gestalt der Sachen [d.h. dem Sachverhalt] einer Strafe verfallen sein, wie anfänglich [in Artikel 1] angezeigt.
Zum dritten: Wenn der Schuldner eines Juden oder Jüdin seine Schuld zu den festgelegten Fristen und Jahren nicht bezahlt haben mag, soll dieser ihn nicht vor fremden Gerichten belangen ["mit auslendischen gerichten furnehmen], sondern im Wohnort des Schuldners vor dem zuständigen Amtmann oder Schultheiß sein Recht einfordern und dieses gütlich erlangen, damit [jene Amtspersonen] es veranlassen binnen Monatsfrist, das obengenannter Jude bezahlt werden möge, oder ihm sonst sein Willen erfüllt wird. Wo aber keine Einigung hergestellt wird ["solichem juden nit deuchen möcht"], wodurch der Jude gezwungen ist, ausländisches Recht zu suchen, so soll er doch keine ungebührlichen Kosten und Schaden wider die erwähnten Schuldner einfordern, sondern was die Notwendigkeit ["Notdurft"] und Billigkeit erfordern; und wo solches nicht eingehalten wird, sollen die für den überführten Juden und Jüdin zuständigen Barnossim dieses abstellen und strafen, wie es vorangezeigt ist.
Zum vierten: Wo ein Jude oder Jüdin Geld auf ein Pfand verleiht, soll er kein verdächtiges Pfand beleihen oder kaufen. So er das irrtümlich getan hat, soll er doch fortan in keiner Weise mit denselben räuberischen oder diebischen Personen kaufen, leihen noch handeln. Und wo er solches übertritt und mit zwielichtigen ["argwenischen lautparen"] Personen handelt, ihnen Waren abkauft oder Geld leiht, und es sich zeigt, dass es geraubtes oder gestohlenes Gut sei, soll es der Jude oder Jüdin unverzüglich [und] ohne alle Abgeltung zurückerstatten. Und desgleichen wenn einer ein Pferde, eine Kuh oder ein Schaf, und sich auf Jahr und Tag herausstellt, dass dieses gestohlen war oder geraubt, dann soll der Jude dem Beschädigten auf jedem Fall solches auch kostenfrei zurückerstatten; und falls er es schon vertauscht oder verkauft hat, soll er dem Beschädigten das Geld dafür geben, und eine nämliche Strafzahlung ["pen", von lat. poena = Strafe] von 6 Goldgulden, 4 der Obrigkeit, wo er sesshaft ist, und 2 den Barnossim, die dann ohne Gewähr und Arglist die Sachlage untersuchen sollen ["die dan das nach furtrag clag und antwort nach gestalt der sachen zu erkennen macht haben un all gever und list"].
Zum fünften: Es soll auch kein Jude oder Jüdin keinem ledigen Bürgers Sohn oder Tochter, Knaben, Knechten oder Mägden einerlei was abkaufen oder ihnen Geld leihen ["gelt zuleuchen"], ohne das Wissen Ihres Herrn Vater oder Mutter. Und wo solches geschieht, soll dem Juden von seinem Geld nichts erstattet werden, und der Barnos soll ihm eine wie oben angezeigte Strafzahlung auferlegen.
Zum sechsten: Wo es sich zuträgt, dass eine verstorbene Person ["abgestorbne person"] mit oder ohne Wechselbrief ["verschreibungbrueff"] einem Juden oder Jüdin verpflichtet war, wenn das [der Fall] ist, und [einerlei] ob die Erben aufgrund seines Vornehmens [d.h. Entschlusses] davon Kenntnis haben oder nicht, so soll der erwähnte Jude oder Jüdin mit keinerlei Rechtsmitteln, weder vor geistlichen noch weltlichen Gerichten, erwähnte Erben bedrängen oder bekümmern. Sondern [die Barnossim] sollen sorgfältig die Sachlage prüfen ["sollent darnach gestalt der sachen wahrhaftig besichtigen und verhorn"], und was sie dann heißen [d.h. anordnen], ob er vor ein weltliches oder geistliches Gericht gehen, oder gar Abstand von seinem vermeintlichen Anspruch nehmen möge, dem soll der Jude oder die Jüdin gehorsam nachkommen. Und wo einer oder mehrere gefunden werden, die – so wurde berichtet – nach dem Tode [des Schuldners] von Erben oder Witwen ohne Wissen der zuständigen Barnossim ihre Schulden unter Zwang einziehen, soll der Jude oder die Jüdin als Strafe 12 Goldgulden geben, 8 seiner Herrschaft und 4 den erwähnten Barnossim. Da Witwen durch den Verlust ihres Ehegatten besonders beschwert sind, sollen sie dieselbe Summe von Gerichts wegen erhalten, wenn sie den vorgenannten Barnossim das Urteil oder die Rechnung vorlegen. Und nach Klage und Verhör beider Prozessparteien ["beider theil"] soll der Fall vor das Urteil der vorgenannten Barnossim gestellt werden, dieweil er [d.h. der angeklagte Jude] zu Anfang seinem Barnos das Geschäft nicht angezeigt hat.
