Greußenheim kam erst 1819 zum Königreich Bayern. Nachdem bei der Matrikelerstellung von 1820 neun jüdische Familien genannt werden, ist davon auszugehen, dass bereits im 18. Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde in Greußenheim bestanden hat.
Der Erwerbszweig der Matrikelangehörigen von 1820 war in der Regel Vieh- und Warenhandel oder Spezereihandel. Es handelte sich dabei um die folgenden Haushaltsvorstände (Alter in Klammern): Joseph Linz (74), Isaac Horn (62), Marx Fröhlich (42), David Fröhlich (40), Löw Goldschmitt (40), Aaron Fröhlich (38), Löw Linz (31), Isaac Goldschmitt (33), Simon Fröhlich (36, ledig). Da auch 1840 noch von zehn Familien die Rede ist, scheint die kleine Gemeinde stabil gewesen zu sein. Auch 1869 ist noch von zehn nicht sehr bemittelten jüdischen Familien in Greußenheim die Rede. Trotzdem konnte diese kleine Gemeinde unter ihrem Vorsteher Emanuel Hirnheimer eine kleine Summe für notleidende jüdische Familien in Russland sammeln. Der 1898 verstorbene Emanuel Hirnheimer, 1869 Vorsteher, hatte in der Jeschiwa des orthodoxen Rabbiners Abraham Josef Wechsler (1796-1850) in Schwabach studiert.
Die Gemeinde besaß eine Synagoge, in diesem Gebäude befand sich auch eine Lehrerwohnung und das Schulzimmer. Der Lehrer war auch als Vorbeter und Schochet tätig.1892 und 1896 wird im statistischen Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebunds als Lehrer der Religionsschule ein Herr Fröhlich genannt, wahrscheinlich ein Nachfahre eines Matrikelangehörigen. 1903 zählte das Jahrbuch nur noch 25 Gemeindemitglieder ebenso wie 1905. Greußenheim hatte zu dieser Zeit 900 Einwohner. Als Vorsteher wurde David Fröhlich angegeben. Der Schulbetrieb war schon eingestellt. 1924 lebten nur noch elf Gemeindemitglieder in drei Haushalten im Ort. In diesen Jahren dürfte die Auflösung der Gemeinde erfolgt sein.
Nach den Angaben bei Alemannia Judaica hatten bis 1936 die jüdischen Einwohner den Ort verlassen. Unter den letzten waren Mayer Linz, Nathan Eppstein und Max Simon Fröhlich. Mehrere der früheren Greußenheimer Juden wurden von anderen Orten aus deportiert, darunter der Studienrat Dr. Benno Hirnheimer, der in Würzburg an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt unterrichtet hatte sowie Jette Eppstein geb. Hirnheimer, die zuletzt in Würzburg (Dürerstraße 20) lebte (Frau des Toraschreibers Nathan Eppstein, siehe Anzeige unten).
Von den in Greußenheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen: Jette Eppstein geb. Hirnheimer (1865), Ferdinand Fröhlich (1898), Rike (Ricka) Fröhlich (1872), Dr. Benjamin (Benno) Jakob Hirnheimer (1897, war Seminarlehrer in Höchberg), Gitt (Githa) Hirnheimer geb. Hirnheimer (1862), Jakob Beno Hirnheimer (1897), Sofie Katz geb. Hirnheimer (1898), Julius Linz (1872).
Bevölkerung 1910
Literatur
- Rösch, Barbara: Der Judenweg: jüdische Geschichte und Kulturgeschichte aus Sicht der Flurnamenforschung, Göttingen 2009
- Schwierz, Israel: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern, 2. Aufl. München 1992, S. 67