Die früheste Kunde über jüdisches Leben in Kaufbeuren ist ein Gnadenerweis Kaiser Karls IV. vom 27. Januar 1348. Er bestätigte darin der Reichstadt alle Freiheiten, dass die Judensteuer erlassen sei und alle ansässigen Juden nur dem Schutz der Stadt unterstanden. Während des Pestpogroms noch im selben Jahr wurde auch die Gemeinde in Kaufbeuren verfolgt oder ausgewiesen, die Quellen sind hierüber uneins. Bis zu Beginn des 15. Jahrhunderts scheinen sich keine Juden mehr in der Stadt aufgehalten zu haben. Erst 1405 taucht ein Lazarus aus "Burun" in einer Urkunde als Geldgeber auf.
Zwei Juden aus Kaufbeuren finden 1411 Aufnahme als Bürger in der Reichsstadt Ulm (heute Baden-Württemberg). Aus dem gleichen Jahr stammt der einzige topographische Hinweis für eine jüdische Ansiedelung in der Altstadt von Kaufbeuren, denn ein eigenes Badehaus wird urkundlich erwähnt, "genannt das Judenbad zu Kaufbeuren, gelegen zwischen der Ringmauer und der Überschlagen". Gemeint ist damit die obere Überschlagmühle, die am Mühlkanal des Märzenbaches am nordwestlichen Ende der Stadt lag, an der Straße nach Kempten. Dieses Badehaus hatte sich in den Jahren 1341 und 1399 noch in christlichen Besitz befunden. Im Müllergässchen wird daher auch das jüdische Siedlungsgebiet vermutet.
Erstaunlicherweise haben sich die Juden von Kaufbeuren im 16. und teilweise noch im 17. Jahrhundert gegen alle Widerstände behaupten können, ohne dabei größere Spuren zu hinterlassen. Eine teilweise Ausweisung jüdischer Geldhändler geschah im Jahr 1543. Beinahe ein Jahrhundert später, am 26. August 1636, wurden auf Anordnung des Magistrats alle jüdischen Familien endgültig aus Kaufbeuren ausgewiesen. Die meisten ließen sich dann im benachbarten Dorf Ebelsbach nieder und kamen als Handelsleute, Viehhändler und Geldwechsler nur tagsüber in die Stadt, wie es in größeren Metropolen wie Augsburg und Nürnberg bereits üblich war.
Im Volksmund hat sich für die Gamaringer-Steige der Name "Judenhalde" erhalten. Dieser Name kommt daher, dass dort am 12. Juli 1743 ein Jude von Straßenräubern ausgeraubt und erschlagen wurde. Bis ins 20. Jahrhundert bildete sich in Kaufbeuren keine neue Kultusgemeinde; die nur vereinzelt in der Stadt lebende Juden besuchten bei Bedarf wohl die Synagogen in Memmingen oder Kempten; der Ort lag im Einzugsbereich des Distriktsrabbinats Ichenhausen.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs richtete die US-Armee zusammen mit der UNRRA auch in Kaufbeuren einige Unterkünfte für jüdische Displaced Persons (DPs) ein. Hierfür beschlagnahmte sie Wohnraum im Stadtgebiet, vor allem von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern und anderen belasteten Personen. Die Verwaltung der relativ kleinen DP-Gemeinde, die bei ihrer Einrichtung im März 1947 aus insgesamt 66 Personen bestand, wurde im Bürgerhaus am Ringweg 23 eingerichtet. Im Mai und August war die Zahl der jüdischen DPs bereits auf 55 geschrumpft. Über weitere Einrichtungen (Vereine, Synagoge etc.) ist nichts bekannt, jedoch haben sich vermutlich auch keine bilden können: 1948 wurden die DPs, die noch nicht nach Israel ausgewandert waren, der DP-Gemeinde in Schwabmünchen zugeteilt.
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1910
Literatur
- Heins Veitshans: Die Judensiedlungen der schwäbischen Reichsstädte und württembergischen Landstädte im Mittelalter (Dissertation). Stuttgart 1970 (= Arbeiten zum Historischen Atlas von Süddeutschland 5), S. 39f.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 246.