In Lonnerstadt (Landkreis Erlangen-Höchstadt) wohnten im 18. Jahrhundert jüdische Familien. Marx und Eva Strauß zogen Mitte des 18. Jahrhunderts nach Bamberg und konvertierten zum Katholizismus. Unter den Nachfahren findet sich auch eine Spur zum niederländischen Königshaus.
1803 lebten in Lonnerstadt in 24 Häusern 173 Einwohner und fünf "Schutzverwandte". Darunter sind die Oberhäupter der jüdischen Familien mit einem Schutzstatus zu verstehen.
Die 1822 erstellte Matrikelliste führt neun Familien auf. Abraham Moises Adler, geboren 1767, hatte sechs Kinder und war Hausierer. Loeb Moises Hecht, geboren 1786, hatte einen Schnittwarenhandel im Laden und auf Märkten. Er besaß ein halben Haus und wurde auf 2000 Gulden Vermögen geschätzt. Moises Schlam Hecht, geboren 1752, hatte sechs Kinder, die fast alle nicht mehr am Ort wohnten. Der Hopfenhändler Salomon Moises Hecht, geboren 1781, sechs Kinder, besaß ein halbes Haus und 1500 Gulden.
Die Witwe Adelheid Leitner, geboren 1766, mit sieben Kindern, war mit der Bezeichnung "Oekonomin" und einem Vermögen von 1500 Gulden eingetragen. Ihr ältester Sohn Moises Jacob Leitner, ca. 1785 geboren, war "vermißt seit dem letzten Feldzug nach Rußland". Diese Bemerkung wurde von späterer Hand durchgestrichen und durch "opticus" ersetzt. Simon Jacob Leitner, geboren 1788, hatte einen Schnittwarenhandel im Laden und auf Märkten. Er besaß ein halbes Haus und 1050 Gulden.
Rachel Rosenthal, geb. 1758, Witwe von David Scholum, lebte von den Almosen ihrer Kinder. Die 1786 geborene Regina Rosenthal, Witwe von Scholum David, betrieb ihren Schnittwarenhandel im Laden und auf Märkten. Die 1770 geborene verwitwete Charlotte Strauß mit acht Kindern betrieb eine Schnittwaren- und Spezereihandlung im offenen Laden und besaß ein Vermögen von 1000 Gulden mit einem Haus.
Bis etwa 1850 wurde davon sechs Stellen neu besetzt. Einer war der "Opticus" Benedikt Scherer, 1826 geboren, der 1861 diese Matrikelstelle erhielt. Er wurde 1865 in einen Bigamieprozeß verwickelt, über den auch in München und Landshut berichtet wurde. Der Beschuldigte wurde immer als "Israelite" kenntlich gemacht. Scherer hatte 1851 Gela Bernet aus Frensdorf geheiratet, aber bereits vorher mit Rebekka Zimmermann auf seinen Geschäftsreisen im Rheinland eine Beziehung geführt. 1862 war er mit Zimmermann von einem Religionslehrer kirchlich getraut worden. Die Sache flog auf, als Rebekka Zimmermann auf die Nachricht einer schweren Erkrankung von Scherer mit den beiden gemeinsamen Kindern nach Lonnerstadt reiste und dort auf die andere Ehefrau traf. Die Verteidigung versuchte vergeblich, die Gültigkeit der zweiten Ehe infrage zu stellen, da wichtige religiöse Vorschriften nicht beachtet worden seien. Scherer wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, was eine Münchner Zeitung zum Bigamievorwurf zur Bemerkung veranlasste: "Auch was Seltenes bei Israeltiten, aber das heißt man 'Fortschritt'".
In den 1860er Jahren lebten noch etwa 36 Jüdinnen und Juden in Lonnerstadt. Der Ort gehörte 1889 zum Distriktsrabbinat Burgebrach und zählte noch zwölf Gemeindemitglieder unter dem Vorsteher Weinberg. Es handelt sich wahrscheinlich um Robert Weinberg, Inhaber eines Schnittwarenladens und eines Hopfenhandels.
1905 lebten nach Angaben des Statistischen Jahrbuches des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes in Lonnerstadt noch 5 Juden. davon war drei Steuerzahlen, die zehn Mark Kultussteuer aufbrachten. Lonnerstadt zählte zu dieser Zeit noch als Israelitische Kultusgemeinde mit der Filialgemeinde Höchstadt, in der wiederum sechs Juden wohnten. 1911 war Lonnerstadt mit 6 Gemeindemitgliedern zusammen mit Höchstadt Filialgemeinde von Adelsdorf. Im Jahrbuch von 1913 fehlt die Gemeinde.
Von den in Lonnerstadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen: Bruno Weinberg (geb. 1888 in Lonnerstadt, umgekommen Dezember 1938 in Dachau); Manfred Weinberg (geb. 1890 in Lonnerstadt, umgekommen 1945 im Ghetto Theresienstadt), Robert Weinberg (1851, umgekommen nach Deportation im Mai 1941 in Récébédou).
Literatur
- Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien, 4), Nürnberg 2017
- Guth, Klaus: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch, Bamberg 1988 (Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur, 1)., S. 395
- Schwierz, Israel: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern, 2. Aufl. München 1992, S. 166
- Fleischmann, Johann: 1752/201?: In nur acht Generationen vom Lonnerstadter Schutzjuden zum König der Niederlande, in: Mesusa 8. Aus der jüdischen Vergangenheit von Walsdorf, Lonnerstadt, Aschbach und anderen Orten Frankens, Mühlhausen 2011, S. 114-127.
- Mennel, Monika / Fleischmann, Johann: 1880-1910: Spuren der Familie Robert und Rosalie Weinberg in Lonnerstadt und Höchstadt. In: Mesusa 4. Lebensbeschreibungen und Schicksale, Mühlhausen 2004, S. 135-149.