Jüdisches Leben
in Bayern

Weigenheim Gemeinde

Die jüdische Gemeinde Weigenheim (Landkreis Neustadt an der Aisch - Bad Windsheim) besteht wahrscheinlich schon seit dem 16. Jahrhundert. Wenn die Notiz von 1597, dass im Untertanen-Kataster "beede Juden" aufgeführt sind, verifizierbar ist, dann wäre dies die bislang früheste Nennung. Für 1682 wird von vier Familien und für 1720 von zehn jüdischen Familien berichtet. 1727 hatte ein aus Weigenheim stammender Jude die Gründungsurkunde des jüdischen Begräbnisvereins in Ermetzhofen mitunterzeichnet. Die Ortsherrschaft in Weigenheim unterstand den Fürsten von Schwarzenberg, die wohl auch den Schutz der ersten jüdischen Familien übernahmen.

Fassbarer wird die jüdische Gemeinde in den 1730er Jahren, als sie bei den Amtsleuten der Schwarzenbergischen Herrschaft das Ansuchen um den Bau einer Synagoge stellten. Dieser Antrag wurde 1738 abgelehnt. Die Gottesdienste sollten wie bisher in einer Betstube im Haus der Witwe von Israel Joseph abgehalten werden. Als die jüdische Gemeinde gegen die Ablehnung Beschwerde einlegte, begründete der Herrschaftsrichter seine Ablehnung mit dem Hinweis, die Gemeinde solle froh sein, sich überhaupt zum Gebet versammeln zu dürfen, und beklagte sich über die "ohn Verschämt- und Vermessenheit". Die lässt auf eine zahlenmäßig kleine Gemeinde schließen, die zwischen 30 und 40 Personen umfasst haben wird. Die Gemeinde blieb aber weiterhin stabil und wird auch eine gewisse Finanzkraft gehabt haben. 1754 konnte nämlich ein kleines Synagogengebäude errichtet werden.

Bei der Erstellung der Matrikellisten in den 1820er Jahren wurde der jüdischen Gemeinde acht Stellen zugewiesen. Darunter ist auch der 1762 geborene Meier Löw Meerapfel, der am 9. Juli 1799 einen Schutzstatus in Weigenheim erhalten hatte. Er wird als Rabbiner bezeichnet, der allerdings ein "Brödling" sei und ohne eigene Erwerbstätigkeit vom Ertrag seiner Grundstücke lebe. Meerapfel verzichtet zugunsten des Schnittwarenhändlers Loew Wechsler (geb. 1792) auf seine Matrikelstelle. Der 1772 geborene Levi Seligmann Paradieser hatte seit 1796 eine Schutzstelle und handelte mit Schnittwaren und war Schmuser. Marx Schmeyk Schmalberg (geb. 1779, Schutzstelle seit 1810) handelte mit Vieh und Schnittwaren. Auch Meier Hirsch Seltenreich (geb. 1755, Schutzstelle 1785) handelte mit Schnittwaren. Oser Schmeih Schmalgrund (geb. 1776, Schutzstelle 1810) war ebenfalls Schnittwarenhändler. Moises Elias Liebreich (geb.1784, Schutzstelle 1816) hatte als Erwerbstätigkeit: "Viehhandel und treibt Feldbau". Koppel Moises Schützer (geb. 1753, Schutzstelle 1787) handelt mit Schnittwaren und der 1775 geborene Abraham Lazarus Vorchheimer (Schutzstelle 1815) war ebenfalls Händler.

Die Anzahl der Matrikelstellen zeigt, dass die jüdische Gemeinde zu dieser Zeit etwa 40 Mitglieder umfasste. Der Ort Weigenheim zählte 1818 460 Einwohner. Die Pfarr-Topographie vom Königreiche Bayern in alphabetischer Ordnung von 1830 notierte für Weigenheim 466 Seelen, außerdem würden sich 25 Juden am Ort befinden. Die topografisch-statistische Übersicht über das Königreich Bayern von 1840 berichtet von 44 jüdischen Einwohnern bei einer Gesamtbevölkerung von 538 Personen. 

1816 ließ Marx Schmay (Marx Schmeyk Schmalberg), der auch als Kreditvermittler tätig war, einen Weinberganteil eines Gläubigers aus Markt Berolzheim in Weigenheim versteigern und die Versteigerung im Intelligenzblatt des Rezat-Kreises ankündigen. 1830 musste Moises Koppel Schützer aus Weigenheim Konkurs anmelden, da die Aktiva 368 Gulden und die Hypotheken 728 Gulden betrugen. Möglicherweise mit ihm verwandt war Sophie Schützer aus Weigenheim, die 1854 in der Neuen Münchener Zeitung ihre Absicht annoncierte, nach Nordamerika auszuwandern.

Zeitweise war auch Raphael Löw (Löwenberger) als Rabbinatsverweser für die jüdischen Gemeinden in Burgambach, Dornheim, Schnodsenbach und Weigenheim zuständig. 1838 wird Weigenheim dem neuen Bezirksrabbinat Welbhausen zugeteilt. In Weigenheim gab es eine 1849 renovierte Synagoge mit einem rituellen Bad und einer Religionsschule. Die Toten der Gemeinde wurde auf dem jüdischen Friedhof in Hüttenheim beigesetzt.

Der Niedergang der Gemeinde wurde durch Wegzug und Auswanderung nach 1850 sehr deutlich. Die Anstellung eines eigenen Lehrers war bald nicht mehr möglich. Lehrer Abraham Strauß, der sich auch um Weigenheim kümmerte, war 1889 schon in Uffenheim angestellt. In einem Appell zur Unterstützung von Juda Forchheimer wurde die Situation der Gemeinde so beschrieben: "Die jüdische Gemeinde in Weigenheim kann das Geld nicht aufbringen, da sie aus nur 10 Familien besteht, wovon 5 notorisch arm sind und von den besser Situierten erhalten werden". 1898 notierte das Statistische Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes für Weigenheim acht Haushalte mit 40 Seelen und als Vorsteher a. Liebreich. Die sieben Kinder wurden von Abraham Strauß aus Uffenheim unterrichtet.

Am 2. Juni 1900 wurde durch Regierungserlass die jüdische Gemeinde Weigenheim der 1890 gegründeten Gemeinde Uffenheim-Welbhausen angeschlossen. 1903 lebten in der nunmehrigen Filialgemeinde Weigenheim noch zehn jüdische Einwohner in vier Haushalten. 1913 zählte man noch drei jüdische Einwohner. Von den in Weigenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen: Caroline Enslein (1864), Rosa Fleischhacker geb. Liebreich (1878), Elias Emil Liebreich (1886), Helene Liebreich (1882), Katharina Rosenfeld geb. Liebreich (1884), Mathilde Rosengart geb. Liebreich (1861), Babette Pauline Rothschild (1882), Clara Schloss geb. Sammer (später wohnhaft in Kleinsteinach, 1872), Clara Schloss geb. Sämann (später wohnhaft in Würzburg, 1876).  

Literatur

  • Barbara Eberhardt / Cornelia Berger-Dittscheid: Ermetzhofen. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg i. Allgäu 2010, S. 226.
  • Barbara Eberhardt / Berger-Dittscheid, Barbara: Uffenheim. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg i. Allgäu 2010, S. 697.
  • Barbara Eberhardt / Berger-Dittscheid, Barbara: Scheinfeld. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd: 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Kartin Keßler: Lindenberg i. Allgäu 2010, S. 564:
  • Martin Fuchs: Über die ersten Niederlassungen der Juden in Mittelfranken. In: Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 9 (1838), S. 69-92, hier S. 82.