Zum siebenden: Wenn ein Jude oder eine Jüdin von Christen Geld, Waren oder Pfandwerte leiht, und dann sogleich mit böser Absicht ["betunglicher weis"] das Land verlässt, um [seinen Geschäftspartner] zu betrügen, und solches von dem Beschädigten an Eides statt beklagt und angezeigt wurde, sollen die genannten Barnossim des Ortes, da solches geschehen, dieselben Juden oder Jüdinnen in unseren höchsten [religiösen] Bann und Verdammung ausrufen, und als Verachteten in die Gemeindebücher einschreiben, ausgestoßen von allen unseren kaiserlichen Freiheiten und Gnaden. Es soll auch kein Jude oder Jüdin mit demselben [Flüchtigen] verkehren, auch nicht mit ihm essen oder trinken, noch beherbergen. Und welcher das wissentlich und mutwillig übertritt, [und] mit solchen abgewichenen Weltbetrügern gemeinsame Sache macht, der soll [bei] erwähntem Schuldner oder Beschädigten ausrichten [d.h. einstehen] und bezahlen, solange seine [eigenen] Güter reichen mögen, und einer erwähnten Strafe, wie in Artikel 1 angezeigt, verfallen sein.
Zum achten: Wenn ein Christ, Frau oder Mann, jung oder alt, vor unseren erwähnten obersten Barnossim und Richtern in dem Orte, wo sie wohnen, einen Juden oder Jüdin anklagen und den Sachverhalt vorbringen ["furbrachten was das wer"], so soll der Barnos mit allen erforderlichen Mitteln dem Pfleger [dem Amtmann der Obrigkeit] bei der Verhandlung beistehen, und das göttliche Gesetz ergehen lassen wider den angeklagten Juden, wie es billig ist und angemessen, auch nach dem Naturgesetz, dass es kein Unterschied zwischen den Menschen auf Erden gibt ["wie billich und alle erberkait auch das naturlich gesatz ausweist und kain underscheid zwischen den menschen auf erden"].
Zum neunten: Es soll auch jeder Jude oder Jüdin, die von ihren Gemeindemitgliedern ["umbsessen der judischait"] irgendetwas hören oder vernehmen, pflichtig und schuldig sein, ihren obersten Barnossim und Richtern solches anzuzeigen, ob ein Betrug oder Unbilliges gespürt oder vermerkt wurde, [um] solchem zuvorzukommen. Und wer Übertretungen oder anderes Tun nicht anzeigt, soll wie im ersten Artikel bestraft werden ["Und welche ubertreten und verhalten von einichen fraund oder mögt nit anzeigen wurden, sollent bei auch in anfenklicher strauf gestrauft werden"].
Item zum zehnten und Abschluss der oben genannten Artikel sollen die erwähnten Barnossim und Richter der Juden in allen Orten, wo sie wohnhaft sind, alles Menschenmögliche ["allermenclicken"] und großen Fleiß anwenden, wenn sie von einem ungebührlichen, ungeziemenden Handel in ihrem Umfeld oder vor Ort, in Städten, Märkten oder Dörfern, von einem Juden oder einer Jüdin hören oder gewahr werden. Auch wenn die Kläger nicht selbst zugegen sein sollten, sollen sie nichtsdestoweniger in allem solchen oder dergleichen [Fällen] gründlich den Sachverhalt ["nach gestalt der sachen"] untersuchen, im Weiteren dann die oben erwähnten Artikel anwenden und Strafen verhängen. Mit ernstlichem Fleiß soll das aufgedeckte Böse ["arqwonige"] vertrieben und verjagt werden, und keinen Platz unter uns haben, gemäß unserem jüdischen Brauch und unserer allgemeinen, althergebrachten Kodex von Ordnungen und Gesetzen, und unserer Heiligen Schrift, damit nach der Gerechtigkeit und Ehrbarkeit gelebt werde und nicht auf betrügerische Weise, wie es denn spürbar von etlichen beklagt wurde, weil ein guter Teil der Judenschaft darin Schuld oder Nachteil haben [d.h. viele Juden von diesen Vorwürfen direkt betroffen sind].
