Spätestens im 17. Jahrhunderts, vielleicht schon früher, gab es jüdisches Leben in Kirchheim. Die hier lebenden Schutzjuden zahlten ihre Gebühren an die Grafen Geyer von Giebelstadt und an das Ritterstift St. Burkhard. Mit dem Tod des Grafen Heinrich Wolfgang von Geyer im Jahr 1708 fielen die Anteile an der Dorfherrschaft an das Stift, bei dem sich der Dorfvorstand 1722 wegen der "vielen" (neun) jüdischen Familien und deren Viehstand beschwerte - die Mehrheit der Hausväter arbeitete als Viehhändler. Im Jahr 1727 genehmigte der Würzburger Erzbischof der jüdischen Kultusgemeinde den Bau einer Synagoge. Das neue Gemeindehaus (heute Gartenstraße 3) mit Ritualbad, Schulraum, Lehrerwohnung und Betsaal war schon bald fertiggestellt. Die Toten fanden auf dem Verbundfriedhof in Allersheim ihre letzte Ruhestätte.
Für das 19. und 20. Jahrhundert gibt es nur wenige Nachrichten über die jüdische Kultusgemeinde in Kirchheim. Es handelte sich stets um eine zahlenmäßig kleinere Glaubensgemeinschaft, ihren Höchststand erreichte sie um 1814/15 mit 52 Personen.
Daher teilte man sich wohl schon in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Nachbargemeinde Geroldshausen einen Religionslehrer. Nachdem 1861 der Matrikel-Paragraph aufgehoben worden war, zog ein Großteil der Israeliten aus den Dörfern in die Städte um. Auch in Kirchheim machte sich der Mitgliederschwund bemerkbar. Bereits 1876 beriet man sich deshalb über eine Zusammenlegung mit der Kultusgemeinde Geroldshausen. Der zuständige Würzburger Distriktsrabbiner Seligmann Bär Bamberger meldete jedoch Bedenken an, denn die einstündige Wegstrecke zur Synagoge in Geroldshausen wäre den religiösen Bestimmungen zufolge für die jüdischen Gottesdienstbesucher am Sabbat und an Feiertagen zu lang gewesen. Man hoffte auf ein zukünftiges Anwachsen der Gemeindezahlen und die Anstellung eines eigenen Vorbeters und Lehrers. Von 1878 bis 1895 war Julius Sommer aus Wittelshofen Religionslehrer in den Kultusgemeinden Kirchheim und Geroldshausen. Trotz einer Stabilisierung der Mitgliederzahl bis zur Jahrhundertwende musste die Kultusgemeinde Kirchheim 1908 aufgelöst werden.
(Christine Riedl-Valder)
Bevölkerung 1910
Literatur
- Freilandmuseum Franken Bad Windsheim / Herbert May (Hg.): Lang gegrindet - Jüdisches Leben in Franken. Bad Windsheim 2022, S. 40.
- Cornelia Berger-Dittscheid: Geroldshausen mit Kirchheim. In: Wolfgang Kraus, Gury Schneider-Ludorff, Hans-Christoph Dittscheid, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd III/1: Unterfranken, Teilband 1. Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger unter Mitarbeit von Gerhard Gronauer, Jonas Leipziger und Liesa Weber, mit einem Beitrag von Roland Flade, Lindenberg im Allgäu 2015, S. 640-650.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 243.