Der Ort gehörte seit 1524 zur Herrschaft der Freiherren von Crailsheim, die wohl seit Anfang des 17. Jahrhunderts die Ansiedlung von Juden gestatteten. Laut einer Urkunde aus dem Jahr 1609 wohnte hier ein Pfandleiher, den man Menlein Jud nannte. Ein jüdischer Friedhof wird in den Quellen 1632 erstmals erwähnt. Aus einem Vertrag über die Umfriedung des Areals aus dem Jahr 1676 geht hervor, dass neben den Walsdorfern auch die Mitglieder der jüdischen Gemeinden von Bamberg, Bischberg, Viereth, Trunstadt und Burgebrach hier ihre Toten begruben. Zahlreiche bekannte Bamberger Rabbiner und Gelehrte fanden ihre letzte Ruhestätte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618‒1648) entwickelte sich in Walsdorf bald wieder eine kleine Gemeinde, da 1672 im Crailsheimischen Salbuch acht jüdische Familien genannt werden.
Durch die Grundherren erfolgte dann in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert die gezielte Unterbringung von Juden im Dorf. Zwischen 1724 und 1733 entstand südlich von Walsdorf auf der rechten Aurachseite am Schafberg ein eigenes jüdisches Viertel mit drei zweistöckigen Häusern und einer Synagoge mit Schulraum (heute „Am Schafberg“ und „Brunnenstraße“). 1740 wurden zwölf jüdische Familien am Ort gezählt, 1769 waren es bereits 21 Familien. Wie viele andere ritterschaftliche Gemeinden traten die Waldorfer Juden lange Zeit nicht dem Bamberger Landesrabbinat und Gemeindeverband bei und zahlten daher auch nicht die dafür fälligen Abgaben. Die Freiherren von Crailsheim unterstützten ihre Schutzjuden in dieser Haltung, damit diese nicht durch zusätzliche Zahlungen belastet wurden und die Eigenständigkeit ihres Territoriums klar erkennbar blieb. 1779 wurde aus diesem Grund jedoch eine Handelsperre gegen die Walsdorfer Juden verhängt. Und so mussten sie, um wieder uneingeschränkt im Fürstbischöflichen Hoheitsgebiet Geschäfte treiben zu können, notgedrungen die geforderten Steuergelder leisten.
Im Verlauf des Jahrhunderts gab es immer wieder Auseinandersetzungen mit der christlichen Bevölkerung, da die Juden auch an den Sonn- und Feiertagen ihre Verstorbenen bestatten wollten. Der Friedhof wurde 1719 auf Initiative der Bamberger Gemeinde nach Norden und Süden erweitert. Die Bamberger IKG forderte von den Walsdorfer Juden Beiträge zum Unterhalt des Gräberfeldes und übernahm um das Jahr 1748 den Erbpachtvertrag für den Gottesacker in Gänze allein. 1731 erhielt der Friedhof ein Brunnenhaus. Laut Inschriftentafel handelte es sich um eine Stiftung des Nathan von Bamberg. Dieser Brunnen steht in einem eingeschossigen Taharahaus, das der Inschrift an der Außenwand zufolge 1742 von dem Bamberger Ehepaar Elieser und Rechel Lippmann finanziert wurde. Die Bamberger Gemeinde stellte auch einen Totengräber ein, der vor Ort wohnte.
1804, in der Zeit des Übergangs an Bayern, lebten in Walsdorf 28 jüdische Familien. Zwei Jahre zuvor hatte die aufstrebende Gemeinde bereits ein zweigeschossiges Gemeindehaus (Schafberg 17) mit einer Mikwe errichtet. Seit 1810 war in der israelitischen Gemeinde ein Memorbuch in Gebrauch, das ein Geburten-, Trauungs- und Sterberegister sowie das Protokollbuch der Versammlungen enthält. Die Walsdorfer Juden lebten fast ausschließlich vom Handel mit Vieh, Spezerei- und Schnittwaren, Hausier- und Trödelwaren.
Ab 1824 forderte die Regierung des Obermainkreises auf der Grundlage des 1813 erlassenen „Judenedikts“, dass auch in Walsdorf ein eigener Rabbiner angestellt wird. Anderenfalls hätte man die Synagoge schließen müssen. Da sich kleine Landgemeinden, wie z.B. Walsdorf, keinen eigenen Rabbiner leisten konnten, bestand der einzige Ausweg im Anschluss an ein Distriktsrabbinat. Die Walsdorfer Gemeinde unterstellte sich deshalb dem Rabbiner von Burgebrach, der von nun an für ihre rechtlichen und religiösen Belange zuständig war. Bis Mitte des 19. Jh. verkleinerte sich die Gemeinschaft durch die große Aus- und Abwanderungswelle jüdischer Familien auf rund 80 Personen. Zum Teil zogen sie in die umliegenden Städte, zum Teil wanderten sie nach Amerika aus. Das Gemeindehaus wurde deshalb bereits 1859 wieder verkauft. Zur Besorgung religiöser Aufgaben hatte man einen Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war. Die jüdischen Kinder besuchten von 1826 bis 1869 die israelitische Schule in Kolmsdorf. Nach deren Auflösung unterrichtete der Lehrer an drei Tagen in der Woche in Walsdorf.
