Jüdisches Leben
in Bayern

Laudenbach (Miltenberg) Gemeinde

Nur sehr wenig ist über die jüdische Gemeinschaft in Laudenbach b. Klingenberg bekannt. Das Dorf gehörte dem bedeutenden Adelsgeschlecht der Freiherren von Fechenbach, die vom 14. Jahrhundert bis zu ihrem Aussterben im Mannesstamm 1907 in Laudenbach und Sommerau residierten. Nach der Mediatisierung behielten die Fechenbacher noch bis 1848 das Patrimonialrecht im Ort. Sie holten die ersten Schutzjuden auf ihre Domäne, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (zumindest entspräche dies einer allgemeinen Entwicklung in Unterfranken). Als Laudenbach im Jahr 1814 endgültig zu Bayern kam und die Paragraphen des Judenedikts umgesetzt wurden, vergaben die Beamten in Laudenbach insgesamt acht Matrikelstellen: 1. Lesermann Daniel Wald (Nothandel und Maklerei), 2. Maier [Menasses] Lindheimer (Ellenwarenhandel), 3. Elias Mannheimer (Viehhandel), 4. Baerle Schloß (Ellenwarenhandel), 5. Manasses Lindheimer (Ellenwarenhandel und Schlachten), 6. Jakob Öhl (Nothandel), 7. Moses Mannheimer (Viehhandel), 8. Sara, Witwe des Samuel Kosack (Nothandel, später Tagelohn). Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts wuchs die Gemeinde und konnte in den 1830er Jahren wahrscheinlich einen Minjan bilden. Für ihre Gottesdienste versammelten sich die jüdischen Familien in einem der Privathäuser, wahrscheinlich wurden sie vom Distriktsrabbinat Aschaffenburg aus betreut. 1840 lebten bei einer Gesamtbevölkerung von 624 Personen immerhin fünf Juden in Laudenbach (8 %), womit die Gemeinde ihren Höhepunkt erreichte. Dann traf sie die allgemeine große Aus- und Abwanderungswelle mit voller Wucht. Ganze Familien, vor allem die Jugend verließ das wirtschaftlich und sozial beengte Franken, um sich in Übersee eine bessere Zukunft aufzubauen. Dieser Trend verschärfte sich ab 1861 durch die neu gewonnene freie Wohnorts- und Berufswahl. 1875 war die Zahl der Jüdinnen und Juden in Laudenbach auf acht gesunken. Die Gemeinde hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst, weil kein Minjan mehr zustande kam. Bei der nächsten großen Volkszählung im Jahr 1910 lebte keine Person jüdischen Glaubens mehr im Ort. Wann genau aber die letzten von ihnen Laudenbach verlassen haben, ist unbekannt.


(Patrick Charell)

Bevölkerung 1875

Literatur

  • Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikel von 1817. Würzburg 2008 (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 13), S. 182 u. 190.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 92.
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 234.
  • K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36). S. 206.
  • Max Siebert: Das Königreich Bayern topographisch-statistisch in lexicographischer und tabellarischer Form dargestellt. München 1840. S. 425.