Jüdisches Leben
in Bayern

Wiesenthau Gemeinde

Wiesenthau (Landkreis Forchheim) war bis 1803 Teil der Landesherrschaft der Grafen Schönborn. Die Ortsherrschaft hatten die Herren von Wiesenthau. Die in den Judenmatrikel der 1820er Jahre aufgeführten Namen sind teilweise in der Mitte des 18. Jahrhunderts geboren. Deshalb ist für diese Zeit bereits die Existenz einer kleinen jüdischen Gemeinde zu vermuten. Im Jahr 1807 wurde gegen die Wiesenthauer "Handelsjuden" Behr (vielleicht Bär Grosch) und Benjamin Levi (Kreuzer) ein Konkursverfahren eröffnet.

Die Matrikelaufstellung der 1820er Jahre nennt sechs bzw. acht Matrikelstellen. Der 1777 geborene Benjamin Levi Kreutzer, hatte seit 1799 einen Schutzstatus und gab ein Haus und 800 Gulden Vermögen an. Er betrieb einen Hausierhandel mit Schnittwaren und hatte zwei Söhne, von denen einer beim Vater beschäftigt war und der andere eine Schneiderlehre machte. Der 1782 geborenen Philipp Levi Grosch hatte seit 1805 einen Schutzstatus und war ebenfalls als Hausierer mit Schnittwaren tätig. Er besaß ein Haus mit 300 Gulden Vermögen. Von seinen sechs Kindern waren zwei als Dienstmägde in Bamberg und Baiersdorf beschäftig. Der 1782 geborene Löw Levi Kreutzer war Pottaschensieder, hatte seit 1815 einen Schutzstatus und besaß einen halben Hausanteil und 300 Gulden. Auch der wohl 1777 geborenen Hirsch David Neumann mit einem Schutzbrief von 1796 war Pottaschensieder. Bei sechs Kinder und einem Vermögen von 100 Gulden dürften seine Lebensumstände eher prekär gewesen sein. Der 1778 geborenen David Levi Ney war Hausierer mit Spitzen-, Kattun- und Schnittwaren. Mit drei minderjährigen Kindern und einem Vermögen von 100 Gulden dürfte er ebenfalls am Existenzminimum gelebt haben. Der 1784 geborene Jakel Levi Ney lebte vom "Handel mit Muslin, Kattun, baumwollenen Falttüchern und anderen geringen Schnittwaren". Er wohnte mit drei Kindern in seinem Elternhaus. Jacob Hennemann, geboren 1757, handelte mit Spitzen und Bändern und gab 50 Gulden Vermögen an. Gumbel Levi Weidenberger. geboren 1761, war Hausierer mit Schnittwaren und besaß seit 1797 einen Schutzbrief. Er war "gebrechlich" und auf die Unterstützung seiner "Freunde", also der jüdischen Gemeinde angewiesen. Die Lebensumstände dieser acht Matrikelstelleninhaber dürften also eher ärmlich gewesen sein.

1813 zählte die politische Gemeinde 286 Einwohner, die jüdische Gemeinde dürfte höchstens zwischen 30 und 40 Mitglieder gezählt haben. Die Statistik des Jahres 1840 erfasst 43 jüdische Mitbürger, die zum (Distrikts-)Rabbinat Hagenbach gehörten und dort wohl auch ihre Toten bestatteten. 1847 wird Wiesenthau noch in einer Übersicht der bei Alemannia Judaica zitierten Zeitschrift "Der Orient" über die jüdischen Gemeinden in Oberfranken als selbständige Gemeinde aufgeführt. Möglicherweise zählt sie aber zu der Kategorie von Gemeinden, die keine eigene Schule besaßen und die Mitglieder mangels einer Synagoge Hausandachten in einem Privathaus durchführten. Von den acht Schutzstellen wurden bis in die 1840er Jahre nur noch vier Stellen besetzt. Dies deutet auf einen großen Mitgliederschwund der jüdischen Gemeinde hin. Die Auflösung der Gemeinde 1867 ist daher plausibel.

Bevölkerung 1840

Literatur

  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien, 4), Nürnberg 2017
  • Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 395.
  • Max Siebert: Das Königreich Bayern topographisch-statistisch in lexicographischer und tabellarischer Form dargestellt. München 1840, S. 309.