Jüdisches Leben
in Bayern

Kronach Gemeinde

Einige Juden aus Kronach fielen bereits 1298 dem Rintfleischpogrom zum Opfer. Sie sind in dem Nürnberger Memorbuch, das ab 1296 in Gebrauch war, namentlich erwähnt. Gerichtsakten aus den Jahren 1387 bis 1403 dokumentieren Klagen Kronacher Juden gegen säumige Schuldner. Sie wohnten wohl damals schon in der Judengasse im Westteil der oberen Stadt, die zwar erst im 16. Jahrhundert so genannt wurde, aber vermutlich schon im Mittelalter existiert hatte. Ende des 14. und Mitte des 15. Jahrhunderts sind vier bis fünf jüdische Familien im Ort nachgewiesen. Auch in anderen fränkischen Städten gibt es aus dieser Zeit Nachrichten über Juden aus Kronach. Um 1478 wurden aber alle Juden aus dem Hochstift Bamberg vertrieben.

Erst aus den Jahren 1618 bis 1648 finden sich wieder stichhaltige Belege über ihre Existenz in der Stadt. Vermutlich suchten sie hier Schutz vor den Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Nach dessen Ende hatte sich die einheimische Bevölkerung so stark verringert, dass man die Ansiedlung von Juden förderte. Auch aus Osteuropa strömten viele wegen ihres Glaubens verfolgte jüdische Familien nach Franken.

Während die Reichsstände die Juden schätzten, da sie die Wirtschaft belebten und Schutzgeld bezahlten, waren sie bei den Bürgern höchst unbeliebt. 1658 beschloss der Kronacher Stadtrat, dass keine Juden „aus Polen und derlei Orten“ mehr die Stadt betreten dürfen. Die antisemitischen Tendenzen verstärkten sich in den folgenden Jahren. Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (reg. 1693-1729) lieferte dann durch einen Getreidehandel im Jahr 1699 den Auslöser für eine Verfolgungswelle, bei der von Bamberg ausgehend auch die fünf jüdischen Häuser in Kronach geplündert wurden. Während 1692 noch 36 Juden in der Stadt gemeldet waren, sank ihre Anzahl bis 1707 auf sieben Personen und sollte erst im Laufe des 19. Jahrhundert wieder nennenswert anwachsen. Ihre letzte Ruhestätte fanden die Kronacher Juden auf dem Distriktfriedhof in Burgkunstadt. Vor 1776 diente ihnen und den Juden aus dem Pfarrdorf Friesen (Ortsteil Kronach) möglicherweise der "Rosenberghang" am Dörfleser Weg als gemeinsamer Friedhof. Eine eigene Mikwe haben die Kronacher Israeliten nie besessen.

1823 waren 23 Juden in Kronach gemeldet. Erst nach Aufhebung des Matrikelparagraphen 1861 erhöhte sich die israelitische Einwohnerschaft, denn die benachbarten Kultusgemeinden in Friesen, Küps und Mitwitz lösten sich auf und viele Juden aus den umliegenden Orten siedelten nach Kronach um, da die Stadt nun auch durch ihren Eisenbahnanschluss sehr an Attraktivität gewonnen hatte. Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Burgkunstadt, später zum Bezirksrabbinat Bayreuth.

Bis 1881 vergrößerte sich die Kronacher Gemeinde auf zwölf Familien mit insgesamt 86 Personen. Deshalb strebte man die Gründung einer israelitischen Kultusgemeinde an, die nach einigen Schwierigkeiten von der Regierung von Oberfranken 1883 genehmigt wurde. In jenem Jahr erreichte die jüdische Gemeinde ihren Höchststand mit 102 Personen. Nach der Jahrhundertwende zogen viele Gemeindemitglieder aus beruflichen Gründen in größere Städte um. Auch die ständigen Auseinandersetzungen zwischen orthodoxen und reformorientierten Mitgliedern brachte manche Juden dazu, der Stadt den Rücken zu kehren. Dies bedeutete für die Kultusgemeinde starke finanzielle Verluste, die es schwierig machten ihre Einrichtungen zu erhalten.

1909 gehörten dem Verbund nur noch 16 Familien mit insgesamt 57 Mitgliedern an. Die Last der Gemeindesteuer verteilte sich auf immer weniger Schultern, viele konnten sie sich nicht mehr leisten. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 verringerte sich die Zahl der Kronacher Juden zusehends, da viele aus Furcht vor Verfolgung und Repressalien ins Ausland flüchteten. In der Pogromnacht vom 9. auf 10. November 1938 führten Parteiangehörige der NSDAP Hausdurchsuchungen bei den Israeliten durch und verhafteten zwei von ihnen. Alle noch in Kronach ansässige Juden mussten ihre Häuser und Grundstücke weit unter Wert verkaufen. Anschließend wurden in den drei großen Deportationen fränkischer Juden 1941/42 insgesamt 18 Menschen aus Kronach verschleppt und ermordet.

1964 hat die Stadt Kronach auf dem Friedhof einen Gedenkstein errichten lassen, der an die ehemaligen jüdischen Mitbürger erinnert, die während der NS-Zeit ermordet wurden. Der Text wurde vor kurzem von der Stadt Kronach neu überarbeitet.


(Christine Riedl-Valder)

Bilder

Bevölkerung 1910

Literatur

  • Angela Hager / Hans-Christof Haas: Kronach. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 178-185.
  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggf. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 153.