Vor den Verwaltungsreformen bildete Oberweilersbach eine politische Gemeinde, zu der auch das Rittergut Mittelweilersbach gehörte. In den Dokumenten des 19./20. Jahrhunderts ist meist nur von Oberweilersbach die Rede. Auf dem Rittergut Mittelweilersbach bestand unter wechselnden adeligen Ortsherren vom Ende des 17. Jahrhunderts bis 1876 eine kleine jüdische Gemeinde. Der erste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1685, als der katholische Ortspfarrer von "30 Juden klein und groß im Mittlernwallersbacher Schloß" berichtete.
Bis Ende des 18. Jahrhundert lebten die jüdischen Familien in Nebengebäuden des Ritterguts, ab 1716 auch im Schloss selbst, das als Wohnung für den Verwalter des Rittergutes nicht mehr gebraucht wurde. Im Laufe des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl der hier lebenden Juden von 30 (1685), auf 60 (1718), 90 (1742) und 103 (1759). Das ehemalige Wasserschloss, von den Besitzern vernachlässigt, befand sich jedoch in einem zunehmend baufälligem Zustand. 1763 wird von verfaultem Holzwerk und Balken gesprochen und von der Gefahr, dass das ganze Schloss einfallen könnte. Die notwendigen Sanierungskosten hätten die jüdischen Abgaben und Schutzgelder weit überstiegen, daher ließ der Mittelweilersbacher Dorfamtmann das Schloss abbrechen und im Bereich des Schlosses/"Judenhofes" neue Wohngebäude für die jüdischen Familien erstellen. Zu diesem Bauprojekt gehörten höchstwahrscheinlich das Anwesen Schloßplatz 8, das im Bayerischen Denkmal-Atlas als "Ehemaliges jüdisches Wohnhaus, zweigeschossiges Satteldachhaus, massives Erdgeschoss, Obergeschoss mit freiliegendem Fachwerk, 18. Jh." beschrieben wird, sowie zwei weitere ehemaliges jüdische Wohnhäuser (Schlossplatz 4/6), eines davon mit Mikwe (Schlossplatz 7/9), die nicht exakt datiert werden können. Anstelle eines Betraums in einem der abgebrochenen Wirtschaftsgebäude des Schlosses richtete die Gemeinde eine neue Synagoge in einem Haus mit zwei Wohnungen ein (Haus-Nr. 57, entspricht heute dem Anwesen Ecke Schlossplatz / Schlossweg).
In den Judenmatrikeln der 1820er Jahre wurde der Ort als "Wailersbach" oder "Weilersbach" erfasst. Für Wailersbach als ganzes waren sechzehn Matrikelstellen vorgesehen, der überwiegende Schwerpunkt jüdischen Lebens lag jedoch weiterhin in Mittelweilersbach. Um 1850 zählte die jüdische Gemeinde etwa 100 Mitglieder, etwa 22 Prozent der Einwohner von Mittelweilersbach/Oberweilersbach. Sie gehörten zum Rabbinat Pretzfeld, wo auch die Toten beigesetzt wurden (nachgewiesen bereits zwischen 1692/93 und 1696/97 und 1769/73). Ein eigener jüdischer Friedhof bestand nicht. Im Grundstück "Judenanger" wird ein jüdischer Begräbnisplatz vermutet, was jedoch durch keine Urkunden oder Bodenfunde bestätigt werden kann.
Eine nennenswerte Zahl war in der Landwirtschaft beschäftigt, wobei nur das Existenzminimum für einen Haushalt zu erwirtschaften war. Bis Anfang der 1860er konnte sich die Gemeinde dennoch einen eigenen Melamed finanzieren, der wohl gleichzeitig die Aufgaben des Schochet und Chasan übernahm. Mit Aufhebung der Niederlassungsbeschränkung 1861 ergab sich auch mit die Gemeinde Mittelweilersbach ein starker Umbruch. Die wohlsituierten Familien zogen nach Forchheim oder Wannbach, während die ärmeren Familien die anfallenden Kosten z. B. für den Religionslehrer nicht mehr tragen konnten. Zwischen 1868 und 1874 wurde das Gemeindevermögen durch das Bezirksamt Ebermannstadt verwaltet. Die Auflösung der Gemeinde 1876 war deshalb zwangsläufig. Am 15. Mai 1876 wurden durch den letzten Kultusvorstand Max Rosenbaum in Anwesenheit von Rabbiner Kohn aus Baiersdorf sämtliche beweglichen und unbeweglichen Gegenstände verkauft, das Synagogengebäude wohl nur wenig später abgebrochen.
Bis zur Gegenwart erhalten sind die ehemaligen "Judenhäuser" (Fachwerkhäuser mit jeweils zwei Wohnungen) im Bereich des Schlossplatzes und der Schlossgasse (hier zwei zusammengebaute Viererreihen von Wohnhäusern). Eine kommunale Infotafel weist vor dem Anwesen Schlossplatz 7/9 auf die Geschichte der jüdischen Wohnhäuser hin. Der Schlossplatz ist bis zur Gegenwart im Besitz des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Auf dem Platz steht ein Gedenkstein mit Bronzetafel, deren Inschrift an die jüdische Gemeinde von Mittelweilersbach und ihre Synagoge erinnert.
Alemannia Judaica (Joachim Hahn)
Bilder
Bevölkerung 1875
Literatur
- Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien, 4), Nürnberg 2017.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 230.
- Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. S. 236-243.
- K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36), S. 132.
Weiterführende Links
- Gemeinde Mittelweilersbach (Alemannia Judaica)
- Gemeinde Mittelweilersbach (Alicke - Jüdische Gemeinden)
- Die Juden von Weilersbach prägten das Dorf (InFranken.de 2018)
- Jüdisches Wohnhaus, Schloßplatz 7/9 (Bayerischer Denkmal-Atlas)
- Jüdisches Wohnhaus, Schloßplatz 8 (Bayerischer Denkmal-Atlas)
- Jüdisches Wohnhaus, Schloßplatz 4/6 (Bayerischer Denkmal-Atlas)