Mitte des 17. Jahrhunderts lassen sich zum ersten Mal jüdische Familien in Memmelsdorf nachweisen. Um 1700 lebten dort zwölf Haushalte. Zu dieser Zeit hat sich wahrscheinlich eine jüdische Gemeinde gebildet. Als Grundherren waren die Freiherren von Greiffenclau die Schutzherren der in Memmelsdorf lebenden Juden. 1728 stellte Lothar von Greiffenclau ein Grundstück für den Bau einer Synagoge zur Verfügung. Die etwa vierzig Familien umfassende jüdische Gemeinde gab sich 1770 ein Statut zur Selbstorganisation der Gemeinde. Es regelte die Verteilung der Ehrenämter in der Synagoge, den Umgang mit Bedürftigen und die Aufgaben der Gemeindeverwaltung.
Der Viehhandel und der Warenhandel waren die Haupterwerbszweige der Gemeindemitglieder. Die Gemeinde zählte 1817 42 Familien mit 243 Personen. Diese Zahl sank aber im Verlauf der nächsten Jahrzehnte aufgrund von Wegzug und Auswanderung sehr stark, sodass die Gemeinde 1925 nur noch 33 Personen umfasste. Als Ersatz für das baufällig gewordene Schulgebäude errichte die Gemeinde 1896 in unmittelbarer Nähe zur Synagoge ein neues zweigeschossiges Schulgebäude. Aufgrund der stark gesunkenen Schülerzahl wurde aber 1912 die jüdische Elementarschule aufgelöst.
Die nach 1933 in Memmelsdorf verbliebene Gemeinde bestand nur noch aus wenigen Personen. Im Zuge des Novemberpogroms 1938 wurden sie im Gefängnis festgehalten und ihre Häuser und Wohnungen zerstört und geplündert. 1939 hatten die verbliebene Memmelsdorf verlassen. Nach der Deportation wurden sie Opfer der Shoah.
Bilder
Bevölkerung 1910
Literatur
- Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.) / Cornelia Berger-Dittscheid (Bearb.): Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg in Kooperation mit dem Team des Synagogen-Gedenkbands Bayern und dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. München 2021 (= Staatliche Archive Bayerns - Kleine Ausstellungen 68), S. 20f.
- Axel Töllner / Hans-Christof Haas: Memmelsdorf mit Gleusdorf, in: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 539-564.
- Aubrey Pomerance: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Franken. In: Michael Brenner / Daniela F. Eisenstein (Hg.): Die Juden in Franken. München 2012, S. 95-113.
- Magnus Weinberg: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Bayern, Bd. 1. Frankfurt am Main 1937, S. 172-174.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 212.
Weiterführende Links
- Träger- und Förderverein Synagoge Memmelsdorf (Ufr.) e.V.
- Jüdische Gemeinde Memmelsdorf (Alemannia Judaica)
- Gemeinde Memmelsdorf (Alicke - Jüdische Gemeinden)
- Jüdisches Wohnhaus mit Mikwe (Bayerischer Denkmal-Atlas)
- Rudolf Endres, Gebrüder Bing, Nürnberg, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns
- Magnus Weinberg: Die Memorbücher der jüdischen Gemeinden in Bayern, 2 Bde., Frankfurt/Main 1937 u. 1938