Eine kleine jüdische Gemeinde bestand in Remlingen im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die erste Erwähnung könnte von 1573 sein, als ein "Natan Jud" in Remlingen Schutzgeld zahlte. Seit dem 17. Jahrhundert sind in den Akten des Fürstlich Castell'schen Archiv immer wieder Belege für die Ansiedlung von jüdischen Familien in Remlingen zu finden. Ein Faszikel über die Judenschaft in Remlingen mit der Laufzeit ab 1684 sowie Aktenbestände aus dem 18. Jahrhunderts über die kontinuierlichen Schutzgeldzahlungen lassen die Existenz einer kleinen jüdischen Gemeinde vermuten. Eine Erwerbstätigkeit ist wahrscheinlich der Viehhandel gewesen,
Aufgrund der Herrschaftsverhältnisse waren in Remlingen sowohl die Familie Castell als auch die Familie Wolfskeel und die Fürsten Wertingen-Löwenstein betroffen. 1807 lebten in der Gemeinde Remlingen 13 Juden, die etwa 1,5 % der Gesamtbevölkerung ausmachten. 1810 lebten in Remlingen zwei Juden, die dem Judenschutz der Wolfskeel unterstanden. Um 1817 zählte man im Gräflich Castell'schen Herrschaftsgericht Remlingen sechs jüdische Familien mit 20 Personen. Die am 22. September 1817 erstellte Matrikelliste bietet eine erste Namensliste der in Remlingen wohnenden jüdischen Familien. Es handelt sich um sechs Familien, der Oberhäupter alle den neue Familiennamen Kahn annahmen. Dies ist wohl ein Zeichen auf eine engere verwandtschaftliche Beziehung, ohne dass Einzelheiten bekannt sind. Samuel Isaak Kahn und Anschel Samuel Kahn waren Viehhändler, Levi Isaak Kahn war Warenvermittler und besaß Kapitalvermögen und Isaak Samuel Kahn, Moses Isaak Kahn und Manasses Moses Kahn waren im Warenhandel tätig. Die kleine Gemeinde besaß eine Synagoge, eine Mikwe und Räumlichkeiten für den Religionsunterricht. Nach den Angaben bei Israel Schwierz (*1943) befand sich die Mikwe auf dem Grundstück zwischen den Häusern "Untere Gasse" Nr. 8 und Nr. 10 und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrochen. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Kleinsteinach bestattet. Im Jahr 1832 zählte man noch 26 jüdische Einwohner, während 1844 nur noch vier Familien in Remlingen lebten. Bei der Volkszählung 1875 wurden zwei jüdische Einwohner aufgeführt, die bis zur Jahrhundertwende den Ort verließen.
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1875
Literatur
- Dirk Rosenstock (Bearb.): Die Unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Würzburg 2008 (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 19), S. 27, 160, 163, 167.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 115.
- K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36), S. 203.