Jüdisches Leben
in Bayern

Neuhaus Gemeinde

Neuhaus, seit 1907 Bad Neuhaus und seit 1934 ein Ortsteil von Bad Neustadt an der Saale, hatte im 18. und 19. Jahrhundert eine große jüdische Gemeinde. Aufgrund des Wegzugs in das benachbarte Bad Neustadt löste sich die Israelitische Kultusgemeinde Neustadt am 15. Juli 1893 auf.

Egid Valentin Felix Freiherr von Borié zu Schönbach (1719-1793) war seit 1744 der Grundherr in Neuhaus, das seine Frau in die Ehe einbrachte. Bereits vor 1744 ist eine größere Anzahl jüdischer Familien zu vermuten, da 1735 die Existenz eines Betsaals überliefert ist.

Zu Beginn des 19. Jahrhundert wurden 135 jüdische Einwohner in Neuhaus gezählt, dies lässt auf eine verstärkte Ansiedelung unter Freiherr von Borié in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts schließen. Bei den 26 jüdischen Beisassen, die 1804/1805 in Neuhaus gezählt wurden, dürfte es sich um die Oberhäupter der ansässigen jüdischen Familien gehandelt haben. Die Montgelas-Statistik von 1810/1812 führte 135 Personen auf, während die Judenmatrikel von 1819 insgesamt 30 Familien zählten. Mit den Adressen Kurhausstraße 41 und An der Wandelhalle 2 hat sich eine Gebäudekomplex erhalten, der von jüdischen Familien bewohnt wurde.

Die Berufsangaben der Judenmatrikel von 1817 zeigen Tätigkeiten im Viehhandel, als Schlachter, im Schnittwarenhandel und im Kleinviehhandel. Die Gemeinde unterhielt neben der Synagoge auch eine Schule mit einer Lehrerwohnung. Die Verstorbenen wurden auf dem jüdischen Friedhof in Neustadt/Saale beigesetzt.

Der in Neuhaus geborene Religionslehrer und Kantor Abraham Ebert (1823-1894) schloss 1845 sein Lehramtsstudium in Würzburg als Religionslehrer und Musiklehrer ab Er war Mitglied in einem Männerquartett mit einem protestantischen, katholischen und reformierten Geistlichen , das sogar vor König Maximilian II. auftrat. 1842 trat er die Vorsängerstelle an der Hauptsynagoge in Fürth an und war auch als Religionslehrer tätig.

Der Rabbiner Max Freudenthal (1869-1937) wird als der berühmteste Sohn der jüdischen Gemeinde Neuhaus bezeichnet. Sin Vater Benjamin Freudenthal war einige Jahre Lehrer in Neuhaus. Der Sohn studierte in Breslau und war Rabbiner in Danzig und seit 1907 Rabbiner in Nürnberg. Er war auch im Vorsitz der Freien Konferenz Bayerischer Rabbiner und im Verband der Bayerischen Israelitischen Gemeinden tätig.

Die jüdische Gemeinde Neuhaus umfasste 1832 noch 143 Personen und war aber 1871 schon auf 85 Personen geschrumpft. Gleichzeitig konnte die benachbarte Gemeinde in Neustadt/Saale einen starken Zustrom verzeichnen. Am 15. Juli 1893 erfolgte die Auflösung der Kultusgemeinde.

Literatur

  • Gronauer, Gerhard / Berger-Dittscheid, Cornelia: Bad Neustadt an der Saale, in: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hrsg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Band III/2: Unterfranken Teilband 1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries, Lindenberg im Allgäu 2021, S. 627-670, hier S. 630
  • Rosenstock, Dirk: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13). Würzburg 2008, S.213-214