In Lenkersheim, heute ein Ortsteil von Bad Windsheim, bestand eine zeitweise jüdische Gemeinde im 18./19. Jahrhundert. Aber bereits seit etwa um 1500 lebten Juden am Ort. Es handelte sich um einige 1498 aus Nürnberg vertriebene Juden.
Im 17. Jahrhundert wurden jüdische Familien seit 1691 aufgenommen. 1692 entrichteten Salomon Jud und Löw Jud ihr Bürgergeld. 1699 verzog Salomon Jud der Rote von Kaubenheim nach Lenkersheim. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren zwischen 5 und 10 jüdische Familien am Ort (1709 6 jüdische Haushaltungen, 1712 9, 1728 und 1736 je 5). 1771 wurden 13 jüdische Familien am Ort gezählt. Es gab damals 6 "Judenhäuser" in Lenkersheim mit zusammen 59 Bewohnern. 1789 wurde von folgenden jüdischen Haushaltsvorständen Schutzgelder erhoben (jeweils 5 oder 6 Gulden): David Levi, Jacob Moses, David Joseph Levi, Joseph David Levi, Baruch Levi, Liebermann Hirsch, Maendel Jantoph Meyer, Löw Maendel. Die jüdischen Familien lebten von Handel mit Vieh, Hopfen oder Spezereiwaren.
1813 werden 18 jüdische Haushaltungen genannt. Nach den Angaben des damaligen Vorstehers der jüdischen Gemeinde Pfeiffer Joseph Levi lebten die Familien in einigermaßen befriedigenden wirtschaftlichen Verhältnissen (da sie sich "im Grund doch alle mehr oder weniger zu nähren wissen"). Als Familienvorstände werden für 1813 vor allem genannt: Moses Levi Ikelheimer, Laemlein Moses Ikelheimer, Hayum Israel Waldmann, Moses Seligmann Uhlmann, Kallmann Seligmann Uhlmann, Levy Bernhard Ertheiler. Aus dem Jahr 1832 liegt ein sehr präzises Verzeichnis des Lenkersheimer Dorfvorsteher Gärtner zur jüdischen Gemeinde vor, in dem insbesondere folgende Familien genannt werden: Liebermann Dispecker, David Dormitzer, Lämmlein Ickelheimer, Moses Ullmann, Löw Ertheiler, Samuel Bär Uhlfelder, Kallmann Berchtheimer, Moses Schwarzbart, Isaack Löwenfels, Maier Stein. 1840 werden 19 jüdische Familien genannt. Ihre Zahl ging bereits bis 1867 auf 13 zurück. Um 1860 gab es unter den jüdischen Haushaltsvorständen folgende Berufe: sechs Hausier- und Kleinwarenhändler, ein Seifensieder, ein Kleiderhändler, ein Spezereihändler/Krämer.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1805 73 jüdische Einwohner (von insgesamt 577), 1821 87 (von 468), 1827 90 (von 506), 1832 86 (von 615; 40 männliche, 46 weibliche jüdische Einwohner), 1838 79 (von 548), 1840 70 (von 630), 1856 45 (von 622), 1867 45 (von 583), 1880 23 (von 543), 1890 10 (von 524) 1900 4 (von 498). Mit der Aufhebung der Niederlassungsbeschränkung ist also durch Umzug und Wegzug eine deutliche Verkleinerung der jüdischen Gemeinde festzustellen.
Das Schulgebäude befand sich im Haus Nr. 57b, als "Judenschule" erstmals 1755 bezeugt. Von der jüdischen Gemeinde wurde das Gebäude am 9. Februar 1801 gekauft.
Die Gemeinde hatte bis Anfang des 19. Jahrhunderts einen Rabbiner (später "Rabbinatssubstitut" = Vertreter des Rabbiners) / Vorbeter angestellt. 1813 wird berichtet, dass der Rabbiner vor kurzem gestorben sei und nun der Schächter seine Aufgaben übernommen habe. Bereits 1813/14 und noch 1832 wird als "Vorsinger und Rabbi" in Lenkersheim der (1832 "in den Jahren bereits vorgerückte") Seligmann Kallmann Aumann genannt, noch ein ungeprüfter Lehrer. Er hatte neben sich als Schächtgehilfen den 17 Jahre alten Wolf Henle (Stimpfig S. 391 u.ö.). Seit 1828 war als "sehr gebildeter, kenntnisreicher und geprüfter Lehrer" Aaron Wolf (= Wolfgang) Lippmann (geb. 1805 in Wannbach) Religionslehrer und Vorbeter in Lenkersheim; er war am königlichen Schullehrerseminar in Bamberg ausgebildet worden (Prüfung 1827) und starb 1846 (siehe Bericht unten). Von 1838 bis 1880 gehörte Lenkersheim zum Rabbinatsbezirk Welbhausen. Um 1850 war Seligmann Ullmann in Lenkersheim Vorbeter und Schächter. Über mehrere Jahrzehnte war als Lehrer / "hebräischer Lehrer" neben dem Rabbinatssubstituten / Vorsänger Isaac Löwenfels tätig. Er unterrichtete zeitweise auch die Kaubenheimer Kinder, war jedoch auch ein noch ungeprüfter Lehrer (gest. 1871).
In Zuge der Gründung der jüdischen Gemeinde in Windsheim würde auch über eine Auflösung der Gemeinde in Lenkersheim diskutiert. Nach einer Stellungnahme des Distriktsrabbiners waren jüdische Familien auch aus Lenkersdorf nach Windsbach gezogen. Es würden aber immer noch mehr als zehn religiös volljährige Mitglieder in Lenkersdorf leben, weswegen von einer Auflösung abzuraten sei. Das Bezirksamt folgte dieser Argumentation, wies allerdings darauf hin, dass die Gemeinden in Lenkersheim und Ickelheim in näherer Zukunft sowieso nicht mehr Bestand haben dürften.
Mit Regierungsbeschluss vom 15. Oktober 1887 wurde die jüdische Gemeinde Lenkersheim aufgelöst, die letzten der jüdischen Einwohner der Windsheimer jüdischen Gemeinde zugeteilt. Im April 1902 verließ die letzte jüdische Familie (eine Familie Ickelheimer) den Ort.
Von den in Lenkersheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen Sigmund Ickelheimer (geb. 1864 in Lenkersheim, später in Würzburg, deportiert in das KZ Theresienstadt, verschollen), Babette Ickelheimer (geb. 1867 in Lenkersheim, später in Würzburg; gest. 1943 im KZ Theresienstadt), Leopold Waldmann (geb. 1884 in Lenkersheim, später in Augsburg; gemeinsam mit Frau Sophie geb. Holzer verschollen im Vernichtungslager Belzec), Sigmund Waldmann (geb. 1882 in Lenkersheim, später in Augsburg; 1943 deportiert in das KZ Auschwitz).
Literatur
- Eckstein, Adolf: Geschichte der Juden im Markgrafentum Bayreuth. Bayreuth 1907.
- Stimpfig, Karl Ernst: Chronik Lenkersheim. Dokumentation - Schicksal einer ehemaligen fränkischen Reichsstadt - 1200 - 2000, Herzogenaurach 1999.
- Stimpfig, Karl Enst: Juden in West-Mittelfranken. Eine Dokumentation. Lauf 2003
- Steinmetz, Horst / Hofmann, Helmut: Die Juden in Bad Windsheim nach 1871. Bad Windsheim 1992.
- Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hrsg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler., Lindenberg i. Allgäu 2010, 70