Jüdisches Leben
in Bayern

Tüchersfeld Gemeinde

Jüdische Familien lebten wahrscheinlich bereits vor 1736 in Tüchersfeld. Aus diesem Jahr stammt jedoch ein Brief des Baron von Aufseß an den Rabbiner von Schnaittach, dass die Tüchersfelder Juden keinem Rabbinat angeschlossen seien. Es ist der früheste Beleg für die Existenz einer Gemeinde im Ort. Die Juden bewohnten die Wirtschaftsgebäude der Unteren Burg, das Ensemble wurde als "Judenhof" bekannt. Tüchersfeld war während des 18. Jahrhunderts im Besitz der Reichsfreiherrn Groß von Trockau. 1739 suchte ein Jude aus Schnaittach um Ansiedelung in Tüchersfeld nach, und bald darauf existierte bereits eine kleine Gemeinde. Nach einem Brand im Jahr 1758 wurde das Ensemble bis 1763 wieder aufgebaut. Neben der neuen Synagoge entstanden dreizehn "verwinkelte und kleine" Wohnhäuser.

Tüchersfeld war während des 18. Jahrhunderts im Besitz der Reichsfreiherrn Groß von Trockau. 1739 suchte ein Jude aus Schnaittach um Ansiedelung in Tüchersfeld nach, bald bewohnten mehrere jüdische Familien die Untere Burg. Eine Zahl von insgesamt 44 Personen wird vermutet, allerdings ohne Nachweis. 1758 brannte der Vorhof der aufgelassenen Burganlage ab. Der Wiederaufbau dauerte von 1760 bis 1763 und erfolgte unter Carl Ludwig von Groß zu Trockau. Neben der Synagoge, die vollständig neu erbaut wurde, entstanden dreizehn "verwinkelte und kleine" Wohnhäuser. Neun davon wurden den Familien als Ersatz zugeteilt, die Übrigen sowie die Synagoge vermietete der Ortsherr an die jüdische Gemeinde.

Gemäß den Aufzeichnungen gab es 1813 in Tüchersfeld immerhin dreizehn Matrikelstellen. 1824 lebten 67 Juden im Ort, die knapp dreizehn Prozent der Einwohnerschaft ausmachten. Von den Matrikelinhabern waren die meisten Hausväter im Handel mit Schnittwaren, Tuch oder Vieh tätig. Eine weitere Stelle war dem Lehrer vorbehalten, der zu dieser Zeit dreizehn schulpflichtige Kinder unterrichtete. 1840 zählte die Gemeinde 74 Mitglieder, die dem Rabbinat Hagenbach angehörten.

Jedoch sank die Zahl zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch Wegzug und Auswanderung sehr schnell ab. Bereits 1865 erregte das Schicksal der letzten in Tüchersfeld lebenden Jüdin das Interesse der Presse: "So ist es vor einigen Wochen vorgekommen, dass in Tüchersfeld, einem kleinen Dorf in der Fränkischen Schweiz, woselbst eine arme kontrakte Jüdin, Tochter des verstorbenen Ortslehrers - eine körperlich ganz verkommene, aber geistig und sittlich exzellente Person - E. Lt., welche den alleinigen Rest der Gemeinde bildete, von der wohltätigen und gottesfürchtigen israelitischen Kommune Wannbach aufgenommen wurde und dort auf's Beste verpflegte und unterhalten wird. Gottes Segen diesen Biedern und Trefflichen!.", so ein Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" von 1865. 1871 oder 1872 wurde die jüdische Gemeinde Tüchersfeld formell aufgelöst.

Der ehemalige Judenhof wurde 1978 bis 1982 restauriert, heute ist darin das Fränkische Schweiz Museum untergebracht. Die ehemalige Synagoge mit ausgestellten Objekten des Jüdischen Lebens ist zu besichtigen.

Anlässlich der Ausstellung "Geschichte und Kultur der Juden in Bayern" 1988/1989 erstellte das Haus der Bayerischen Geschichte eine Exkursion . Von Nürnberg aus verbindet sie drei typische jüdische Landgemeinden in der Fränkischen Alb (Schnaittach-Hüttenbach-Tüchersfeld), Gesamtstrecke 142km.


(Patrick Charell)

Bilder

Bevölkerung 1840

Literatur

  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggf. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
  • S.N.: Jüdische Landgemeinden in Franken: Beiträge zu Kultur und Geschichte einer Minderheit. Tüchersfeld 1998 (= Schriften des Fränkische-Schweiz-Museum 2).
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 237f.
  • Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 318-324.
  • S.N.: Jüdische Landgemeinden in Franken. Beiträge zu Kultur und Geschichte einer Minderheit. Tüchersfeld 1987 (= Schriften des Fränkische-Schweiz-Museum 1).
  • Max Siebert: Das Königreich Bayern topographisch-statistisch in lexicographischer und tabellarischer Form dargestellt. München 1840, S. 304.