In Kelheim existierte bis 1338 eine kleine jüdische Gemeinde, die während der von Deggendorf und Straubing ausgehenden Verfolgungswelle vernichtet wurde. Über ihre Einrichtungen wie Synagoge, Ritualbad usw. ist nichts bekannt. Außer dieser urkundlich gesicherten Tatsache gibt es heute kein weiteres Zeugnis für jüdisches Leben im Mittelalter. Wahrscheinlich hatte sich die Gemeinde in der ersten Blütezeit zwischen 1181 (Verleihung der Stadtrechte) und 1231 (Ermordung Herzogs Ludwig I.) gebildet, denn in dieser Zeit war Kelheim eine bevorzugte Residenz der Wittelsbacher. Anschließend wurde das neu gegründete Landshut die Hauptstadt der niederbayerischen Herzöge, wo sich dann ebenfalls viele dem Hof nahestehende jüdische Geschäftsleute niederließen. Ihre Toten begruben die Kelheimer Juden auf dem großen Friedhof in Regensburg. Ein Grabstein aus jenem Friedhof, datiert auf 1249, wurde nach der Zerstörung der Regensburger Gemeinde 1519 in das Haus der Kelheimer Stadtapotheke eingelassen (Donaustraße 16). Das Anwesen ist im Bayerischen Denkmal-Atlas erfasst. Auch im sog. "Klösterl", einer ehemaligen franziskanischen Einsiedelei außerhalb der Stadt, wurden insgesamt drei Grabsteine aus Regensburg eingefügt. Ob all diese Steine nur als Trophäe, also wahllos nach Kelheim verschleppt wurden, oder tatsächlich einen direkten Bezug zur 1338 ausgelöschten Gemeinde hatten, ist heute nicht mehr festzustellen. Erst im späten 19. Jahrhundert ließen sich einige wenige jüdische Personen im Ort wieder, die bereits um 1910 wieder verzogen waren. Heute gehört Kelheim zum Einzugsgebiet der IKG Straubing/Niederbayern.
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1875
Literatur
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 339.
- K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36), S. 49.