Jüdisches Leben
in Bayern

Kairlindach Gemeinde

In Kairlindach sind jüdische Einwohner seit dem 17. Jahrhundert nachgewiesen. Einem Ersuchen der beiden "Crailsheimsche Schutzverwandten" Löw und Schimmel, sich in Kairlindach niederzulassen, wurde 1675 von der Hofkammer Bayreuth stattgegeben. Die beiden beabsichtigten den Ankauf eines nicht näher bezeichneten Grundstücks am Ortsrand. 1697 gab es in Kairlindach drei Häuser mit jüdischen Eigentümern, während 1705 sieben Haushalte jeweils sechs Gulden Schutzgeld an die Bayreuther Herrschaft zahlten.

1697 gab es in Kairlindach drei Häuser mit jüdischen Eigentümern, während 1705 sieben Haushalte jeweils sechs Gulden Schutzgeld an die Bayreuther Herrschaft zahlten. 1717 umfasste die jüdische Gemeinde 65 Personen (vierzehn Familien mit dreizehn Männern, dreizehn Frauen, zwei Witwen, siebzehn Söhne und achtzehn Töchter). Dazu zählten auch drei von der Gemeinde bezahlte Amtsleute, nämlich ein Vorsänger und Schächter sowie eine Vorsängerin. Die Aufgaben dieser beiden dürften identisch mit den 1776 genannten "Schulmeister mit seiner Frau" gewesen sein. Bereits 1766 hatte die Gemeinde im Haus Nr. 24 (heute Kairlindacher Str. 33) im ersten Stock zwei Kammern angekauft und eine Schule eingerichtet. Wahrscheinlich wurde ein Raum auch als Betsaal genutzt. Zumindest bis etwa 1830 gab es in der Gemeinde noch einen ortsansässigen Lehrer. Es dürfte sich um Samson Kohn, einen gebürtigen Baiersdorfer, gehandelt haben. Kohn wird in der Matrikelliste als "Schullehrer", aufgeführt, der schon mehrere Jahre Religionslehrer in Ermetshofen gewesen sei. Als "Brödling" kam die Gemeinde für den Unterhalt Kohns auf. Ab etwa 1840 wurde der Unterricht in der Schule zu Weisendorf erteilt. Die Gemeinde besaß keinen eigenen Friedhof, sondern bestattete die Toten auf dem Friedhof in Zeckern.

In der Matrikelaufstellung von 1824 sind für Kairlindach 16 Stellen aufgeführt. Die Männer der jüdischen Gemeinde waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Vieh-, Schnittwaren- und Hopfenhändler tätig. Die jüdische Gemeinde stellte in der ersten Jahrhundertwende mit bis zu 90 Seelen etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Ihre Zahl nahm aber durch Wegzug und Auswanderung deutlich ab, so dass 1900 nur noch neun jüdische Einwohner verzeichnet wurden. Die Gemeinde schloss sich Adelsdorf an, bereits 1880 wurde das Gebäude mit dem Betsaal und der jüdischen Schule an einen Christen verkauft. Im Jahr 1901 konstatierten die Behörden die endgültige "Auflösung der Israelitischen Gemeinde Kairlindach wegen Wegzugs sämtlicher Israeliten".


(Patrick Charell)

Bilder

Bevölkerung 1875

Literatur

  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken (gff digital, Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien, 4), Nürnberg 2017.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 173.
  • Klaus Guth: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800–1942), ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988 (= Landjudentum in Oberfranken. Geschichte und Volkskultur 1), S. 216-222.
  • K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36), S. 137.