In Mistelfeld, heute ein Ortsteil von Lichtenfels, gab es seit dem 18. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde. Schutzgeber war das Kloster Langheim, das die Grundherrschaft ausübte. Erste Spuren verweisen in das ausgehende 17. Jahrhundert. 1676 werden mit Wolf und (H)Ester die beiden ersten jüdischen Bewohner Mistelfelds namentlich bekannt. 1693 und 1698 wird ein Herz aus Mistelfeld als Getreidelieferant an das kaiserliche Proviantamt in Bamberg genannt. 1785 sollen 59 jüdische Einwohner, etwa 11 Prozent der Ortsbevölkerung, in Mistelfeld gelebt haben. Bemerkenswert ist, dass zwischen 1747 und 1774 mindestens sieben in Mistelfeld geborene Juden zum Christentum konvertierten. Fünf von ihnen wurden im Kloster Langheim getauft. Diese hohe Zahl lässt einen deutlichen Druck von außen zur Konversion vermuten.
Das in den 1820er Jahren angelegte Matrikelverzeichnis weist 14 Stellen aus. Gumpert Gutherz (geb.1780) und seine Frau Karolina (geb.1791) betrieben ein Ladengeschäft mit Kramwaren und Spezereihandel. Sie bewohnten ein Haus und gaben 1500 Gulden Vermögen an. Der Viehhändler Abraham (geb.1771) und seine Frau Ester (geb.1773) Bilderschoen hatten seit 1789 einen Schutzstatus des Klosters Langheim. Auch der Viehhändler Seckel Goldmann (geb.1773) und seine Frau Sara (geb.1775) hatten seit 1792 einen Schutzstatus durch Langheim ebenso wie seit 1789 der Viehhändler David Goldmann (geb. 1770) und seine Frau Zortel (geb.1783). Auch Nathan Rosenbaum (geb. 1775, verheiratet mit Sara (geb. 1788), war Viehhändler wie Aron Schola Kornblüt (geb.1772) und Pfeuffer Joseph Trunstädter (geb.1778). Lewi Seckel Liebermann (geb,1754), David Rosenthal (geb. 1776), Karmann Grünfelder (geb.1764) und Salomon Siegmann (geb. 1763) waren Viehhändler. Der 1800 geborenen Wolf Siegmann übte die Tätigkeit eines Korbflechters aus. Der Wohlstand der Ansässigen dürfte bescheiden gewesen sein, da in der Regel nur ein Hausanteil und geringe Vermögen angegeben wurden. Ohne Schutzstelle wurde der Vorsänger, Schächter und Religionslehrer "ohne besondere Concession" Lewi Liebmann, geboren 1771, aufgelistet. Von seinen fünf Kindern war der 1808 geboren Seligmann auf der Talmudschule in Fürth.
Die jüdische Gemeinde dürfte zu dieser Zeit etwa 40 Personen umfasst haben. Für 1833 gibt die Pfarrbeschreibung des Erzbistums Bamberg bei einer Gesamtbevölkerung in Mistelfeld von 496 Personen 63 jüdische Einwohner an. "Die Juden haben eine eigene Synagoge." Die gleichen Angaben finden sich auch 1840, während 1852 noch 20 jüdische Einwohner am Ort lebten. 1875 gab es keinen jüdischen Einwohner mehr in Mistelfeld.
Literatur
- Michaela Schmölz-Häberlein (Hg.): Jüdisches Leben in der Region. Herrschaft, Wirtschaft und Gesellschaft im Süden des Alten Reiches. Baden-Baden 2018, S. 309.
- Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien, 4), Nürnberg 2017
- Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 395.
- Günter Dippold: "...auch wohnen viele Juden im Orte". Die Mistelfelder Juden. In: Günter Dippoldt (Hrsg.): 850 Jahre Mistelfeld - Festschrift der Mistelfelder Vereine, Lichtenfels 1992, S. 108-126.