In tröstlicher Hoffnung, [dass] ihr Fürsten, Herren, auch die Stände des heiligen Reichs, aus angeborener Milde ["miltikait"] so gnädig seid, unsere gehorsame allzeitige Ehrerbietung anzunehmen und zu Herzen zu fassen, und im Gegenzug aus Gerechtigkeit und Erbarmen andere so große und viele Beschwernisse von uns nehmt, all die neuen Leibzölle ["Geleitbriefe"] an vielen Orten und noch höhere Abgaben, als sie in allen kaiserlichen Freiheitsbriefen ausgewiesen sind, und dazu noch den armen Juden ohne jeden Wucherhandel der Durchzug durch viele Landschaften versperrt wird. Damit ein armer [Mann] seinen Lebensunterhalt mit seinem Kram [d.H. Handelsgut] oder aufrichtigen Berufstätigkeit durch die Länder zu den Messen nach Frankfurt hin und zurück, oder eine andere Notwendigkeit gebrauchen oder werben kann, ist es hierauf an alle oben erwähnten Fürsten und Herren, auch Ständen des Heiligen Reiches, als unsere aller gnädigsten Herren einer gemeinen, armen, untertänigsten Judenschaft demütigste Bitte und Begehren, dieweil die Römisch-kaiserliche Majestät als unser aller gnädigster Herr alle unsere Freiheiten confirmiert [bestätigt] und erneuert hat, das man uns gnädigst an allen Orten, wo wir jetzt sitzen und wohnen, handhaben und nicht vertreiben soll. Auch dass man uns in allen Landen unbeschwert passieren und ziehen lässt. Und damit wir auf menschliche und freundliche Art wie seit alters her in der Christenheit wohnen, handeln und wandeln können, wollen auch dermaßen E.F.G. [Eure Fürstliche Gnaden] und die anderen Stände wie angezeigt uns arme [Juden] gnädiglich trösten, und einträglichen ["riebiglichen"] Handel und Wandel unverletzt, wie Billig und Recht, gestatten.
Es ist auch unsere ungetrübte Hoffnung, dass E.F.G. und andere aus hohem Verstand [heraus] die Ehrbarkeit und Gerechtigkeit, jeder in seinem Stand, betrachten und erkennen, und uns nicht weiter derart beschweren, wie es bislang geschehen ist. Denn wir sind auch Menschen, von Gott dem Allmächtigen geschaffen, um auf Erden zu wohnen, bei euch und mit euch zu wohnen und handeln, darum wollen wir Armen auch nie vergessen, zu Gott dem Allmächtigen für Eure Fürstlichen Gnaden, auch für die anderen Stände des Heiligen Reichs, um eine gesunde und glückselige Regierung zu beten.
So habe ich, der Jude Josel von Rosheim, Verwalter der deutschsprachigen Judenschaft ["im deuztschen land"], aus oben angezeigten Ursachen mit etlichen weiteren Gesandten der jüdischen Gemeinden allhier zu Augsburg solche Artikel mit festgesetzten Worten wie angezeigt beschlossen, allenthalben zu verkünden, nachzukommen und gehorsam wie gehört zu befolgen.
Als Beglaubigung habe ich, erwähnter Jude Josel, am Ende des Dokuments mit den abgeschriebenen Artikeln mein gewohntes Siegel angebracht. Gegeben in Augsburg am 17. November 1530 ["anno ML in 30"].
(Transkription aus: Chava Fraenkel-Goldschmidt: The Historical Writings of Joseph of Rosheim. Leiden / Bosten 2006 (= Studies in European Judaism 12), S. 176-184. | Edition von Patrick Charell)