"Kochbuch für Yette Schwarz", Osterberg 1835. Yad Vashem Jerusalem, Documents Archive, O.8 - Germany Collection, Nr. 719.
Vorbemerkung
Dieses Kochbuch wurde mit hebräischen Buchstaben in Jiddischer Sprache geschrieben und stammt aus dem Nachlass von Jakob Feibelmann (1880-1972). Die Rezepte stammen überwiegend von Yette Schwarz aus Osterberg, die es 1873 an ihre Enkelin Cilli Guggenheimer weitergab. Diese schenkte das Kochbuch ihrer Enkelin Irma Gutmann in Memmingen, als sie 1919 Jakob Feibelmann heiratete. Nach der Machtübernahme 1933 wurde die Familie Feibelmann zur Zielscheibe einer infamen Hetzkampagne und wanderte am 17. April 1934 in das damals britische Mandatsgebiet Palästina aus. Tochter Marie Feibelmann nannte sich nun Miriam und heiratete 1941 den Hafenarbeiter Yair Shohat. Aus dieser Ehe ging Amira Korin hervor, die den Nachlass ihres Großvaters an das Yad Vashem Documents Archive übergab. So wanderte das Kochbuch über Osterberg, Memmingen und Tel Aviv nach Jerusalem.
Zu den jüdischen Festtagen werden traditionelle Speisen zubereitet, die sich symbolisch auf biblische Erzählungen beziehen. Daneben entwickelte das aschkenasische Judentum eine eigene Küche, die sich in weiten Teilen der vorherrschenden Esskultur in Mittel- und Osteuropa anpasste. Beliebt waren und sind daher alle möglichen Varianten von deftigen Mehl- und Eierspeisen, vor allem Mürbekuchen und Hefegebäck. Zum Beispiel erhielt das typische Hefebrot (hebr. Challa) seine heute übliche Zopfform erst im 15. Jahrhundert.
Einen Unterschied machen natürlich die jüdischen Hygienegesetze (hebr. Kaschrut): Fleisch und Milch dürfen nicht gemeinsam gekocht und gegessen werden. Eier, alle Früchte-, Gemüse- und Getreidearten sind "neutral" (hebr. parve). Deshalb darf Gebäck keine Milch enthalten, wenn es als Beilage zu verschiedenen Gerichten gedacht ist. Abgesehen davon ist Butter generell unbedenklich, sofern sie aus reiner Kuhmilch hergestellt wurde und frei von allen Molkeresten ist. Der Verzehr von Schweinefett ist verboten, weil es sich um religiös unreine Tiere handelt. Daher fehlen in der aschkenasischen Küche alle Arten von ausgebackenem Schmalzgebäck, das ansonsten in Süddeutschland sehr beliebt ist.
Quellentext
[...] Schnittkuchen
Man nimmt ein 1/4 Butter ein 1/4 Zucker und 1 Ei und etwas Zitronenschalen und Zimt ein Messle Mehl. Alles zusammen gekneten dass ein dicker Teig wird. Dann ausgewallt und auf ein Blech getan mit gestreutes Mehl und durchgeschnitten und mit Ei bestrichen. Dann wird ein 1/4 gebrühte geschnidige Mandle (geschnittene bzw. gehäckselte Mandeln) darauf gestreut und beim Bäcken gebacken ("beim Bäcker backen" = Es war allgemein üblich, für eine Gebühr die Ausstattung einer beruflichen Bäckerei zu benutzen).
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Abgerührten Kuchen
Man nimmt 10 Eier, ein Verling (?) Butter, 10 Löffel Mehl, 3 Lot Zucker. Den Butter (sic) zuerst eine halbe Stunde gerührt, dann die Eier und zu jeden Ei ein Löffel Mehl, zuletzt ein Löffel dicke Hefen, zusammen eineinhalb Stund' gerührt.
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Ein Kuchen auf eine andere Art
Ein Verling (?) Butter fein abgerührt, dann 8 Eier und zu jedem Ei 2 Löffel Mehl und 2 Löffel Milch und 4 Löffel Zucker. Zuletzt dicke Hefen und dann in [den Ofen]. [...]
(Transkription und Übersetzung durch das Jüdische Museum Augsburg-Schwaben)