Die ersten gesicherten Hinweise über Schutzjuden in der Grundherrschaft von Burg Lisberg stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 1739 wurde der jüdische Friedhof eingerichtet. Die jüdische Gemeinde gehörte dem Distriktsrabbinat Burgebrach an und umfasste im 18. Jahrhundert kontinuierlich mehr als zwölf Familien. Die Wohnhäuser lagen im Gebiet zwischen dem Kaulberg, der Kasernenstraße und dem Brunnenweg. Im Obergeschoß des Hauses Kolberg 5 befand sich ein Betraum, das Gebäude selbst hatte vier Eigentümer. Für die kleine Gemeinde, die um 1800 über zwanzig Familien umfasste, war der Bau und Unterhalt einer eigenen Schule nicht zu finanzieren. Die Kinder gingen deshalb zum Religionsunterricht nach Kolmsdorf. Die Matrikelaufstellung aus den 1820er Jahren weist 17 Schutzstellen nach, dazu ohne eigene Schutzstelle den Vorsänger Joseph Simon (*1760). 1824 umfasste die jüdische Gemeinde etwa 80 Männer und Frauen bei einer Gesamteinwohnerzahl von 524 Seelen. Die Lisberger Juden waren als Viehhändler, Schnittwarenhändler und Hausierer tätig. Die siebzehn Familien lebten in zehn Häusern, vier Familien davon teilten sich ein Haus, zwei Familien waren ohne Grundbesitz. Im Jahr 1880 konnten nur noch neun Familien die anfallenden Schulbeiträge bezahlen. Die verbliebenen 15 Gemeindemitglieder schlossen sich durch einen Regierungsbeschluss im Jahr 1908 der IKG Trabelsdorf an. Der überflüssige Betraum wurde durch den Trabesldorfer Vorstand verkauft. 1910 lebten nur noch sieben Juden im Ort.
Von den in Lisberg geborenen und/oder längere Zeit wohnhaften jüdischen Personen wurde Lina Fromm (*1870 in Lisberg, wohnhaft in Lisberg bis zum 16. Juni 1940, danach in das jüdische Altersheim Regensburg gezogen und von dort deportiert) im Ghetto Theresienstadt ermordet.
Schülerinnen und Schüler eines P-Seminars am Kaiser-Heinrich-Gymnasium Bamberg haben mit ihrer Lehrerin Christa Horn nahezu 90 Biographien von jüdischen Bürgern aus Lisberg und Trabelsdorf erstellt, unterstützt von Nachfahren im In- und Ausland. Dieses "Gedenkbuch für die jüdische Bevölkerung in den ehemaligen Gemeinden Trabelsdorf und Lisberg" wurde 2019 veröffentlicht.
Persönlicher Dank geht an Christa Horn, Trabelsdorf, für die freundliche Unterstützung
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1910
Literatur
- Christa Horn / Gemeinde Lisberg (Hg.): Gedenkbuch für die jüdische Bevölkerung in den ehemaligen Gemeinden Trabelsdorf und Lisberg des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums Bamberg. Lisberg 2019.
- Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien, 4), Nürnberg 2017.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 228.
- Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 228-236.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 141.