In Scheßlitz lebten wohl bereits im Mittelalter vereinzelt Juden: Ein Isaak von Scheßlitz wurde 1328 als Bürger in Nürnberg aufgenommen. 1343 wird ebenfalls in Nürnberg ein Joel aus Scheßlitz genannt. 1403 lebten in Scheßlitz vermutlich drei jüdische Einwohner Beziehung Familien. Ein nach Scheßlitz benannter Jude wohnte in dieser Zeit in Bamberg. Im Laufe des 15. Jahrhunderts werden einige weitere jüdische Bewohner genannt, letztmals um 1450. Seit Ende des 17. Jahrhunderts ließen sich wiederum einzelne jüdische Personen in der kleinen Stadt nieder, jedoch blieb ihre Zahl gering: In Scheßlitz hatte sich nie ein Minjan bilden können, der Ort war der Kultusgemeinde Demmelsdorf angeschlossen. Im Jahr 1811 erfassten die Matrikellisten nur 9 jüdische Personen.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wuchs die jüdische Bevölkerung in der Stadt auf niedrigem Niveau an und erreichte 1900 mit 37 Personen den Höchststand. Sie gehörten weiterhin zur IKG Demmelsdorf, die im 20. Jahrhundert dann offiziell "Israelitische Kultusgemeinde Demmelsdorf-Scheßlitz" hieß. Die Scheßlitzer Juden nutzten sämtliche Einrichtungen in Demmelsdorf mit, da sie für diese auch Gebühren entrichteten. Die Verstorbenen wurden in Zeckendorf beigesetzt.
1933 lebten noch 30 jüdische Personen in der Stadt. Bis September 1938 ging die Zahl auf 25 zurück. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die jüdischen Männer der Stadt festgenommen, fünf von ihnen in das KZ Dachau verschleppt. Bis 1941 konnten 13 jüdische Personen die Stadt verlassen (zwölf davon sind emigriert). Die letzten 13 jüdischen Einwohner wurden am 22. März 1942 nach Bamberg verbracht, drei davon am 25. April 1942 nach Izbica bei Lublin deportiert, neun am 9. September 1942 in das KZ Theresienstadt.
Auf dem Gedenkstein am jüdischen Friedhof in Zeckendorf stehen die folgenden Namen der ermordeten jüdischen Personen aus Scheßlitz: Jettchen Brückmann / Semmi Hausmann / Katty Hausmann / Berthold Hausmann / Ludwig Hausmann / Max Herrmann / Hermann Rollmann / Rosalie Rollmann / Siegmund Rollmann / Gretchen Rollmann / Josef Satzmann / Regina Satzman. Seit 1991 erinnert ein Gedenkstein an der Staatsstraße zwischen Demmelsdorf und Zeckendorf an 44 namentlich genannte jüdische Opfer.
Joachim Hahn (Alemannia Judaica)
Bevölkerung 1910
Literatur
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 235.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 140.