Jüdisches Leben
in Bayern

Wannbach Gemeinde

Wannbach unterstand im 18. Jahrhundert der Herrschaft der Grafen von Seinsheim, die den Ort als Lehen des Hochstifts Bamberg erhalten hatten. Im 18. Jahrhundert gibt es Hinweise, dass die Grafen Seinsheim bewusst jüdischen Familien einen Schutzstatus gewährten. Erste Wohnungen werden für 1765 im Bereich des Alten Schlosses der Seinsheim vermutet. Eine Datierungshilfe für die Frühzeit der jüdischen Gemeinde könnte das von Theodor Harburger 1928 fotografierte Memorbuch der Gemeinde sein. Es wird zu 1714 oder 1751 eingereiht.

1804 urteilte das Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken: "Die hiesigen Juden nähren sich vom Viehhandel". Der Ort hatte 1811 etwa 126 Einwohner. Die jüdische Gemeinde war zu dieser Zeit so groß, dass sie fünfzehn Matrikelstellen erhielt. Die Erwerbstätigkeiten waren Handel mit Schnittwaren auf Messen und Märkten, Viehhandel, Feldbau, Metallhandel, Schmuser, Schnitt- und Spezereiwarenhandel, Hausierhandel, Schnittwarenhandel im offenen Laden, Grundbesitzer, Landwirtschaft. 1830 musste sich der "Handelsjude" Scholum Hayum Rosenbaum einem Konkursverfahren unterwerfen. Rosenbaum, geb. 1784, hatte seit 1816 ein Matrikelstelle, auf die sein Vater verzichtet hatte, und war als Viehhändler tätig. Er besaß einen halben Hausanteil im Wert von 400 Gulden und ein Vermögen von 600 Gulden. Er war körperlich gesund und besaß einen guten Leumund. Er war mit der 1798 geborenen Hanne verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder: David (1817), Breindel (1819) und Salomon (1822).

Der Auswanderungsdruck, den die starren Matrikelbestimmungen erzeugten, war auch in Wannbach zu spüren. 1841 beabsichtigten Hanna Rothschild, die Witwe von Jakob Hirsch Rothschild, mit ihrer Tochter Adelheid, Jetta Lippmann mit einem Kind und Friederika Lippmann, die beiden Töchter des verstorbenen Aron Lippmann aus Wannbach nach Nordamerika auszuwandern. Um mögliche Ansprüche abzugelten, musste die Absicht im Königlich Bayerisches Intelligenz-Blatt für Oberfranken angekündigt werden. 1848 ließ Meyer Wassermann über das Landgericht Ebermannstadt das Konkursverfahren gegen Georg Kreller aus Unterweilersbach eröffnen. Aufgrund des Schätzwertes von etwa 3000 Gulden der zu versteigernden Häuser und Grundstücke dürfte es sich um eine größere Summe gehandelt haben, die Kreller dem Wannbacher Wassermann schuldete. Bei diesem handelte es sich um den Matrikelstelleninhaber Meyer Wassermann (geb. 1789). Dieser gab in der Matrikelbeschreibung das Eigentum eines Hauses und drei Tagwerk Grund im Wert von 1500 Gulden und ein Kapitalvermögen von 1500 Gulden an. Die Gemeinde unterhielt eine Synagoge und eine Religionsschule.Der 1790 geborene Ludwig Marschütz war Elementarlehrer und Vorsänger und hatte seit 1824 Matrikelschutz. Daneben gab es die Samuel Heldsche Armenstiftung. Sie wurde warscheinlich von dem 1762 geborenen Samuel Held eingerichtet, der als Viehhändler bei der Matrikelerstellung ein beachtliches Vermögen von mehreren Tausend Gulden aufweisen konnte. Die Stiftung selbst war auf dem Kapitalmarkt tätig und gab Kredite aus, wie dem Tagblatt der Stadt Bamberg von 1853 zu entnehmen war.

Über die Größe der Gemeinde gibt es keine verläßlichen Angaben. Die Matrikelinhaber und ihre Familienangehörigen dürften in den 1820er Jahren etwa 40 bis 50 Personen umfasst haben. 1889 führt das Statistische Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes Wannbach als eigenständige Gemeinde auf. Vorsteher war I. Schatz und der Lehrer hieß Grünbaum. Wie alle Stellengesuchen seit den 1860er Jahren zu entnehmen war, war diie Lehrerstelle auch mit der Position des Vorbeters und auch des Schochets verbunden. noch 1903 wurde nach einem Lehrer gesucht, möglichst deutscher Reichsangehöriger und ledig, der für 800 bis 900 Mark alle Aufgaben erfüllen konnte. Dies spricht noch zu diesem Zeitpunkt für eine funktionierende, aber kleine Gemeinde. Sie umfaßte 36 Mitglieder in neun Häusern bei einer Gesamteinwohnerzahl von 205 Personen. Die Vorsteher waren Philipp Wassermann und Karl Held, deren Vorfahren schon in den Matrikellisten aufschienen. Ph. Grünbaum war Vorbeter, Schächter und Lehrer, allerdings nur noch für zwei Kinder. Der Gemeindeetat betrug 1052 Mark. Auch die Samuel Heldsche Stiftung war noch aktiv, wie dem Statistischen Jahrbuch von 1903 zu entnehmen war.

In der Jahrbuchausgabe von 1911 wird der Niedergang noch deutlicher. Jetzt zählte die Israelitische Kultusgemeinde nur noch zehn Seelen, der Gemeindeetat auf 200 Mark geschrumpft. Der folgende Zusammenschluß mit der Israelitischen Kultusgemeinde Hagenbach war keine tragfähige Lösung, da Hagenbach zu diesem Zeit noch 13 Seelen, aber nur vier Steuerzahler hatte. Das Jahrbuch 1924/1925 führte Wannbach nur noch als Filialgemeinde von Hagenbach. Die Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde Hagenbach-Wannbach erfolgte dann 1935.

Von den in Wannbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen: Betty Hahn geb. Grünbaum (1883), Max Held (1887), Lina Sali Himmelreich geb. Schatz (1877), Maria Mendle geb. Held (1881), Clara Rosenbaum (1867), Katharina (Kathi) Rosenbaum (1869), Ludwig Rosenbaum (1873), Meier Rosenstein (1867), Arthur Schatz (1882), Mathilde Schmidt geb. Wollner (1880), Mathilde Silbermann geb. Wollner (1876), Marie Stern geb. Wollner (1882), Eugenie Wolff geb. Wassermann (1867), Fanny Wolf geb. Rosenbaum (1871), Ernst Wollner (1885).   

Bevölkerung 1910

Literatur

  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggfs. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 146.