Bis 1851 diente der jüdische Gottesacker in Walsdorf als Distriktfriedhof. Die Bamberger Kultusgemeinde verfügte ab diesem Zeitpunkt dann über einen eigenen Friedhof und konnte sich den mühseligen Weg nach Walsdorf ersparen. Im Jahr 1887 erhielt der Gottesacker ein schmiedeeisernes Eingangstor. Es wird von zwei Sandsteinpfeilern gerahmt, auf denen in Hebräisch und Deutsch folgender Spruch zu lesen ist: „Der Eingang zum ewigen Leben ist dies. Es schwingen die Seelen zum Paradies. Die Hüllen schlummern in Gräbern süß.“
Aufgrund der starken Ab- und Auswanderung der jüdischen Familien war es bereits um 1900 kaum mehr möglich, den zum Gottesdienst erforderlichen Minjan (Zehnzahl der religionsmündigen jüdischen Männer) zu erreichen. Da kein Zuwachs mehr zu erwarten war, wurde die auf rund 25 Personen geschrumpfte jüdische Gemeinde Walsdorf 1907 mit der Nachbargemeinde Trabelsdorf vereinigt. Die beiden Kultusgemeinden beschäftigten bereits seit längerer Zeit einen gemeinsamen Lehrer.
1933 lebten noch 23 jüdische Mitbürger in Walsdorf. Nach der Auflösung der Kultusgemeinde Trabelsdorf-Walsdorf wurden sie der Bamberger Gemeinde eingegliedert. Auf Grund der zunehmenden Repressalien und dem wirtschaftlichen Boykott verließ ein Großteil der Israeliten das Dorf und wanderte aus. 1936 wurden viele Grabsteine des jüdischen Friedhofs durch Mitglieder der Hitler-Jugend umgeworfen, doch der amtierende Bürgermeister Herzog ließ sie auf Kosten der Gemeinde wieder aufstellen. In der Reichspogromnacht (9. auf 10.11.1938) zerstörte ein SA-Trupp, der aus Bamberg anreiste, die Synagoge. Sieben jüdische Einwohner wurden im April 1942 über Bamberg nach Izbica bei Lublin (Polen) deportiert und ermordet. Die letzte jüdische Mitbürgerin starb auf einem Transport nach Theresienstadt. Insgesamt verzeichnet das Gedenkbuch des Bundesarchivs zehn in Walsdorf geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.
Der jüdische Friedhof in Walsdorf, auf dem sich über 1000 Gräber von zum Teil berühmten Persönlichkeiten jüdischer Abstammung nachweisen lassen, wurde auch nach dem 2. Weltkrieg immer wieder zum Ziel antisemitischer Gewaltakte. Nach dem letzten Anschlag im Jahr 2000 hat man ihn umfassend instandgesetzt und auch das Taharahaus renoviert. 2006 wurde im ehemaligen jüdischen Viertel des Dorfes der Brunnen in der Brunnenstraße neu gefasst, in seinem Umfeld ein kleinen Platz angelegt und dort eine Tafel mit Informationen zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Walsdorf aufgestellt.
In einer Kooperation mit den Central Archives for the History of the Jewish People (CAHJP) in Jerusalem werden von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns nach und nach die erhaltenen jüdischen Gemeindearchive – darunter das Gemeindearchiv aus Walsdorf – digitalisiert, um sie erstmals und vollständig online zugänglich zu machen.
(Christine Riedl-Valder)
Bilder
Bevölkerung 1910
Literatur
- Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggfs. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
- Aubrey Pomerance: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Franken. In: Michael Brenner / Daniela F. Eisenstein (Hg.): Die Juden in Franken. München 2012, S. 95-113.
- Michael Schneeberger: "Die Hüllen schlummern in Gräbern süß". Geschichte der Juden von Walsdorf bei Bamberg (= Jüdische Landgemeinden in Bayern. Nr. 26). In: Jüdisches Leben in Bayern. Mitteilungsblatt des Landesverbandes der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern 25. Jg. Nr. 113 (September 2010) , S. 31-38.
- Hans-Christof Haas: Walsdorf. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 214-220.
- Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 332-342.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 141.