In Mühlfeld bestand bis in die 1910er Jahre eine jüdische Gemeinde. Reichshofrat Johann Christoph Freiherr von Wolzogen (1666-1734), der damalige Dorfherr, gewährte 1720 den ersten jüdischen Familien Schutz in Mühlfeld. Sie wurden auf Hofstätten (später Judenbau genannt) nahe dem Schloss außerhalb des Ortskerns angesiedelt. Mitte des 18. Jahrhunderts hatte die jüdische Gemeinde 76 Mitglieder bei einer Einwohnerzahl des Ortes von 331 Personen. Die siebzehn Matrikelstellen, die 1817 vom Patrimonialgericht der Freiherren von Seefried vergeben wurden, weisen auf eine ansehnliche Gemeinde mit 70 bis 80 Mitgliedern hin. Die meisten Familienväter waren als Händler tätig und besaßen zu dieser Zeit noch Schutzbriefe aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Ein außergewöhnlicher Fall war Gump Moses Rosenthal, der bereits 1734 geboren wurde und zur Zeit der Matrikelerstellung 1817 "wegen seines Alters ohne Gewerbe" war, wie die Beamten vermerkten. Nach seinem Tod übernahm seine Witwe die Matrikelstelle. Die Beschreibung des Königreichs Bayern von 1833 weist für Mühlfeld 80 Häuser und "336 Einwohner, unter welchen 81 Juden sind", nach. Diese Zahl hatte sich aber in den folgenden Jahrzehnten stark reduziert, da bei der Einweihung der renovierten Synagoge 1877 die Gemeinde nur noch neun Mitglieder zählte. Die jüdische Gemeinde neben dem besagten Gotteshaus noch eine Schule und ein rituelles Bad (Mikwe). Die Toten der Gemeinde wurden - gemeinsam mit den Juden in Bibra und Bauerbach - auf dem jüdischen Friedhof in Bauerbach in Thüringen beigesetzt, nach 1869 in Mellrichstadt.
1905 führte das Statistische Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes die Gemeinde Mühlfeld als Filialgemeinde (414 Einwohner, davon 40 jüdische Bewohner) der IKG Mellrichstadt auf. Noch 1911 lebten 17 Gemeindemitglieder in Mühlfeld, davon sechs Steuerpflichtige. Vorsteher war David Rosenthal. Der Religionslehrer aus Mellrichstadt unterrichtete die zwei letzten jüdischen Kinder. Der Gemeindeetat betrug bescheidene 300 Mark. Im Jahr 1913 vermerkte das Handbuch der Jüdischen Gemeindeverwaltung, dass sich die Kultusgemeinde aufgelöst habe.
Von den in Mühlfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen: Levi Blüthe (1876, später in Meiningen), Michael Blum (1855, später in Mellrichstadt), Frieda Friedmann geb. Frank (1898, später in Erfurt), Babette Kuhl geb. Rosenthal (1861, später in Unsleben), Julius Neuberger (1905, später in Nürnberg), Julius Rosenthal (1889), Babette Stein (1871, später in Eisenach), Moses Stein (1861, später in Mellrichstadt und Berlin).
Bilder
Bevölkerung 1910
Literatur
- Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Würzburg 2008 (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 13), S. 204f.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 102.
- Magnus Weinberg: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Bayern, Bd. 1. Frankfurt a.M. 1937, S. 143f.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 233.
- Bureau für Statistik der Juden (Hg.): Statistisches Jahrbuch des Deutsch-israelitischen Gemeindebundes Jg. 17. Berlin 1905, S. 89.