Eine jüdische Gemeinde in Iphofen wird gegen Ende des 13. Jahrhunderts fassbar: Bei der Erhebung Iphofens zur Stadt 1293 ernannte Bischof Mangold von Würzburg den Juden Michelmann zum "procurator et dispensator", der so die Aufsicht über den Bauhof der Stadt hatte. Er wurde gleichzeitig von Steuern und Abgaben befreit, erhielt ein Niederlassungsrecht in Iphofen und die Garantie des freien Geleits bei einem Wegzug. Wahrscheinlich stieg in der Folge die Zahl der Familien in Iphofen an, die sich der Gemeinde in Würzburg anschlossen. 1298 wurden in der Rintfleisch-Verfolgung 25 Personen aus zehn Familien ermordet. Auch in der Armleder-Verfolgung 1336 und in den Pestpogromen 1349 kamen Juden aus Iphofen ums Leben.
Erst 1386 lebte wieder ein Jude nachweislich in Iphofen, der an den Kreditgeschäften des Würzburger Bischofs beteiligt war. Im 15. Jahrhundert ist von einer kleinen jüdischen Gemeinde auszugehen. Die Familienoberhäupter waren dem Würzburger Bischof steuerpflichtig. Die Gemeindemitglieder lebten in der "Judengasse", eventuell mit der heutigen Oberen Gasse identisch. Auch in der Pfarrgasse gab es jüdische Wohnhäuser. Im Jahr 1565 folgte eine neuerliche Vertreibung aus dem Gebiet des Hochstifts Würzburg. Aber bereits 1623 sind für Iphofen wieder fünf Schutzjuden mit ihren Familien zu finden. Trotzdem kam es zu keiner stabilen Entwicklung, denn 1683 wurde die jüdische Bevölkerung abermals ausgewiesen. Das Würzburger Domkapitels begründete seine Entscheidung damit, dass sich die Juden im Ort "eingenistet" hätten, sie bewohnten die besten Häuser und hätten das Gewerbe an sich gezogen. Eine Bittschrift der Iphofer Bürgerschaft, dass die Juden im Ort verbleiben sollten, blieb erfolglos: Das jüdische Leben erlosch endgültig.
Zur Rechtfertigung der grausamen Mordaktionen der Rintfleich-Verfolgung entstand in Iphofen sehr bald eine Legende über einen angeblichen Hostienfrevel. Im Hause eines Juden, der vor den Horden Rintfleischs geflohen war, "entdeckte" man drei Hostien. Die führte wie bereits in Deggendorf zum Bau der Kirche zum Heilig Blut und zur Entstehung einer profitablen Wallfahrt. Noch im 19. Jahrhundert wurden Blechschilder mit den Szenen der angeblichen Hostienschändung angebracht. Im 20. Jahrhundert nahm die Wallfahrt stark ab und ist heute auch aufgrund des Wissens um seine Entstehung vollends zum erliegen gekommen. Heute fehlen in den Kirchenführern die Hinweise auf die Juden, auch entfernte man alle Hinweise auf die Legende aus dem Kircheninneren. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Ursprünge der Legende steht noch aus.
Literatur
- Josef Endres: Hl. Blut in Iphofen. Mit einer Edition des Mirakelbuchs. Stegaurach 2007 (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte R. XIII Bd. 49),
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 77.
- Harald Schwillus: Hostienfrevellegende und Judenverfolgung in Iphofen. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Kirche zum hl. Blut im Gräbenviertel. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 58 (1996), S. 109-140.
- Germania Judaica. Bd. III: 1350-1519, Tb. 1, Tübingen 1987, S. 584f.
- Germania Judaica. Bd. II: Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, Tb. 1, Tübingen 1968, S. 377f.