
Vereinzeltes jüdisches Leben kann in Öttershausen dank eines in Würzburg verwahrten Gerichtsbuchs schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachgewiesen werden. 1814 lebten in Öttershausen acht ehemals Schönborn'sche Schutzjuden mit 42 Personen. Drei Jahre später trugen sich fünf jüdische Familienvorstände 1817 in die bayerischen Matrikellisten ein: Samuel Mayer, Löser Benedikt Guttmann, Benedikt Hirsch, Raphael Benedikt Frank und Isaac Mayer Böhr. Vier der fünf Familien lebten vom Viehhandel, während Samuel Mayer auch Weinhandel betrieb. 1835 betrug die Zahl der in Öttershausen lebenden Juden 37 Personen, die zu sieben Familien gehörten, von denen fünf über Hauseigentum verfügten.
Um 1840 zählte die jüdische Gemeinde 70 Personen. Damit stellten die Juden eine absolute Mehrheit gegenüber den 46 Katholiken, und Öttershausen zählt damit zu den "Judendörfern" im fränkischen Landjudentum. Bis 1861 war durch Abwanderung die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder auf 46 Personen gesunken, darunter 27 minderjährigen Kindern in acht Familien. Trotz dieses Schwunds bildeten jüdische Einwohner einen deutlich sichtbaren, gewichtigen Anteil am Dorfleben.
Die Hälfte der jüdischen Familien, die überwiegend Viehhandel und Landwirtschaft betrieben, verfügte über ein Vermögen. Nur die Familien des Schneiders und Schmusers Moses Böhr, des Hirsch Gutmann und des Samson Gutmann besaßen kein nennenswertes Kapital. 1867 wechselte der Religionslehrer Asser Stein nach Giebelstadt.
Nur wenige Jahre später war die jüdische Gemeinde in Öttershausen nach Aufhebung des Matrikelparagraphen im Jahr 1871 auf die Familien Samson Gutmanns und Hirsch Gutmann geschrumpft. Die Häuser der Juden, die Öttershausen verlassen hatten, erwarben die Grafen von Schönborn und verwendeten sie als Stallungen oder rissen sie ab. 1873 wird die vereinigte jüdische Kultusgemeinde Zeilitzheim-Öttershausen 1873 ein letztes Mal urkundlich erwähnt. Vermutlich kurz danach löste sie sich auf, deren Mitglieder sich in verschiedenen Orten niederließen, die zumeist in der näheren oder weiteren Umgebung lagen: Abraham Frank verzog nach Obernbreit, Faust Gutmann nach Theilheim, Moses Bähr nach Kitzingen, die Brüder Mendel und Bernhard Gutmann nach Schwanfeld und Samson Gutmann und Moses Frank nach Zeilitzheim.
(Stefan W. Römmelt)
Bevölkerung 1840
Literatur
- Cornelia Berger-Dittscheid: Zeilitzheim mit Öttershausen. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1629-1650.
- Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.) / Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.): Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg in Kooperation mit dem Team des Synagogen-Gedenkbands Bayern und dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. München 2021 (= Staatliche Archive Bayerns - Kleine Ausstellungen 68), S. 56f.
- Jüdisches Museum München / Museum für Franken in Würzburg (Hg.): "Sieben Kisten mit jüdischem Material". Von Raub und Wiederentdeckung 1938 bis heute. Berlin/Leipzig 2018, S. 186-188, Nr. 34.
- Max Siebert: Das Königreich Bayern topographisch-statistisch in lexicographischer und tabellarischer Form dargestellt. München 1840, S. 437.