Jüdisches Leben
in Bayern

Büchenbach/Erlangen Gemeinde

Büchenbach gehörte bis 1803 zum Hochstift Bamberg und kam dann an das Königreich Preußen, ab 18010 zu Bayern. Die ersten Schutzjuden sind im 17. Jahrhundert nachgewiesen, ihre Zahl blieb jedoch auf maximal fünf Haushalte beschränkt. Ab 1770 zogen immer mehr Juden in das Dorf, daher wurde ihnen nach Konflikten mit der christlichen Bevölkerung die "Judenhut", ein eigenes Stück Gemeindewiese für ihren Viehstand zugewiesen. Büchenbach war vermutlich Teil der Gemeinde Bruck, als Begräbnisstätte diente der Friedhof in Zeckern, ab 1852 Baiersdorf. Gelegentlich nahmen sie auch die Dienste des Baiersdorfer Rabbiners in Anspruch und hielten Gottesdienste in Privaträumen ab oder besuchten die Synagoge in Bruck.

Anfang des 19. Jahrhunderts war der Betsaal in Büchenbach so beengt, dass 1804/05 einen Antrag zum Bau einer eigenen Synagoge gestellt wurde. Die preußische Regierung lehnte das Vorhaben ab, zumal man ohnehin hoffte, dass sich die jüdischen Familien möglichst bald auf Bruck und Baierdorf verteilen würden. Erst 1810 genehmigte der bayerische Staat das Projekt. Am 18. September 1812 kaufte die Gemeinde das Wohnhaus Nr. 27 (heute Forchheimer Straße 14) und nutze es als Gemeindehaus, Schulhaus und Lehrerwohnung, im Garten wurde bald darauf "mit polizeylicher Erlaubniß" die Synagoge als Haus Nr. 81 (heute Forchheimer Straße 16) erbaut. Eine Mikwe befand sich im Keller des Hauses von Jacob Büchenbacher. Ihre Instandhaltung erwies sich jedoch als so umständlich, dass sie bei der staatlichen Kontrolle im Jahr 1828 bereits seit längerem außer Betrieb war. Vermutlich auf Druck der Behörden errichteten die Kultusgemeinde 1831 auf dem Gartengrundstück des Schulhauses (heute Forchheimer Straße 14) ein kleines "Bad- und Duckhaus". Die Matrikellisten der 1820er Jahre weisen für Büchenbach 14 Matrikelstellen aus. Darunter war auch Pfeifer Joseph Morgenstern (geb. 1779) und Lazarus Joseph Morgenstern (geb. 1782). Wohlhabendere Gemeindemitglieder engagierten für ihre Kinder ab 1817 staatlich geprüfte Privatlehrer, weil der Unterricht in der örtlichen Volksschule zu wünschen übrigließ. 1828 richtete die jüdische Gemeinde dann eine eigene Religions- und Elementarschule ein. Die Qualität des Unterrichts zeigt sich auch darin, dass der Vorsteher der Kommune Büchenbach 1833 zwei christliche Kinder in die jüdische Schule schickte, "das sie etwas Lehrnen". Mit der Schule lebte die schrumpfende jüdische Gemeinde jedoch über ihre Verhältnisse und musste sie bereits 1840 auf den reinen Religionsunterricht reduzieren.

Zwar gehörte Büchenbach seit 1813 zum Distriktsrabbinat Baiersdorf, aber in der Hoffnung auf niedrigere Beiträge nahm man 1847 den Tod des Rabbiners Simon Dispecker zum Anlass und bat um einen Wechsel zu einem Oberfränkischen Rabbinat. Da dies jedoch die Existenz der Gemeinde Baiersdorf gefährdet hätte, lehnte die Regierung diesen Wechsel ab. Vermutlich 1854 musste die Schule schließen. Trotz eines ungebrochenen Lebenswillens war der Untergang der Gemeinde Büchenbach nur noch eine Frage der Zeit: 1872 verließ Jacob Erdmann mit seiner Familie als letzter den Ort und zog nach Baiersdorf. Das Gemeinde- und Schulhaus, die Mikwe sowie sämtliche jüdische Privathäuser wurden verkauft, nicht jedoch die Synagoge; sie ging 1892 in den Besitz der Kultusgemeinde Erlangen-Bruck über, die das ohnehin einsturzgefährdete Gemäuer versteigern ließ. 1893 wurde es abgerissen.

Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam durch Aus- und Abwanderung (insbesondere nach Erlangen) ein schnelles Ende der jüdischen Gemeinde: 1874 wurde sie aufgelöst. An den ersten jüdischen Landtagsabgeordneten und Fabrikanten David Morgenstern (1814-1882), Büchenbachs berühmtesten jüdischen Sohn, erinnert seit dem 23. November 1992 eine Straße im Neubaugebiet. Er war 1848 einer der beiden ersten jüdischen Abgeordneten im Bayerischen Landtag und engagierte sich für die Rechte der jüdischen Bürger in Bayern.


(Patrick Charell)

Bilder

Literatur

  • Barbara Eberhardt / Hans-Christof Haas: Erlangen. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg im Allgäu 2010, S. 190-224.
  • Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017 (Ggfs. digital: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 161.
  • Ilse Sponsel: David Morgenstern (1814-1882), der erste jüdische Landtagsabgeordnete in Bayern. In: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd.2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 18), S. 129-134.